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Dragon Touch

Dragon Touch

Titel: Dragon Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. A. Aiken
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richtig saß, bevor sie die Augengläser,
die auf ihrer Nase balancierten, zurechtrückte.
    Ein Drache. Ein echter Drache hier, vor der Festung ihres
Vaters, und sie würde ihn gleich kennenlernen. Noch nicht einmal ein
Nordländer, sondern ein Drache aus den Südländern. Ein Wissenschaftler, ein
Lehrer, ein Intellektueller.
    Die Vernunft möge ihr helfen, aber Dagmar merkte, dass sie
so aufgeregt deswegen war, dass ihr fast … wagte sie, es auszusprechen …
schwindlig war?
    Sie fragte sich, wie alt der Drache wohl war. Er konnte
sechs- oder siebenhundert Jahre alt sein! Denn natürlich würde die mächtigste
Königin der Dunklen Ebenen nur den fachkundigsten ihrer Gelehrten schicken, den
erfahrensten Gesandten, um sie in den Hallen Des Reinholdts zu vertreten.
    Dagmar zuckte zusammen, als sie ihren Vater den Drachen
ansprechen hörte.
    »Ich bin Sigmar«, erklärte er dem Drachen, und Dagmar
konnte sich kaum zurückhalten, eine angemessenere und würdigere Begrüßung über
das Tor zu schreien.
    »Du hast nach mir gefragt, Reinholdt?«
    Was für eine Stimme! Tief und satt, und allein das Timbre
ließ ein wenig die Fenster klirren, denn er schrie nicht. Er klang ruhig und
ziemlich … seriös.
    »Nein. Ich habe nach eurer Annwyl gefragt«, schnauzte ihr
Vater geradezu zurück.
    Dagmar begann, mit der Faust gegen ihren Oberschenkel zu
klopfen.
    »Tja«, antwortete der Drache ruhig, »sie ist im Moment
indisponiert, deshalb hat sie mich als ihren Gesandten geschickt.«
    »Ein Drachengesandter für einen Menschen?«
    Dagmar knirschte frustriert mit den Zähnen. Was hatte der
alte Mistkerl bloß vor? Warum stellte er unhöfliche Fragen? Fragen, die man
über einem Essen stellen und beantworten konnte, wenn der Drache entspannter
war. Sie wusste mit Sicherheit, dass einer der Hirten der Umgebung Kühe auf den
östlichen Feldern grasen ließ – genug, um einen Drachen satt zu bekommen, da
war sie sich sicher.
    Mal ehrlich, war das die Vorstellung ihres Vaters von
Diplomatie? Kein Wunder, dass sie so hart darum kämpfen musste, einen Krieg
zwischen den Reinholdts und den benachbarten Lehen zu verhindern. Weil ihre
Familie aus Idioten bestand!
    »Noch einmal, Reinholdt, du wolltest mich oder jemanden
aus den Dunklen Ebenen sprechen?«, drängte der Drache. Es war offensichtlich,
dass seine Geduld zur Neige ging. Na ja, offensichtlich für jeden, der etwas Verstand
besaß.
    »Nay. Nicht ich, Drache. Die Bestie hat darum gebeten.«
    Die Bestie? Ihr Vater sprach von ihr als Die Bestie?
    Hätte sie geglaubt, damit durchkommen zu können, wenn sie
    sie alle umbrachte und das Land, auf dem sie standen, dem Erdboden gleichmachte –, sie hätte es ohne zu zögern getan.
    »Und könnte ich Die Bestie dann vielleicht sprechen?«,
erwiderte der Drache.
    Dagmar trat vor, aber Valdís hielt sie hinten am Kleid
fest.
    »Weg!«, befahl sie.
    »Du wartest!«, knurrte er.
    »Bist du dir da sicher, Drache?«, fragte ihr Vater, und
jetzt wusste sie, dass er mit der Kreatur spielte. Und er hatte die Stirn, sich
zu fragen, woher sie ihre negative Einstellung hatte!
    »Ja«, grollte der Drache. »Bin ich.«
    Ihr Vater musste ein Zeichen gegeben haben, denn ihr
Bruder ließ ihr Kleid los, und die Soldaten, die die Vorderseite der Festung
schützten, gingen aus dem Weg. Dagmar ging hinaus, überquerte den Hof und trat
durch das Tor. Die Wachen ihres Vaters bildeten zwei Reihen, um sie passieren
zu lassen. Dagmar schritt zu dem herrlichen Geschöpf hinüber. Es glitzerte
golden im trüben Licht der zwei Sonnen, jede einzelne Schuppe glänzte und
schimmerte. Der Drache war selbst fast wie eine Sonne, er brachte ein klein
wenig Licht in ihre Welt. Seine Schwingen streckten sich weit von seinem Körper
weg. Die Flügel waren ebenfalls mit Schuppen bedeckt, aber sie wirkten
irgendwie schwerelos und zart, wie das erlesenste Metall, das je geschaffen
worden war. Jede Flügelspitze besaß eine scharfe, goldene Kralle, genau wie die
Klauen. Zwei leuchtend weiße Hörner saßen auf seinem Kopf, und langes, glänzend
goldenes Haar fiel ihm über Rücken und Körper und schleifte sanft über den
Boden. Seine schönen goldenen Augen richteten sich auf sie, sobald sie näher
trat.
    Sie hatte eine Begrüßung für ihn vorbereitet. Die Worte –
eine angemessene Begrüßung für so einen wichtigen Diplomaten – lagen ihr auf der Zunge, aber sie
brachte keinen Ton heraus. Nicht jetzt, wo sie ihn sah.
    In den dreißig Jahren ihres Lebens war ihr nie etwas

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