Dragon Sin: Roman (German Edition)
seinen Tränen gerötet. »Soldaten. Aus den Provinzen.«
»Sie haben euer Dorf niedergebrannt? Warum?«
Bei seinen nächsten Worten blieb ihr Herz stehen. »Wegen der Frau.«
»Der Frau? Was für eine Frau?«
Der Mann blinzelte und seufzte. Er wirkte sehr erschöpft. »Die Reisende. Sie war mit zwei anderen Frauen unterwegs.«
»Sie hat gegen die Soldaten gekämpft?«, fragte Vigholf.
»Nein. Sie ist freiwillig mit ihnen gegangen. Allein. Ich weiß nicht, was aus den anderen beiden geworden ist. Sie waren nicht bei ihr.« Er schluckte und wischte sich über die Stirn. »Sie haben nicht gekämpft, bis die Soldaten angefangen haben, den Ort niederzubrennen. Da hat sie gekämpft und versucht, sie davon abzuhalten. Und dann haben sie die Frau geschlagen, und zwar heftig. Sie haben sie bewusstlos geschlagen.« Seine Stimme schwankte. »Und dann haben sie den ganzen Ort niedergebrannt. Meine Frau …« Er schüttelte den Kopf. »Ich vermute, ich sollte trotzdem dankbar sein.«
»Dankbar?«
»Den Gerüchten zufolge haben sie in den vergangenen Tagen schon ein paar Dörfer in Schutt und Asche gelegt, aber nicht ohne vorher die Frauen …« Er schüttelte den Kopf und ging davon.
»Wir müssen weiterreiten«, sagte Rhona.
Vigholf sah sich um. Wenn die Menschen hier nicht bereits in einem Zustand des Schocks gewesen wären, hätte sie der Ausdruck auf seinem Gesicht in reine Panik versetzt. »Aber diese Leute, Rhona …«
»Ich weiß. Wir können nichts für sie tun. Und Annwyl ist allein mit den Soldaten. Wir müssen aufbrechen.«
»Ja, du hast recht.« Vigholf machte noch einen Schritt und blieb dann stehen. »Sie haben nach ihr gesucht. Sie wussten, dass sie kommt.«
Rhona ging zurück zu den Pferden. »Wir sollten uns beeilen.«
Es war leicht, die Spur der Soldaten zu finden. Sie waren auf dem Rückweg in die Provinzen und bewegten sich mit großer Schnelligkeit. Rhona und Vigholf folgten ihnen bis spät in den Abend hinein, doch schließlich machten sie Rast für die Nacht.
Vigholf hockte neben Rhona auf einem Berg, von dem aus das Lager zu sehen war. Gemeinsam beobachteten sie, wie die Soldaten Annwyl aus einem Käfig zogen. Als sie sie traten und schlugen, musste Vigholf Rhona festhalten.
»Noch nicht«, sagte er zu ihr.
»Wir könnten uns verwandeln.«
»Glaubst du etwa, sie wissen nicht, wie sie uns bekämpfen können? Thracius wird seinen Menschensoldaten genug beigebracht haben, um uns Drachen im Kampf zu besiegen. Wir warten.«
Ein Soldat aus den Herrschaftsgebieten packte Annwyl an der Kehle. Seine elegante Rüstung und die Pferdehaare auf seinem Helm ließen vermuten, dass er der befehlshabende Offizier war. Mit etwa zwanzig seiner Soldaten ging er zum einzigen Zelt, das errichtet worden war, und zerrte die halb bewusstlose Annwyl hinter sich her. Die Männer folgten ihm unter großem Gelächter.
»Wollen wir jetzt zuschlagen?«, fragte Rhona.
»Ja.«
Sie eilten leise den Hang hinab und liefen gebückt durch das hohe Gras, das ihnen Schutz bot. Sie wollten zunächst in menschlicher Gestalt bleiben und sich nur dann verwandeln, wenn es nötig werden sollte.
Doch als sie auf dem Weg waren, ertönte plötzlich hinter ihnen der Ruf einer Krähe, und Rhona blieb sofort stehen.
»Was ist los?«, flüsterte Vigholf.
Rhona holte tief Luft und stieß einen ähnlichen Krähenschrei aus. Sofort kam eine Antwort. Rhona nickte, blieb in gebückter Haltung, rannte jedoch nach rechts und ein wenig den Hang hinauf, bis sie einen großen Baum fanden. Sie umrundeten ihn, und plötzlich nahm Rhona eine junge Drachin in den Arm, die dahinter wartete.
»Branwen.«
»Cousine Rhona?«, flüsterte Branwen. »Was bei allen Höllen machst du hier?«
»Wir sind gekommen, um dich und deine eigensinnige Königin zurückzuholen. Ist alles in Ordnung?«
»Ja, es geht mir gut. Uns geht es gut.«
»Hallo, Vigholf.«
Vigholf lächelte das Menschenmädchen an, das ihn angesprochen hatte. Sie war etwas reifer geworden, seit Vigholf sie zum letzten Mal gesehen hatte. Sie hatte sich zu einer richtigen Schönheit entwickelt – einer Schönheit allerdings, die aufgrund ihrer Größe den Kopf eines Gegners mit den bloßen Händen abreißen konnte. »Izzy. Wieder mal in Schwierigkeiten, wie ich sehe.«
»Nur ein bisschen.« Sie nickte und lächelte Rhona an. »Hallo, Rhona.«
»Iseabail«, sagte Rhona kühl und wandte sich von ihr ab. »Ihr beiden bleibt hier. Wir kümmern uns um …«
»Wir haben unsere Befehle«,
Weitere Kostenlose Bücher