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Dragons Schwur

Dragons Schwur

Titel: Dragons Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.C. Cast
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Mädchenkleid einer Leni-Lenape-Indianerin inspirieren lassen. Sie hatte den Saum des Rocks und den runden Ausschnitt der ärmellosen, butterweichen Tunika mit Glasperlen, Muscheln und weißen Lederfransen verziert. Sie machte einen kleinen, wirbelnden Tanzschritt, bei dem sich die Muscheln und Fransen bewegten.
Nie wieder werde ich diese furchtbaren, beengenden Kleider anziehen. Als Mensch durfte ich nichts anderes tragen. Diesen Fehler mache ich nie wieder
, sagte sie sich entschlossen, warf den Kopf zurück und sprach zum Mond, der tief am tintenschwarzen Himmel hing. »Dies bin ich! Eine Vampyr-Lehrerin, eine Expertin für Zaubersprüche und Rituale. Und ich bin jung und frei!«
    Anastasia würde den Rat ihrer Hohepriesterin befolgen. Sie würde erdsam sein und aus ihrer Jugend Kraft schöpfen. »Ich werde mich kleiden, wie es mir gefällt, und nicht wie eine uralte Schulmamsell.«
Oder wie eine Quäkerin aus Pennsylvania, wie meine menschliche Familie, die ich vor sechs Jahren, als ich Gezeichnet wurde, zurückgelassen habe
, fügte sie lautlos hinzu. Sie würde den friedlichen, liebevollen Teil ihrer Vergangenheit bewahren, nicht aber ihre engen Grenzen und Schranken. »Ich bin erdsam!«, sagte sie glücklich und tanzte fast durch das schenkelhohe Gras, das auf der Prärie um das Tower Grove House of Night wuchs.
    Die neuen Kleider brachten nicht nur körperliche Freiheit – Pandeias Vertrauen hatte ihr eine innere Freiheit verliehen, das war der entscheidende Unterschied. Hinzu kamen die warme, klare Nacht und dass Anastasia etwas tun würde, das sie mit unaussprechlicher Freude erfüllte: Sie würde einen Zauber wirken, der einem House of Night nützte –
ihrem
House of Night.
    Dann hatte sie den Fehler begangen, auf dem Feld stehenzubleiben, das mit wilden Sonnenblumen getupft war. Sie wusste, dass Sonnenblumen Liebe und Lust anzogen, doch an Liebe hatte Anastasia nicht gedacht. Sie hatte an die Schönheit der Nacht und die Verlockungen der Wiese gedacht. Und außerdem hatte sie Sonnenblumen schon immer geliebt!
    Die Wiese war atemberaubend üppig. Sie lag so nahe am Mississippi, dass Anastasia die Weiden und Ebereschen am hohen, klippenartigen Westufer erkennen konnte. Der Fluss selbst wurde von den Bäumen und dem Abhang verdeckt, aber sie konnte ihn riechen – diesen satten Geruch, der von der Fruchtbarkeit der Erde, von Macht und Verheißung kündete.
    Mitten auf der Wiese befand sich ein riesiger, flacher Felsbrocken aus Sandstein, in dem sich das silberne Licht des Vollmondes sammelte. Es war genau der richtige Altar für ihren Anziehungszauber.
    Anastasia stellte ihren Zauberkorb auf den Boden neben den großen Felsen und legte die Zutaten für das Ritual bereit. Zuerst holte sie den silbernen Kelch hervor, den sie von ihrer Mentorin zum Abschied erhalten hatte. Er war schlicht, aber wunderschön und mit einer Gravur von Nyx geschmückt, die mit erhobenen Armen den Halbmond über sich hielt. Dann entfaltete Anastasia das grün schimmernde Altartuch, in das sie den kleinen, verkorkten Krug mit blutversetztem Wein gewickelt hatte, und breitete es auf dem Stein aus. Sie stellte den Kelch in die Mitte und holte ein in Wachspapier geschlagenes Bündel aus dem Korb, das einen Laib frischen Brotes, ein Stück Käse und dicke Scheiben von duftendem, gebratenem Speck enthielt. Lächelnd legte sie Papier und Essen neben den Kelch und füllte ihn.
    Als sie mit den Düften und dem Anblick des Festmahls zufrieden war, das die Großzügigkeit der Göttin symbolisierte, nahm sie fünf Stumpenkerzen aus dem Korb. Flussaufwärts war Norden, also stellte sie die grüne Kerze in die nördlichste Ecke des Felsens. Sie verkörperte das Element Erde, dem sie sich am nächsten fühlte. Während sie die übrigen Kerzen in den entsprechenden Richtungen platzierte – gelb für die Luft im Osten, rot für das Feuer im Süden, blau das Wasser im Westen und die violette Geistkerze in die Mitte – kontrollierte Anastasia ihren Atem. Sie atmete tief ein und stellte sich vor, dass die Luft von Erdkraft erfüllt war, die durch den Boden in ihren Körper drang. Sie dachte an ihre Schüler und wie sehr sie ihnen helfen wollte, einander klar zu erkennen und mit Wahrheit und Ehrlichkeit ihren Weg zu gehen.
    Als die Kerzen aufgestellt waren, holte Anastasia die übrigen Utensilien aus dem Korb: ein geflochtenes Stück duftendes Mariengras, eine Blechdose mit Streichhölzern und einem Zündstreifen und drei kleine Samtbeutel –

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