Dragon Sin: Roman (German Edition)
ob mein Bruder überleben wird oder nicht.«
»Ich weiß es nicht. Er reagiert überhaupt nicht, atmet kaum und …«
»Und?«
»Sein Rückgrat ist gebrochen.« Ragnar schüttelte den Kopf. »Weder ich noch die Heiler wissen, was man tun kann. Vielleicht haben deine Mutter oder Morfyd …«
»Wissen sie denn überhaupt schon, was mit ihm los ist?«
»Nein. Wir sind abgeschnitten. Ich kann weder meinen Bruder noch Keita noch sonst jemanden kontaktieren.«
»Ich auch nicht.« Fearghus räusperte sich. »Wenn er überleben sollte … wird er wieder gehen können?«
»Ich habe keine Ahnung. Aber ich bezweifle, dass er je wieder fliegen wird.«
»Danke«, sagte Fearghus und ging aus der Kammer. Er bog um eine Ecke und versuchte seine Atmung unter Kontrolle zu bringen. Er durfte es nicht zulassen, dass seine Truppen – oder seine Verwandten – ihn so sahen.
»Fearghus?«
Er hob den Blick und sah seine Tante Ghleanna.
»Es ist sehr schlimm, nicht wahr?«, fragte sie.
»Es steht noch nichts fest. Wir halten es erst einmal geheim und sagen, dass er sich erholt.«
»Das ist schön und gut für die anderen, aber ich frage dich als deine Tante. Wie geht es meinem Briec wirklich?«
Er schüttelte den Kopf und bemühte sich, nicht die Kontrolle über sich zu verlieren. »Es sieht nicht gut aus. Ragnar und die Heiler … sie sagen, dass sie nichts mehr tun können.«
»Und was ist mit deiner Mutter?«
»Sie könnte seine Rettung sein, aber es ist nicht möglich, ihn hier herauszubekommen.«
»Wenn wir den Tunnel gegraben und den Angriff ausgeführt haben – den letzten Angriff wohlgemerkt –, dann bringen wir deinen Bruder zurück zum Berg Devenallt, damit deine Mutter ihn heilen kann.« Sie packte ihn am Arm. »Gib ihn nicht auf, Fearghus. Bitte.«
»Natürlich nicht.«
»Ich werde den Tunnelarbeitern Beine machen. Wir schaffen das.« Sie legte ihm die Klaue auf die Wange. »In unserem Clan geben wir niemanden auf, Junge. Vergiss das nicht.«
»Ja.«
Sie nickte, stapfte davon und befahl etlichen Rekruten, sich zum Tunnel zu begeben, während um sie herum die Höhlenwände unter dem andauernden Feuer der Eisendrachen erbebten, das ihnen den Weg nach draußen versperrte.
Aber Fearghus wusste, dass seine Tante recht hatte. Sie gaben niemanden jemals auf, und er würde sich daran halten.
23 Nach raschem und lustvollem Sex am Morgen badeten Vigholf und Rhona im Fluss, zogen sich an und ritten zu einer Zeit auf den Pass in den Westlichen Bergen zu, als die meisten Leute noch ihr Frühstück einnahmen.
Sie ritten schnell und kamen gut voran. In einigen Dörfern am Weg hielten sie an, damit Vigholf das tun konnte, worin er so gut war: Informationen von vollkommen Fremden sammeln. Rhona musste zugeben, dass es sie beeindruckte. Ihr fiel es schwer, mit Personen umzugehen, die sie nicht kannte. Und diejenigen, die sie kannte, musste sie manchmal bedrohen, um die Informationen zu erhalten, die sie haben wollte. Vigholf hingegen hatte das nicht nötig. Sie konnte es nicht erklären, er war einfach … besonders.
Aber auch Rhona war nicht vollkommen nutzlos, denn sie erspähte die Spuren der Königin, sobald sie sich im Karpos-Wald befanden, der die Westlichen Berge umgab. Allerdings war es nicht schwierig, Annwyls Spuren von denen der anderen zu unterscheiden, die in diesem Gebiet herumreisten. Diese Frau hatte ungeheuer große Füße für einen Menschen …
Sie ritten tief in den Wald hinein, und Rhona hielt Ausschau nach allen Anzeichen, die auf eine Richtungsänderung hinwiesen. Sie hielt gerade an und wollte sich eine Stelle neben einem Baum genauer ansehen, als Vigholf murmelte: »Rauch.«
»Was?«
»Rauch.« Er hob den Arm. »Dort drüben.«
Rhona sog die Luft ein. Ja, da war Rauch – und Feuer.
Sie wendete ihr Pferd und ritt in diese Richtung; Vigholf folgte ihr. Bald sahen sie die schwelenden Überreste eines kleinen Dorfes. Bevor sie ihm zu nahe kamen, stieg Rhona ab und ließ das Pferd zurück. Im Gegensatz zu Rhona und – in geringerem Maße – Vigholf waren die Pferde nicht immun gegen Flammen.
Als sie auf das Dorf zuging, hörte Rhona das Jammern und die Schreie derjenigen, die das Feuer in den Trümmern überlebt hatten. Rhona befürchtete, es könnte das Werk eines wütenden Drachen sein, und ging auf den ersten Menschen zu, der nicht vollkommen in seinem Schmerz versunken zu sein schien.
»Was ist hier passiert?«, fragte sie.
Der Mann sah sie an; seine Augen waren vom Rauch und von
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