Dragon Touch
Drachenkönigin.«
Ragnar trat näher, seine Erregung war offensichtlich. »Die
Drachenhexe? Morfyd?«
»Nein. Die andere.«
Sein Bruder machte ein langes Gesicht. »Die Schlampe?«
Vigholf schubste ihn gegen die Schulter. »Sei nicht
gemein, Ragnar! Wir leben nicht alle wie Mönche!«
»Es macht mich nicht gleich zu einem Mönch, wenn ich mir
meine Bettgefährtinnen ein bisschen sorgfältiger aussuche. Wie hat er sie
überhaupt in die Klauen bekommen?«
»Sie war anscheinend auf der falschen Seite der Außenebenen.«
»Wie dumm von ihr. Und wieder bricht er den Waffenstillstand,
indem er eine von ihren Frauen entführt.« Ragnar begann, auf und ab zu gehen.
Was er immer tat, wenn er angestrengt über etwas nachdachte. »Also kehren sie
alle für Die Ehre zurück.«
»Natürlich. Eine frische, junge Drachin, um die man
kämpfen kann, bis nur noch ein Drache überlebt? Wer aus unserer Familie würde
sich das entgehen lassen?«
»Wann ist es?«
»Ich weiß nicht. Dad hat noch kein genaues Datum genannt,
was ihm gar nicht ähnlich sieht. Er hat es doch normalerweise am liebsten, wenn
die Kampfpaare so schnell wie möglich aufgestellt werden und er sie vom Hals
hat. Ich weiß nicht genau, worauf er wartet.«
»Ich weiß es. Er will, dass sie ihre Sippe ruft. Damit sie
herfliegen, um ihr zu helfen, und dann bekommt er seinen Krieg.«
»Und jeder Warlord wird sich auf seine Seite stellen, wenn
er glaubt, die Königin hätte zuerst angegriffen. Aber ich glaube nicht, dass
die kleine Rote jemanden gerufen hat. Der Goldene, ihr Bruder – wenn er etwas
von seiner Schwester wusste, dann hat er es zumindest nicht gezeigt.«
»Er wusste es nicht. Genauso wenig wie Dagmar, sonst hätte
sie es mir gesagt.«
»Selbst, nachdem sie herausgefunden hat, dass du sie all
die Jahre belogen hast?«
»Sie erreicht mehr, wenn sie mir Informationen weitergibt,
als wenn sie sie zurückhält. Ich bin nicht stolz darauf, was ich getan habe,
Bruder, also sprich mich nicht noch mal darauf an.«
Vigholf hatte keine Ahnung, warum sein Bruder sich damit
so belastete, aber Ragnar war kein einfach zu verstehender Drache.
Ragnar blieb stehen. »Die Südlanddrachen sind nicht
gekommen, weil sie sie nicht gerufen hat. Sie wird versuchen, sich allein zu
befreien.«
»Warum zum Teufel sollte sie das tun?«
Ragnar wandte sich ihm mit einem strahlenden Lächeln zu.
»Das ist das Gute an einer Mutter-Tochter-Beziehung, mein lieber Bruder.«
»Was soll das heißen?«
»Das heißt, dass sie Himmel, Erde und alle möglichen
Höllen in Bewegung setzen wird, um da herauszukommen, ohne dass ihre Mutter
davon erfährt.«
Vigholf schüttelte den Kopf. »Du wirst das ausnutzen,
oder?«
Ragnar legte den Arm um seinen jüngeren Bruder und umarmte
ihn ruppig. »Was für ein durchtriebener, intriganter Mistkerl wäre ich, wenn
ich das nicht täte?«
Gwenvael schlief mit kurzen Unterbrechungen den Rest des
Tages und bis weit in die Nacht hinein. Der Duft von frischem Essen weckte ihn,
und nach einer weiteren Mahlzeit und einem köstlichen Gebräu aus Wein, der mit
heilenden Kräutern vermischt war, konnte er aufstehen und im Haus seiner Tante
herumwandern. Es sah ihm nach einem großen Rückschritt für eine Prinzessin aus,
die gehofft hatte, nach dem Tod ihrer Mutter deren Thron zu erben – und nach
dem Tod aller anderen Geschwister, die ihr im Weg standen –, aber Esyld schien
recht zufrieden zu sein.
Sie plauderten eine Weile, und Gwenvael brachte sie auf
den neuesten Stand des Familientratsches, ließ aber jegliche Politik dabei aus.
Während sie – immer noch lachend – getrocknete Kräuter zu Sträußen zusammenband,
ging er hinaus, um nachzusehen, wohin Dagmar gegangen war.
Er fand sie hinter Esylds Haus, wo sie auf einem umgestürzten
Baumstamm saß und auf einen kleinen Bachlauf starrte. Mit einer Flasche Wein
und frischem Obst ging er zu ihr hinüber.
»Siehst du?«, neckte er sie. »Ich habe bemerkt, dass du
gegangen bist.«
Sie fuhr beim Klang seiner Stimme zusammen und hielt den
Kopf gesenkt. »Ich habe dich nicht kommen gehört.«
»Das geht den meisten so.« Er trat vor sie und musterte
sie aufmerksam. Ihre Augengläser hatte sie sich in die Haare geschoben, und sie
grub nach etwas in der Tasche ihres Kleides. Sie war nervös und schniefte.
Gwenvael wusste, dass er keine direkte Antwort aus ihr
herausbringen würde; er nahm ihr Kinn und hob ihren Kopf, bis sie ihm in die
Augen sah.
Tränen. Echte Tränen.
Sie schüttelte
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