Drake (German Edition)
philosophisches, um nicht zu sagen, ein existenzielles Problem zu handeln. Eine besondere Veranlagung. Sie sorgen sich um Ihre Zukunft. Entsetzen ist in der Seele und innerlicher Zwist.«
»Wenn Sie es so sehen wollen«, entgegnete er sarkastisch. »Aber darin stehen Sie und Ihr Volk uns ja in nichts nach. Ihre Vorfahren dachten jedenfalls weit über die Zukunft hinaus.«
Ihre großen Augen schienen noch größer zu werden.
»Möchten Sie damit etwas Spezielles ansprechen?«
»Ich möchte sehr wohl damit etwas Spezielles ansprechen«, sagte er laut. Er wollte, dass es alle hören. »LaGrange. Dieser künstliche Schwarze Zwerg stammt doch von Ihren Vorfahren. Die haben ihn den Cobo Ya Ya in grauer Vorzeit verpasst, sonst könnten Ihnen Ihre Altvordera nicht so viel Wissen darüber in Ihren Speicherblocks mitgegeben haben.«
Sie schien einen Moment zu überlegen. Wahrscheinlich wurden ihr wieder Informationen aus den Speicherblocks überspielt.
»Hm, ja, richtig«, sagte sie dann. »Es ist lange her. Schon damals existierte der Plan, die Cobo Ya Ya ein für allemal aus dem normalen Universum zu verbannen, allerdings fand der Plan nicht die Zustimmung aller. Schließlich einigte man sich darauf, Drake nur zeitweise von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Man hoffte auf einen gewissen Erziehungseffekt. Die Übung kann das Gepräge der Natur verändern.«
»Der aber nicht eingetreten ist«, fuhr Werfel fort. Er versuchte seine Überraschung zu verbergen, dass er mit seiner Vermutung richtig gelegen hatte. »Und jetzt wollen Sie den Fehler korrigieren. Ich frage mich nur, wie Sie das anstellen wollen. Wo müssen Sie den Fehler denn korrigieren? Existiert denn eine verborgene Schaltstation in der Nähe des Schwarzen Zwerges?«
»Das wäre zu einfach. Die Station befindet sich an einem Ort, an dem die Cobo Ya Ya keinen Zugang haben, nämlich direkt auf der Oberfläche von LaGrange.«
Werfel war zu verblüfft, um darauf sofort etwas zu entgegnen. Als er Leilas feixenden Zungenschlag wahrnahm, bereute er es fast schon, überhaupt etwas gesagt zu haben. Leila nahm ihm seinen Einwand ab, indem sie sagte: »Ich weiß schon, was Sie entgegnen möchten. Es erscheint Ihnen unmöglich wegen der hohen Gravitation des Sternes. Das Unmögliche ist jedoch beabsichtigt. Es ist ein Schutz gegen eine Einflussnahme vonseiten der Cobo Ya Ya. Wenn Sie möchten, Herr Werfel, dann begleiten Sie mich zu der Station und ich zeige Ihnen, wie Unmögliches möglich wird.«
»Gerne«, hörte er sich sagen. Ganz wohl war ihm dabei nicht.
Als er mit Leila zwei Stunden später in der offenen Schleuse der Timeless stand und in einen gelblich gefärbten Abgrund starrte, ging es ihm nicht wesentlich besser. Beide trugen eine lediglich leichte Grundversion eines Raumanzugs aus dem Bestand der Timeless.
Der gelbliche Schlund war nach Leilas Angaben eine von ihr geschaffene Verbindung hinunter auf die Oberfläche von LaGrange, über dem die Timeless regungslos in einem Abstand von knapp zwei Kilometern stand. Werfel hatte es aufgegeben, auf Unmöglichkeiten hinzuweisen, nachdem ihm Leila erklärt hatte, es sei alles eine Frage des Zeitflusses und der Fähigkeit, diesen in der Einwirkung variabel zu verändern. Die Zeit sei das Grundelement des Universums, auf dem alles aufgebaut wäre. Ohne die Zeit gäbe es keine Energie und keine Gravitation. Seltsamerweise musste Werfel ihr recht geben, auch wenn er keine Vorstellung davon hatte, wie die Pearl People es geschafft hatten, die Zeit zu beherrschen oder sie im Ansatz zu manipulieren.
Im Augenblick kämpfte er jedoch mit ganz anderen und ziemlich realen Problemen. Seine Glieder fühlten sich schwer an und er litt unter unsäglichen Kopfschmerzen. Leila erging es laut ihrer eigenen Aussage nicht anders, aber sie meinte, es würde nach einer gewissen Gewöhnung besser werden. Die Unbehaglichkeiten stammten von dem ungeheuren Neutronenfluss des Schwarzen Zwerges mit der Wechselwirkung des Zeitfeldes, in dem sie sich aufhielten. Auch die auf der Oberfläche befindlichen Abstrahlstationen für den Energieschirm des Drake-Systems wirkten sich negativ auf den menschlichen Metabolismus aus.
Sie winkte ihm lässig zu und ließ sich einfach in die undefinierbare gelbe Röhre fallen. Wenig später sah er sie langsam nach unten schweben. Es kostete ihn einige Überwindung, es ihr gleichzutun, vor allem die Vorstellung, seine Kopfschmerzen könnten weiter unten noch stärker werden, kostete ihn große
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