Dragon Touch
betrifft.« Während ihre
Hände sittsam ineinander verschränkt blieben, wanderte ihr Blick durch den
Raum. »Und dies ist nicht dein Zimmer, sondern das von Lady Dagmar.«
Er tat es Fannie nach und sah sich um. »Das ist wohl
richtig.« Dann sah er wieder zu der Dienerin hin. »Und warum wirft sie mich
hinaus?«
»Ihr wäre es lieber, wenn Stillschweigen über eure Beziehung
herrschen würde, und da der Großteil deiner Familie unten beim Frühstück ist,
hält sie es für das Beste, wenn du in dein Zimmer zurückkehrst.«
Das war etwas Neues. Die meisten Frauen flehten ihn an zu
bleiben, doch Dagmar Reinholdt schmiss ihn raus. Noch schlimmer: Sie ließ es
ihre Dienerin tun. Er hätte beleidigt sein sollen, aber ihm wurde bewusst, dass
er eher enttäuscht war.
»Also hat sie mich benutzt und wirft mich jetzt weg?« Er
zeigte Fannie seinen schönsten Schmollmund.
»Offenbar. Wobei ich sagen muss: Ich bewundere sie dafür.«
Er legte eine Hand aufs Herz. »Fannie … meine Liebe. Du
kränkst mich. Bin ich dir denn gar nichts wert? Nach allem, was wir gemeinsam
durchgemacht haben?«
»Lord Gwenvael, ich sorge mich um dich, als wärst du einer
meiner Söhne. Aber meine Söhne schicke ich auch mit achtzehn in die Welt hinaus
und befehle ihnen, nicht zurückzukommen, bevor sie eine Frau, ein Kind und Geld
in den Taschen haben.«
»Geld habe ich …«
Ihr Grinsen wurde zu einem Lächeln. Fannie hatte immer
etwas für ihn übriggehabt, auch wenn sie ihn offen hänselte. Natürlich hatte
sie ihm auch gleich in seiner ersten Nacht auf Garbhán deutlich gemacht, dass
er respektvollen Abstand zu ihr und allen Dienstmädchen unter ihrer Aufsicht zu
halten hatte.
»Ich glaube, du brauchst zu lang, Mylord, um dein träges
Hinterteil von Myladys Bett zu erheben.«
»Na schön. Ich gehe.« Er stand auf, eines der Felle um die
Hüften gewickelt, um Fannie zuliebe den Anstand zu wahren. »Aber sag ihr, ich
komme wieder, und dieses Mal hat sie meine Befehle zu befolgen.«
»Irgendwie bezweifle ich, dass Lady Dagmar irgendwelche
Befehle außer ihren eigenen befolgt, Mylord.«
»Sehr gutes Argument. Aber«, fügte er hinzu, kniff Fannie
in die Hüfte und freute sich, wie sie zusammenzuckte und nach seiner Hand
schlug, »das ist ja gerade die Herausforderung.«
Es war an diesem Morgen schwer gewesen, dieses überaus
warme Bett zu verlassen, aber Fannie hatte ihr das Aufwachen mit einer Tasse
heißem Tee erleichtert, und sie wussten beide, dass sie nicht in der Stimmung
für hinterhältige Blicke und brüderliche Rippenstöße war. Die Dienerin richtete
ihr in einem anderen Raum ein Bad her und reichte ihr ein neues graues Kleid.
Dieses war einfach und bequem, man konnte sich gut darin bewegen.
Wenn Dagmar geglaubt hätte, dass sie Fannie von Annwyl
abwerben könnte – sie hätte es augenblicklich getan.
Mit ihrer Teetasse ging Dagmar langsam durch den
Rittersaal und sah sich um. Die vielen Tische vom Vorabend waren durch eine
lange Tafel ersetzt worden, die die Mitte des Raumes einnahm. Talaith saß an
einer Seite, die Füße hochgelegt und ein Buch im Schoß, das ihre volle
Aufmerksamkeit beanspruchte. Sie hatte den Haferbrei verschmäht, ohne ihn eines
Blickes zu würdigen, und mümmelte nun geistesabwesend trockenen Toast; frisches
Wasser war ihr Morgengetränk. Talaiths Tochter hatte ihr Essen schon auf
dieselbe Art wie Dagmars Vater in sich hineingeschaufelt und war dann hinausgerannt,
um ihre Vettern zu treffen. Ihre Mutter schrie ihr hinterher: »Und es wird
nicht geflogen!«, doch Dagmar bezweifelte ernsthaft, dass das Mädchen dieser
Anordnung folgen würde.
Annwyl war heruntergekommen, aber sie war direkt weiter
zur Tür und hinausgegangen. Das Gehen fiel ihr nicht leicht, aber sie hatte es
irgendwann nach draußen geschafft. Sie sagte zu niemand ein Wort und sah noch
schlimmer aus als am Vorabend. Dennoch schien selbst in ihrem Zustand jeder
einen Sicherheitsabstand zu ihr einzuhalten.
Der Großteil von Gwenvaels proletarischer Familie lagerte
am See, wo Dagmar sie zum ersten Mal gesehen hatte, und genoss offenbar das
Frühstück dort. Die Diener brachen immer früh mit frischem Brot und Haferbrei
dorthin auf.
Gwenvaels Brüder und Morfyd hatten die Halle größtenteils
für sich, und sie konzentrierten sich auf Verteidigungsmaßnahmen. Sie hatten
offene Karten vor sich liegen und diskutierten die Arten, wie der Kult sich
Zutritt nach Garbhán verschaffen konnte. Sie achteten nicht auf Dagmar,
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