Drake (German Edition)
eine allgemeine Träne gewesen. Nicht für jemand Bestimmtes gedacht. Verotroicx würde wahrscheinlich sofort darauf reagieren.
»Hör mal«, fing er auch sogleich an. »Wenn ich dir irgendwie helfen kann …«
Sie sah ihn wütend an. Warum konnte er nicht einfach die Klappe halten, statt ihr solch einen leeren Spruch vorzuleiern? Selbst ein ungeschicktes In-den-Arm-Nehmen wäre tausend Mal besser gewesen.
»Verotroicx, nein, vielen Dank auch!«, fauchte sie ihn an. »Wenn ich irgendwie oder irgendwann einmal Hilfe benötige, dann werde ich mich bestimmt an Sie wenden!«
Sie rollte sich seitwärts weg und stand auf. »Und jetzt lassen Sie uns das hier zu Ende bringen. Irgendwie, aber jetzt sofort!«
Dann ging sie auf die Arack zu.
Alan Verotroicx blieb noch eine Weile im Sand sitzen.
Autsch!, dachte er. Jetzt war er mit einem Schlag vom zögerlich erblühtem ›Du‹ zum strengen ›Sie‹ degradiert worden.
Versteh einer die Frauen.
Wahrscheinlich hatte er wieder etwas falsch gemacht.
Jonathan Arthur Milner, ein alter Kumpel von ihm, hätte das bestimmt anders gemacht. Jonathan war ein ausgemachter Frauenliebling und redete mit Frauen in einer Sprache, die Verotroicx schlichtweg als verlogen bezeichnete. Seine Worte waren so abgedroschen und so unwirklich, dass jeder Mann bei diesen überzogenen Schmeicheleien die Augen verdreht hätte. Nicht aber die Frauen. Bei ihnen bewirkten anscheinend Unwahrheiten das genaue Gegenteil.
Wahrscheinlich lag es an den Hormonen.
Er nickte. Das musste es sein.
Ihm fehlte das Verständnis für die Hormone.
Er sah sich um und betrachtete seine Umgebung mit zugekniffenen Augen. Dieser ungeheure Pflanzenwuchs und diese Blumenmeere passten einfach nicht zu den Cobo Ya Ya. Die Landschaft erschien ihm wie ein Hohn. Oder er war nicht in der Lage, das wahre Wesen dieser Rasse zu erkennen. Wie auch? Der Kontakt bestand erst seit wenigen Tagen. Was er von den Cobo Ya Ya wusste, stammte aus Schilderungen von Leila. Und von den Geschehnissen aus der Unit Eleven, fügte er in Gedanken hinzu. Eigentlich zu wenig, um ein ganzes Volk beurteilen zu können.
Vielleicht hatte Caitlyn aber auch recht.
Sie mussten das hier zu Ende bringen. So allmählich gingen ihm die fremden Welten auf die Nerven.
Auf Blue Boy war ihm der Himmel zu rot erschienen, hier auf Mescalero war alles zu blau. Die Pflanzen waren blau-grün, die Blumen schillerten aufdringlich in allen Farben und der Strand war nicht weiß, sondern grau, an manchen Stellen fast schwarz. Er passte nicht zum menschlichen Gemüt.
Nichts hier passte zum Menschen.
Es war also kein Wunder, dass der eine oder die andere allmählich durchdrehte.
Wahrscheinlich passte nichts anderes zum Menschen als die heimatliche Erde. Bestimmt würde es das Durchhaltevermögen von Generationen benötigen, um Menschen von der Erde an einen fremden Planeten zu gewöhnen, erst recht an dessen etwaige Bewohner.
Victorias Stimme erklang in seinen Flats.
»Chef, da kommen einige Gruppen von Cobo Ya Ya auf uns zu. Ist vielleicht besser, wenn wir hier abhauen.«
Sofort aktivierte er seinen Frame. Werfel hatte eine Scan-Drohne aufsteigen lassen, die eine Gruppe von zehn jungen Cobo Ya Ya zeigte. Sie rannten innerhalb eines schwebenden und nach hinten offenen Ovals auf die Arack zu. Dahinter folgten weitere Gruppen.
Hastig stand er auf.
Ein undefinierbares Schwindelgefühl überfiel ihn dabei. Ab und zu meinte er sogar, so etwas Ähnliches wie schwache Stromstöße zu verspüren. Er geriet leicht ins Taumeln, als er rasch auf die Arack zuging.
Die Blumen, diese ständigen, verschiedenen Düfte, konnte einen verrückt machen. Mit einem heftigen Kopfschütteln versuchte er, den Schwindel zu vertreiben.
»Junge Ya im Ausdauertraining«, empfing ihn Leilas schlichte Erklärung. »Die ovale Begrenzung gibt die Geschwindigkeit vor. Ein Ohrenbläser. Jedes Zurückbleiben oder eine Verletzung wäre fatal für den Betroffenen. Er würde eher freiwillig sterben.«
Sie sah Verotroicx besorgt an, der beim Besteigen seines Sitzes beinahe abgerutscht wäre.
»Ist Ihnen nicht gut?«
»Ein wenig schwindelig. Wahrscheinlich durch den stetigen Blumenduft, gepaart mit etwas Schlafmangel.«
Sie wedelte mit ihrer Hand.
»Die Wirkung der Koppler lässt nach.« Sie kramte in einer ihrer großen Taschen und gab ihm einen halben Würfel. Anschließend verteilte sie den Rest an die anderen.
Er kaute nachdenklich auf dem Würfel herum. »Was passiert, wenn die
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