Dragon Touch
so
Schönes begegnet.
Als Dagmar fürchtete, sie könne sich mit ihrem Schweigen
lächerlich machen, fand sie endlich ihre Stimme wieder und machte den Mund auf,
um zu sprechen. Aber die Worte blieben ihr wieder im Hals stecken.
Nur diesmal blieben sie stecken, weil er lachte! Über sie!
Und es war auch nicht nur ein Lachen. Kein gedämpfter Laut
hinter seiner Klaue. Auch kein ungläubiges Schnauben. Das erlebte sie täglich
und war einigermaßen daran gewöhnt. Nein. Dieses übergroße … Kind rollte auf dem
Boden herum, als hätte es nie etwas Amüsanteres gesehen als sie. Die riesigen
Drachenbeine und -arme schlugen wild um sich, während sein schallendes Lachen
im Hof und der ganzen Umgebung widerhallte.
Eine schuppige Echse lachte sie aus! Die Einzige Tochter
Des Reinholdts! Und das auch noch auf Reinholdt-Gebiet!
Alle Ehrfurcht und Bewunderung, die Dagmar empfunden
hatte, war im selben Augenblick weggewischt, und sie spürte diese gewisse
Kälte, die sie so gut vor Außenstehenden verbarg. Sie floss durch sie hindurch
wie eine Lawine. Die Männer hinter ihr begannen untereinander zu murmeln, Füße
scharrten und ihr Vater räusperte sich. Ein paar Mal. Es war nicht der Drache,
der ihnen Unbehagen verursachte. Jedenfalls nicht direkt.
Dagmar wartete, bis sein Lachen zu einem Kichern abgeebbt
war. »Bist du fertig?«, fragte sie mit ruhiger Stimme.
»Tut mir leid, äh … Bestie.« Schon wieder prustete er vor
Lachen.
»Dagmar genügt. Dagmar Reinholdt. Dreizehntes Kind von Dem
Reinholdt und seine Einzige Tochter. Ich habe deine Königin hergebeten«, fuhr
sie fort, »weil ich etwas erfahren habe, das ihr und ihren ungeborenen Welpen
vielleicht das Leben retten wird.«
Der belustigte Gesichtsausdruck des Drachen verwandelte
sich augenblicklich in einen finsteren Blick. Anscheinend schätzte er den
Ausdruck, den sie benutzt hatte, nicht sehr, aber das war ihr egal. All ihre Träume
davon, ein Bündnis mit der Blutkönigin einzugehen, waren verschwunden, sobald
diese Frau diesen Idioten als ihren Vertreter hergeschickt hatte. Nein, Dagmar würde andere Verbündete
für ihren Vater finden müssen. Die Blutkönigin der Dunklen Ebenen genügte ganz
einfach nicht.
»Sag es mir ,
süße Dagmar«, höhnte der Drache, drehte sich zurück auf den Bauch und hob den
Kopf ein wenig. »Und ich werde es ihr sagen.«
Dagmar schwieg sehr lange, dann antwortete sie schlicht:
»Nein.«
Der Drache blinzelte überrascht und schob sich abrupt ein
bisschen hoch, sodass seine Schnauze nur noch Zentimeter von ihrer Nase
entfernt war. Die goldenen Augen waren fest auf ihre gerichtet, und sie fragte
sich, wie sie sie je hatte hübsch finden können. Sie waren so hässlich wie der
Rest des Drachen. Hässlich und höhnisch und absolut nutzlos.
»Was meinst du mit Nein?«, wollte er wissen.
»Ich meine, du hast mich beleidigt. Du hast meine Sippe
beleidigt. Und du hast Den Reinholdt beleidigt. Also kannst du zu deiner
Schlampe von Königin zurückkehren und zusehen, wie sie stirbt.«
Überzeugt, ihren Standpunkt dargelegt zu haben, drehte
sich Dagmar Reinholdt auf dem Absatz um und ging. Ein paar Schritte weiter
hielt sie allerdings inne und warf einen Blick über die Schulter zurück.
»Das, Drache«, höhnte sie, indem sie seinen Tonfall
nachahmte, » das ist witzig.«
Ohne ein weiteres Wort kehrte sie in die mächtige Festung
ihres Vaters zurück. Doch bevor sie in ihrem Schutz verschwand, hörte sie ihren
Vater fragen: »Du bist ein ziemlich dämlicher Bastard, was, Drache?«
In Momenten wie diesem wusste sie die Grobheit ihres
Vaters ehrlich zu schätzen.
Eine Frau! Die Bestie war eine Frau! Warum hatte ihm das
keiner gesagt? Warum taten alle so, als wäre sie ein Mann? Hätte Gwenvael das
gewusst, dann wäre er die ganze Sache völlig anders angegangen.
Aber er hatte es nicht gewusst, und seine erste Reaktion
bei ihrem Anblick … nun ja, es war nicht gerade einer seiner brillantesten
Momente gewesen. Selbst er musste das zugeben. Dennoch: Warum war es seine
Schuld, wenn alle ihm ständig sagten, dass Die Bestie eine Art mächtiger
Riesenkrieger war, der direkt aus einer der vielen Gruben der Hölle zu kommen
schien?
Während er ruhelos in der verlassenen Höhle auf und ab
ging, die er hoch in den Bergen des Leids entdeckt hatte – ein recht passender
Name im Moment –, zerbrach sich Gwenvael den Kopf darüber, wie er die Lage
wieder in Ordnung bringen konnte.
Sein erster Gedanke war natürlich, die Frau zu
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