Drake (German Edition)
Stunden war ich überzeugt davon, dass Escorial meine Erwartungen schon übererfüllt hatte, und nun liefert der Computer diese Bilder. Ich dachte zunächst an einen Fehler, aber sämtliche Überprüfungen brachten dasselbe Ergebnis.«
Ein gemeinsames Schweigen erfüllte den Raum, in dem alle die blaue Sichel auf dem Frame anstarrten. Caitlyn versuchte sich einzureden, dass sie gerade einem historischen Ereignis von höchster Bedeutung beiwohnte, aber irgendwie klappte es nicht. Bisher gab es lediglich ein Bild von einem Planeten, für sie war er noch keine Realität.
Sternberg war in Gedanken schon weiter. »Dann steht es fest«, sagte er entschlossen und wischte seine vor Aufregung nassen Hände an seiner Jacke ab. »Blue Boy wird unser nächstes Ziel sein. Ich werde sofort Captain Hoffmann unsere Entscheidung mitteilen …«
»Hyatt, ich halte das für keine gute Idee!« Die Stimme von Charlotte Sternberg schwang dunkel im Raum. »Wir sollten nichts überstürzen, schließlich rennt uns Blue Boy nicht davon. Wenn wir schon solche ungeheuren Anstrengungen unternehmen, dann sollten wir gründlich vorgehen, wenngleich ich dazu geneigt bin, dass wir uns auf die aussichtsreichsten Kandidaten konzentrieren sollten. Safira im System Canova liegt auf unserem Weg, also werden wir uns den Planeten ebenfalls ansehen. Danach Blue Boy.«
Eine wirbelnde Rauchwolke passierte einen gerichteten Lichtstrahl einer Designerlampe und hing für einen Moment lang als helle Struktur über Charlotte Sternberg.
»Wenn ich mich nicht täusche, hatten sie aber noch von einem dritten System gesprochen, Herr Werfel?«
Der Angesprochene warf einen verlegenen Blick in das Dunkel des hinteren Raumes.
Es schien ihm peinlich, von dem dritten System zu sprechen. »Richtig, das dritte System«, meinte er nach einem längeren Zögern. »Es handelt sich dabei eigentlich gar nicht um einen Planeten, sondern um die Monde eines übergroßen Gasriesen.« Er aktivierte durch einen Connect das nächste Bild auf seinem Frame. »Das Sternsystem selbst ist von einer dichten Kugel aus Asteroiden umgeben, ähnlich wie unsere heimische Sonne von der Oort’schen Wolke. Die immense Ansammlung der Asteroiden versperrt uns zum größten Teil die Sicht ins Innere des Systems.« Auf der Aufnahme war eine schwarz-graue Kugel zu sehen, die geheimnisvoll von innen erleuchtet war. Das Zentrum wirkte überstrahlt, nach außen hin wurde das Licht schwächer. Erst als Werfel einen Ausschnitt der Kugel durch Heranzoomen vergrößerte, konnte man in den mittleren Helligkeitsbereichen winzige unscharfe Punkte ausmachen.
»Es müssen Milliarden von Asteroiden sein, die beinahe eine geschlossene Kugel um das System bilden. Durch Verlegung des Aufnahmestandpunktes des ELT und mithilfe von Tausenden von Aufnahmen konnte der Computer durch Hochrechnung und Wahrscheinlichkeitsbestimmungen schließlich einen Stern mit einem einzigen Planeten herausfiltern. Einen übergroßen Gasriesen, etwa zehnmal so groß wie Jupiter und fast schon an der Grenze, selbst zu einem Stern zu werden.« Er schüttelte den Kopf, als könnte er seinen eigenen Worten nicht trauen. »Das Bemerkenswerte daran ist – und ich möchte ausdrücklich betonen, dass wir uns dabei absolut im Bereich von Vermutungen bewegen –, dass der Gasriese von einer Kette von großen Monden umringt wird …« Seine anschließende Handbewegung war resignierend, fast schon das Zugeständnis einer Niederlage.
»… und diese Kette von Monden oder Trabanten, wie ich sie zutreffender bezeichnen möchte, besteht ohne Ausnahme aus Himmelskörpern, denen man durchaus erdähnliche Bedingungen zuschreiben könnte.«
5
n e = Anzahl der Planeten in der Ökosphäre
Alan Verotroicx verließ den Hangarbereich nicht ohne einen gewissen Stolz. Hier waren Flugmaschinen sowie Boden- und Seefahrzeuge im Wert von Milliarden untergebracht, allesamt Spezialanfertigungen, wenn nicht gar Prototypen. Alleine die Cargos mit ihrer auf Escorial bewiesenen Robustheit waren Gold wert. Auch die Konstruktion der Arack hatte sich bewährt. Für Verotroicx grenzte es an ein Wunder, dass Werfel mit der Spinne den Stürmen getrotzt hatte.
Die beiden Units FORCE und SUPPLY waren auf dem Schiff die weitaus am besten besetzten Gruppen, sowohl mit Menschen als auch mit Material. Ihre Aufgaben bestanden im Transport, der Versorgung und der Sicherung. Ein gewaltiges Unterfangen angesichts der unbekannten Risiken, die ein Unternehmen auf
Weitere Kostenlose Bücher