Dragons Schwur
ihren Knien erwischt wurde. Jetzt kann dieser schwächliche König guten Gewissens ein Auge zudrücken, wenn diebische Clanangehörige aus dem Norden herbeiströmen, um fettes Vieh zu stehlen. Wessen Tiere werden sie sich wohl aussuchen, mein Sohn?«
Bryan konnte nur nach Luft ringen und den Kopf schütteln.
Voller Verachtung ließ der Earl of Lankford seinen Sohn los, der kraftlos auf den schmutzigen Stallboden sank. Dann deutete der Edelmann auf die rot gewandeten Mitglieder seiner persönlichen Leibgarde, die ungerührt die Demütigung mitangesehen hatten. Er wählte den pockennarbigen Anführer der Truppe aus. »Jeremy, fessle ihn, wie es ein Übeltäter wie er verdient hat. Nimm zwei weitere Männer, die dich begleiten. Bringt ihn zum Hafen. Schafft ihn aufs nächste Schiff, das nach Amerika fährt. Ich will ihn nie wiedersehen. Er ist nicht mehr mein Sohn.« Dann deutete er auf die Stallburschen. »Bringt mir mein Pferd. Ich habe genügend kostbare Zeit an diesen Unsinn verschwendet.«
»Vater! Warte, ich –«, begann Bryan, doch ein weiterer Hustenanfall ließ ihn verstummen.
Der Earl warf noch einen verächtlichen Blick auf seinen Sohn. »Wie ich bereits erklärt habe, du bist verzichtbar und sollst nicht länger meine Sorge sein. Bringt ihn weg!«
»Du kannst mich nicht so wegschicken!«, schrie er. »Wie soll ich denn leben?«
Sein Vater deutete mit einer Kopfbewegung auf das Schwert, das neben ihm im Schmutz lag. Der Earl selbst hatte es seinem frühreifen Sohn zum dreizehnten Geburtstag geschenkt, und auch hier im staubigen Dämmerlicht des Stalls schimmerten die Juwelen, mit denen das Heft besetzt war. »Vielleicht wird es dir in einem neuen Leben mehr nützen als in deinem alten. Er darf das Schwert mitnehmen«, sagte er zu den Wachen, »aber nichts anderes! Ihr bringt mir den Namen des Schiffes und die Unterschrift des Kapitäns als Beweis, dass er England verlassen hat. Noch vor Sonnenaufgang soll er verschwunden sein. Als Belohnung wartet eine Börse voller Silber auf euch.« Mit diesen Worten schritt der ältere Mann zu seinem wartenden Pferd.
Bryan Lankford wollte seinem Vater etwas hinterherrufen – ihm sagen, dass er es später bereuen würde, wenn er sich daran erinnerte, dass ihm sein dritter Sohn zwar die meisten Scherereien bereitet hatte, aber auch am talentiertesten, intelligentesten und interessantesten gewesen war. Dann überkam den Siebzehnjährigen ein weiterer Hustenanfall, und er konnte nur hilflos nach Luft ringen. Sein Vater galoppierte davon. Er konnte sich nicht einmal wehren, als ihn die Wachen des Earls fesselten und durch die schmutzigen Ställe zerrten.
»Wird auch Zeit, dass so ein kleiner Gockel wie du endlich seine Lektion lernt. Mal sehen, wie es dir gefällt, ein einfacher Mann zu sein.« Jeremy lachte sarkastisch und warf ihn auf einen Hühnerkarren, bevor er Bryans Schwert aufhob und mit einem berechnenden Blick auf das glitzernde Heft in den eigenen Gürtel steckte. Als sie den Hafen erreichten, war es dunkel, um ihn herum, aber auch in seinem Herzen. Sein Vater hatte ihn nicht nur enterbt, aus der Familie verstoßen und aus England verbannt, nein, er spürte auch, dass eine furchtbare Krankheit von ihm Besitz ergriffen hatte. Wann würde er daran sterben? Noch bevor er den stinkenden Hafen verlassen hatte oder erst nachdem man ihn auf eines der Handelsschiffe geschleppt hatte, die sich auf dem schwarzen Wasser der Bucht wiegten?
»So einen hustenden Mistkerl nehme ich nicht an Bord.« Der Kapitän des Schiffes hielt die Fackel höher, um den röchelnden Jungen zu betrachten. »Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Der fährt nicht mit mir.«
»Er ist der Sohn des Earl of Lankford. Wenn Ihr ihn nicht mitnehmt, werdet Ihr Seiner Lordschaft Rede und Antwort stehen müssen«, knurrte Jeremy.
»Ich sehe hier weit und breit keinen Earl. Ich sehe nur einen mit Scheiße bespritzten Jungen, der das Fieber hat.« Der Seemann spuckte in den Sand. »Und wenn ich erst an der Krankheit dieses Bengels gestorben bin, werde ich keinem mehr antworten, schon gar keinem Earl, den es vermutlich ohnehin nicht gibt.«
Bryan versuchte, den Husten zu unterdrücken – nicht um den Kapitän zu beruhigen, sondern um das Brennen in seiner Brust zu lindern. Er hielt noch die Luft an, als ein Mann aus dem Schatten trat. Er war groß, schlank und ganz in Schwarz gekleidet. Seine blasse Haut stand im starken Gegensatz zu der Dunkelheit, die ihn umgab. Bryan blinzelte und fragte sich,
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