Drake (German Edition)

fremden Planeten erforderte.
    Die Tamini-Gruppe und die anderen Magnaten hatten sich mit ihren Investitionen wahrlich nicht zurückgehalten. Jede einzelne Konstruktion war in jahrelanger Entwicklung unter allen möglichen Bedingungen getestet worden. Verotroicx konnte das bestätigen, er war von Anbeginn der Planung des Unternehmens mit dabei gewesen. Schon damals hatten ihn die Zielstrebigkeit der Geldgeber und der unbedingte Wille zum Erfolg beeindruckt. Dabei hatte er schon recht bald bemerkt, dass es bei dem Projekt nicht alleine um den finanziellen Gewinn in der Zukunft ging. Die Art und Weise, wie sich die Spitzenpersonen der internationalen Wirtschaft in das Geschehen einbrachten, ließ ihn ahnen, dass sie für sich persönlich einen Traum verwirklichen wollten.
    Er konnte es ihnen nicht verdenken. Ihm ging es im Grunde genommen ebenso.
    Das politische und gesellschaftliche Leben auf der Erde war in eine Sackgasse geraten, wobei man nicht davon sprechen konnte, dass es den Menschen an etwas fehlte. Ganz im Gegenteil, die meisten gaben bei demoskopischen Umfragen an, in glücklichen und zufriedenen Verhältnissen zu leben.
    Was durchaus der Wahrheit entsprechen konnte.
    Ein kleines Wunder allerdings angesichts dessen, was die Menschheit in den letzten zwei Jahrhunderten erdulden musste: eine totale Durchmischung der politischen internationalen Landschaft, einen grundsätzlichen religiösen Umbruch, wirtschaftliche Verschiebungen und zu guter Letzt den lange vorhergesagten Klimawandel.
    Letzterer war eine von zwei gravierenden Veränderungen im Leben der Menschen. Er zog eine gewaltige Völkerwanderung auf dem Planeten nach sich, die jedoch durch eine besonnene Politik und verstärkte Innovationen in der Energiefrage in den folgenden Jahrzehnten zeitlich relativ schnell verkraftet wurde. Zusätzlich verringerte sich die Weltbevölkerung ab dem Jahre 2060 in nicht vorhergesehenem Ausmaß, sodass die befürchteten globalen Konflikte ausblieben.
    Weit tief greifender war eine religiöse Wandlung, die sich in einer Art und Weise vollzog, die niemand hatte voraussagen können.
    Im Jahre 2125 schrieb die Spanierin Maria Cortez ein Buch, das zunächst auf strikte Ablehnung stieß und das vielerorts sogar verboten wurde. Der Inhalt war in drei Teile aufgeteilt. Der erste Teil bestand in einer vereinfachten Darstellung der verschiedenen Weltreligionen. Es erzählte die heiligen Geschichten und erklärte ihre Botschaften. Im zweiten Teil legte Maria Cortez, eine überzeugte Christin und vierfache Mutter, ihre Überzeugung dar, dass alle religiösen Überlieferungen letztendlich von ein und denselben Vorgängen aus der frühen Menschheitsgeschichte berichteten, nur aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Also forderte sie im dritten Teil eine Verschmelzung aller Religionen unter der Berücksichtigung regionaler Traditionen als Entgegenkommen gegenüber tief liegenden Bräuche und rief zu einem weltweiten Frieden auf.
    Im Grunde genommen schrieb Maria Cortez nichts Neues, aber sie schrieb die Zeilen ihres Buches mit einer außerordentlichen Leidenschaft und derart überzeugend, dass immer mehr Menschen ›Die göttlichen Schriften‹ lasen, wie die Autorin ihr Werk genannt hatte.
    Vielleicht lag es an den Verboten, die anfangs Aufmerksamkeit erregten, auf jeden Fall entwickelte das Buch in der nachfolgenden Zeit eine ungeheure Eigendynamik, die schon sehr bald den Aufbruch unzähliger Evangelisten nach sich zog, die im Sinne der Lehren des Buches die Botschaft in aller Welt verkündeten.
    Während dieser Zeit der Organisation der neuen und weltumspannenden Religion passierte das Unfassbare: Maria Cortez und ihre gesamte Familie wurden Opfer eines gezielten Anschlages vor der Kathedrale Maria de la Sede in Sevilla. Es sollte einer der letzten Selbstmordanschläge für lange Zeit werden, denn die Welt in Ost und West wirkte nach dem Attentat wie gelähmt. Zugleich verschaffte die Ermordung der Maria Cortez der neuen Religion einen beispiellosen Zulauf von Anhängern, die die Botschaft des Buches in der Folgezeit etablierten.
    Die vielversprechenden Ansätze für die neue Weltreligion hielten über viele Generationen, doch dann brachen nach und nach die verhärteten Ansichten der alten Splitterreligionen wieder durch. Fundamentalisten predigten die Rückkehr zu alten Werten und untermauerten ihre Forderungen mit den alten Schriften wie der Bibel und dem Koran. Schon bald kam es zu Auseinandersetzungen mit der neuen