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Dragon Touch

Dragon Touch

Titel: Dragon Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. A. Aiken
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den Armen. Er stand im Flur, tolldreist, direkt
vor den Wächtern, die eigentlich die Babys und ihre Ammen beschützen sollten.
Doch die Wächter rührten sich nicht. Sie schienen seine Anwesenheit nicht
einmal zu bemerken.
    Dann verstand sie. Sie sahen ihn nicht, Talaith sah ihn
nicht – niemand sah ihn. Niemand außer Dagmar.
    Darüber hatte sich Aoibhell in den Briefen, die Ragnar ihr
gegeben hatte, oft beschwert. Sie wechselte viele Briefe mit einem Freund, in
denen sie hauptsächlich über ihre Überzeugungen schrieb – oder über ihren
Mangel daran. Ein paar Mal hatte das, was sie schrieb, für Dagmar nicht viel Sinn
ergeben. Bis jetzt.
    »Am Anfang waren sie immer so überrascht, wenn ich sie
sehen konnte, Anne. Inzwischen kommen sie zum Plaudern vorbei. Zum Tee.
Anscheinend werde ich sie nicht wieder los. Das scheint nur denen zu passieren,
die wirklich keine Götter verehren. Nicht denen, die ihre Familie ärgern wollen
oder die sich betrogen fühlen, wenn jemand stirbt, der ihnen nahesteht. Sondern
denen, die ehrlich wissen, dass die Götter nicht besser sind als irgendjemand
sonst.«
    Dagmar musterte das männliche Wesen, das Annwyls Babys in
den Armen hielt. Sein Mund verzog sich ein wenig, als er versuchte, eine
Entscheidung zu treffen, und mit einem kleinen Achselzucken setzte er sich in
Bewegung – auf Annwlys Zimmer zu.
    Dagmar folgte ihm, und die Wachen bemerkten sie sofort.
Sie wartete einen Augenblick, holte Luft und betrat das Sterbezimmer der
Königin.
    Er stand neben dem Bett und sah auf Annwyl hinab.
    »Wolltest ihnen wohl die Gelegenheit geben, sich zu
verabschieden?«, fragte Dagmar kühl.
    Überrascht blickte er auf und lächelte. »Unglaublich. Dass
du mich sehen kannst, meine ich.« Als sie nichts dazu sagte, schien er das
Interesse zu verlieren.
    »Es erschien mir nur fair, sie zu ihrer Mutter zu bringen.
Meinst du nicht?« Er legte die Babys auf Brust und Bauch ihrer Mutter. Sein
Lächeln war nachsichtig, wie bei einem Vater, dessen Kinder einen Hund lieb
gewonnen haben, aber nicht behalten dürfen. »Sagt auf Wiedersehen«, sagte er
neckend zu ihnen. »Könnt ihr schon auf Wiedersehen sagen?«
    Dagmars Augen wurden schmal, ihre Oberlippe kräuselte
sich, und ihre Hände ballten sich zu Fäusten.
    Gott oder nicht, sie würde diesen Mistkerl nicht so leicht
davonkommen lassen.
    Briec, gründlich angewidert von seiner Sippe, verdrehte
die Augen. Die Gefährtin seines Bruders lag sterbend in einem der Räume über
ihnen, und alles, was diese Idioten konnten, war darüber zu streiten, wie man
Minotauren am besten jagte und vernichtete.
    Seiner Meinung nach Energieverschwendung. Aber typisch für
die Art, wie der Cadwaladr-Clan mit so etwas umging.
    Sie konnten Annwyl nicht helfen, obwohl die Familie seines
Vaters sehr gerne »half«. Also taten sie, was sie am besten konnten: töten und
zerstören. Doch das konnten sie nicht, wenn es stimmte, was die winzige
Barbarin ihnen gesagt hatte – dass die Minotaurenspuren zwar an einem Ort sein
mochten, das aber nur bedeutete, dass die Minotauren selbst sicherlich an einem
anderen Ort waren. Also standen sie über Karten gebeugt, stritten,
argumentierten und redeten sich die Köpfe heiß. Alles, während Fearghus auf
einem Stuhl saß und auf den Tisch mit den Karten starrte. Briec wusste, dass
sein Bruder nichts von dem sah, was vor ihm lag. Dass er nichts fühlte als den
Verlust seiner Gefährtin.
    Jede Nacht musste Briec zu später Stunde die erschöpfte
Talaith aufspüren und sie von ihren Büchern loseisen, damit sie zumindest ein
paar Stunden Schlaf bekam. Allerdings schlief sie nicht. Sie weinte hauptsächlich.
Es war herzlos und grausam, das wusste er, aber es war besser für sie alle,
wenn ihre Mutter – die schweigend auf der anderen Seite des Raumes saß und
Fearghus ansah – Annwyl einfach gehen ließ. Sie gehen ließ, damit sie ihre
Asche in den Wind streuen konnten und sich dann daranmachen, ihre Kinder
großzuziehen, wie sie es sich gewünscht hätte.
    Briec wollte natürlich nicht, dass sie starb. So groß war seine
Abneigung gegen sie nie gewesen. Aber sie nur aus dem einzigen Grund
hierzubehalten, um Fearghus einen noch atmenden Leichnam zu geben, den er Tag
und Nacht anstarren konnte, schien ihm auch keine viel bessere Idee zu sein.
    Wenn er daran dachte, selbst so etwas durchmachen zu
müssen – seine Talaith auf diese Art zu verlieren –, spürte er den Schmerz
natürlich auch als etwas Körperliches. Nie zuvor hatte er

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