Dragon Touch
ihnen nicht die Schuld geben,
aber er tut es.«
»Das müsste er nicht, wenn du ihm seine Gefährtin
zurückgeben würdest. Nur sie kann diese Kinder beschützen.«
»Das dachte ich mir.« Er sah scheinbar mitleidig auf sie
hinab, doch er war nicht annähernd so traurig, wie er vorgab.
»Sie werden dir niemals vergeben«, versprach sie.
»Sie müssen es nicht wissen.«
»Aaah. Verstehe. Wenn man sie von ihrer Familie wegholt,
werden sie nie die Geschichte hören, wie du ihre Mutter getötet hast.«
»Ich habe sie nicht getötet.«
»Doch, das hast du. Das ist dir zuzuschreiben, Mylord. Dir
und nur dir allein.«
»Tja, jetzt ist es zu spät.« Er schickte sie mit einer
Handgeste fort; langsam war er frustriert. »Heute Abend wird sie ihre Vorfahren
treffen. Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest …«
Dagmars Gedanken rasten bei dem Versuch einen Ausweg zu
finden. Einen Weg, zuerst den Babys zu helfen und dann, wenn sie Glück hatte,
Annwyl. Aber aus irgendeinem Grund konnte sie nur an Wollsocken denken. Was bei
aller Vernunft hatten Wollsocken mit alledem zu tun?
Das Paar, das sie mitgebracht hatte, besaß sie nicht
einmal mehr. Sie hatte es verschenkt an …
Dagmar stützte sich mit der Hand auf die Sockelleiste des
Bettes, um sich zu beruhigen. Sie hatte hier nur eine Chance; die würde sie
nutzen müssen.
»Und was ist mit deiner Gefährtin, Rhydderch Hael?«
Er starrte sie an. »Was soll mit ihr sein?«
»Ragnar hat mir Geschichten von den Drachengöttern
erzählt.«
Er lachte. »Du meinst, als du dachtest, er sei ein Mönch?«
Als sie nicht mitlachte, seufzte er gelangweilt auf. »Also, was ist mit meiner
Gefährtin? Und können wir das bitte zügig hinter uns bringen?«
»Ich habe eine Theorie.«
»Das klingt nicht nach zügig.«
»Nach allem, was ich gelesen oder von Ragnar und von
anderen, die mit ihm gereist sind, erzählt bekommen habe, ist Eirianwen, deine
Gefährtin und die gefürchtetste Göttin des Krieges, eine Drachin.«
»Mir wird langweilig«, sagte er plötzlich.
»Das glaube ich. Aber lass mich einfach ausreden. Ich habe
einen sehr alten Text gefunden, den ein Mönch schrieb, der als komplett irre
galt …«
»Das ist immer eine gute Quelle.«
»… und er schrieb über die Legende der zwei Göttinnen. Die
eine: Arzhela. Eine Göttin der Schönheit, des Lichts und der Fruchtbarkeit.
Geliebt von allen Menschengöttern. Verehrt als eine der beliebtesten Gottheiten.
Und dann gab es da noch ihre jüngere Schwester . Eirianwen. Eine dunkle
Göttin. Das Gegenteil in ihrer Bestimmung und sogar im Aussehen. Sie bevorzugte
die Wüstengötter. Braune Haut, Haare und Augen. Und« – jetzt zog sie eine
traurige Schnute – »so sehr zu Unrecht gefürchtet. Selbst von ihren eigenen
Geschwistern. Denn sie sah überhaupt nicht aus wie sie, und sie hatte einen
kaum übertroffenen Blutdurst. Es lag nahe, dass sie eine Kriegsgöttin werden
würde. Aaah.« Sie wackelte mit dem Zeigefinger. »Aber nur wenige
Menschenkrieger wollten sie verehren. Die Jünger Arzhelas erzählten nur schreckliche
Dinge über die arme Eirianwen und verschafften ihr im ganzen Land einen
furchtbaren Ruf. Traurig wanderte Eirianwen davon und wurde zur reisenden
Kriegsgöttin. Bis sie schließlich bei den Drachengöttern landete. Leider war
sie menschlich, und jene mochten keine Menschengötter.«
Sie spürte, wie ihre Zuversicht zurückkehrte und rückte
näher an ihn heran. »Und gerade als Eirianwen aufgeben und wieder einmal
davonwandern wollte, tragisch abgewiesen von allen, traf sie den Vater aller
Drachen. Oh, und er fand ziemlich viel Gefallen an ihr, und damit er und sie …
na ja … du weißt schon: Darum wurde er menschlich. Eine Fähigkeit, die er nur
besaß, weil er ein Gott war. Keine seiner eigenen Schöpfungen konnte sich
verwandeln, was nie ein Problem gewesen war, bis die Menschen begannen, sich
dagegen zu wehren, Mahlzeiten zu sein.
Dann erfuhr Arzhela von dir und Eirianwen, nicht wahr? Und
sie war gar nicht erfreut darüber, vor allem, weil sie selbst immer noch keinen
Gefährten hatte. Wie konnte ihre Furcht einflößende, muskelbepackte, blutgetränkte,
mörderische kleine Schwester einen Gefährten haben und sie nicht? Noch
schlimmer: Er war keiner der Menschengötter, sondern eines von diesen
schuppigen Reptilien.«
Als ihr das eine angehobene Augenbraue einbrachte, hob sie
die Hände. »Ich zitiere nur den Text, den ich gelesen habe, Mylord.«
»Natürlich.«
»Also gab es
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