Drake (German Edition)
Verotroicx redete unentwegt vor seinem Frame auf Captain Hoffmann ein, der sich gerade in einem Anfall von aufkommender Panik weigerte, die Timeless freizugeben. Ein zweckloses Unterfangen, denn die Timeless konnte sich sehr wohl selbst von den Magnettrossen befreien, aber diese nutzlose Diskussion zeugte von der verzweifelten Stimmung, die auf der Unit Eleven herrschte.
Zu allem Überfluss war vor zehn Minuten Hyatt Sternberg plötzlich in der Zentrale der Timeless aufgetaucht. Sekundenlang hing eine abwartende Anspannung im Raum, die Sternberg jedoch mit einer zahmen Handbewegung beendete. Gleichzeitig nickte er nur kurz allen Anwesenden zu und setzte sich mit beherrschten Bewegungen an einen Tisch in einer abgelegenen Nische. Einen fragenden Blick von Verotroicx, der in Richtung des Frames ging, auf dem Captain Hoffmann zu sehen war, winkte Sternberg mit einem zaghaften Lächeln ab. Werfel hatte den Verdacht, dass er unter dem Einfluss eines Beruhigungsmittels stand. Von seinem ehemals pompösen Gehabe war jedenfalls nichts übrig geblieben. Nach und nach verloren dadurch auch die anwesenden Mädchen ihre angespannte Nervosität und gingen ihren Aufgaben nach.
Die meisten von ihnen saßen vor den Kontrollen und verbreiteten eine hektische Betriebsamkeit, die Werfel wieder einmal das Gefühl vermittelte, dass sie mehr wussten als er selbst.
Delfyn wagte er nicht anzusprechen. Soweit er es mitbekam, bereitete sie gerade den Countdown für die Trennung der Magnettrossen vor, ungeachtet der widersinnigen Argumente Hoffmanns.
Jenaveve. An Jenaveve konnte er sich wenden. Vielleicht konnte er dabei etwas von vorhin gutmachen. Er stand auf und ging zu ihr hinüber.
»Jenaveve, ich …«, begann er, wurde aber sofort von ihr unterbrochen.
»Raphael, ich habe gerade keine Zeit für ein Schwätzchen. Du siehst doch, dass es jetzt hier rundgeht!«
Er setzte sich trotzdem neben sie.
»Es tut mir leid wegen vorhin!«, brachte er schnell und gepresst heraus.
Sie sah ihn kurz aus den Augenwinkeln heraus an, sagte aber nichts.
»Ich war zu sehr auf verschiedene Probleme konzentriert und da habe ich wohl etwas … ähm … überreagiert …« Er beschloss, den Satz in der Luft hängen zu lassen.
»Ich bin im Moment auch auf verschiedene Probleme konzentriert. Trotzdem bin ich in der Lage, dir zuzuhören«, antwortete sie schnippisch. »Was willst du von mir?«
»Ja, also, dass es mir leid tut, habe ich ja schon gesagt und dann wollte ich noch wissen, ähm, LaGrange, das Objekt kommt mir etwas merkwürdig vor.«
»Was genau?«
»Die enorme Masse. George liefert falsche Werte.«
»George liefert keine falschen Werte. Ein Schwarzer Zwerg hat nun einmal eine gewaltige Masse.«
»Ein was?«
»Ein Schwarzer Zwerg, oder genauer gesagt: ein künstlicher Schwarzer Zwerg. Das ist die hypothetische Endstufe eines Weißen Zwerges, eine ausgebrannte Sonne sozusagen.«
»Ich weiß, was ein Weißer Zwerg ist. Du willst mir damit also sagen, dass die Cobo Ya Ya einen Schwarzen Zwerg in ihr Sonnensystem bugsiert haben, um ein Gleichgewicht für ihre Energiewolke zu schaffen?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ob die Cobo Ya Ya ihn hingeschafft haben, weiß ich nicht. Vielleicht war er ja schon immer dort.«
Werfel überlegte. Das konnte nicht sein. Das Universum war nicht alt genug, um Schwarze Zwerge hervorgebracht zu haben. Selbst die bisher registrierten Weißen Zwerge besaßen noch eine Temperatur der beobachtbaren Grenze des Alters des Universums. Die Oberflächentemperatur eines Schwarzen Zwerges wäre so weit abgefallen, dass keine Wärme oder sichtbares Licht mehr abgestrahlt wird. Also musste es sich um einen künstlichen Schwarzen Zwerg handeln mit einer Masse von wenigstens 80 Prozent der heimischen Sonne.
Er schüttelte den Kopf. Künstlicher Schwarzer Zwerg! Das war alles absolut irreal.
Vollkommen unklar war ihm auch, wo sich an diesem Ort etwas befinden sollte, das man manipulieren konnte. Die Schwerkraft wäre so gewaltig, dass man sofort zerquetscht würde.
»Abgekoppelt!«, rief Khartum in diesem Moment. »Wir bereiten den Durchgang nach LaGrange vor!«
Die Timeless blieb nach einem kurzen Bremsmanöver hinter der Unit Eleven zurück. Auf dem großen Frame war ein gespenstisches Bild zu sehen: der Kubus der immer kleiner werdenden Unit Eleven inmitten der immer noch in Kreisformation fliegenden Blades vor der gigantischen Kulisse der dunkelroten Wolke.
Verotroicx kam zu ihm herüber und blickte einige
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