Drake (German Edition)
Planeten gewesen, hatte Sonden ausgesetzt und die Messungen ausgewertet, er hatte mit Unterwasserkameras den Meeresboden beobachtet, die Inseln nach Hinweisen abgesucht, einen einzigen schwachen Versuch gestartet, mehr über die Afghanen herauszufinden – ohne Erfolg, denn die Tiere waren scheu und waren ihm schlichtweg aus dem Weg gegangen. Er hatte einfach keine Lust gehabt, ihnen nachzulaufen oder gar eines von ihnen zu fangen, um es näher zu untersuchen. Letztendlich war er zwischendurch wie alle anderen dem Reiz erlegen, einfach nichts zu tun und in einer verschwiegenen Bucht tatenlos auf einem Schwimmer der Arack zu liegen. Sein Interesse hatte dem Planeten gegolten, nicht dem Planetensystem. Nie wäre er auf den Gedanken gekommen, dass einer der Monde einen globalen Einfluss auf das Leben von Blue Boy haben könnte. Dabei war es so naheliegend und so einfach. Elf Monde, die mit ihrer Masse an dem zentralen Mittelpunkt zerrten, mussten die Ursache für periodische Umwälzungen und Veränderungen sein. Dass einer von ihnen dermaßen exzentrisch platziert war, konnte man nicht unbedingt voraussehen, aber auf der Unit Eleven waren die Beobachtungsgeräte dafür vorhanden gewesen. Selbst wenn die verantwortlichen Leute nicht reagiert hatten, war es war ihm unverständlich, warum George keine Warnung ausgesprochen hatte.
Es war müßig, sich im Nachhinein darum zu streiten, wo der Fehler gelegen hatte, aber er würde ihn ansprechen, wenn er wieder auf der Unit Eleven war.
Wenn.
Im Augenblick konnte er nur von der Hoffnung leben, dass ihn die Afghanen an einen sicheren Ort führten, wo er die Katastrophe überleben konnte.
Er wies George an, den Kurs zu halten, und aktivierte seinen Frame.
»Planetenüberwachung von Blue Boy, Standort Werfel SCIENCE «, sagte er zu George. »Größtmöglicher Sichtkontakt.«
Nach wenigen Sekunden erschien auf seinem Frame ein Ausschnitt der Planetenoberfläche, oder genauer, eine eintönige blaue Fläche, auf der unzählige feine weiße Striche eingeritzt schienen. Das Blau war das Meer, und die Striche waren die Gischtfontänen der Afghanen-Schildkröten. Werfels Arack war ein einsamer weißer Strich am Ende der Darstellung, die trotz eines Mix aus Infrarot, Röntgenabtastung und sichtbarem Licht sehr real auf dem Frame wiedergegeben wurde.
Er wählte einen größeren Ausschnitt. Irgendwo im nahen Süden musste das Ziel der Tiere liegen, bestimmt nicht sehr weit, höchstens 100 oder 150 Kilometer entfernt. Wenn nicht sogar noch näher. Er konnte sich nicht vorstellen, dass die Flucht so knapp bemessen war, um die schützende Möglichkeit gerade so im letzten Moment zu erreichen.
Inseln. Vor der Herde lag eine Vielzahl von Inseln. Keine von ihnen wies eine Besonderheit auf. Jedenfalls konnte er auf Anhieb keine entdecken. Ihm fehlten der direkte Zugriff zu den notwendigen Programmen und Elementen, um die Oberfläche des Planeten von seinem Frame aus genauer zu untersuchen. Selbst mit seinen Lynx dauerte es zu lange, die erforderlichen Schaltungen zu den Beobachtungs- und Messinstrumenten der Satelliten oder zur Unit Eleven herzustellen. Er brauchte Unterstützung.
»Jason SCIENCE !«
Der Gerufene erschien beinahe augenblicklich auf seinem Frame. Bevor er etwas erwidern konnte, brachte Werfel schon seine Anforderungen vor: »Sie kennen meinen Standort? Gut. Ich bewege mich hinter einer Herde von Afghanen auf einige Inseln zu. Ich möchte, dass Sie alle Inseln vor uns genauer untersuchen. Infrarot, Röntgen, Spektralanalyse, Farbabweichungen, Form, kurz alles, was Ihnen einfällt. Und zwar jetzt. Sofort!«
»Okay«, antwortete Jason beinahe gelangweilt.
Werfel war überrascht, er hatte mehr Widerstand erwartet. »Ich hoffe, ich halte Sie damit nicht von einer wichtigen Sache ab, aber das hier ist genauso wichtig.«
»Ist schon in Ordnung. Wir können im Moment ohnehin nichts anderes tun, als zu beobachten. Der Umläufer kommt näher, der Kurs der Unit Eleven ist berechnet. Wir werden in etwa drei Stunden in eine stationäre Umlaufbahn einschwenken. Alle Cargos sind draußen. Bisher läuft alles nach Plan, keine Ausfälle. Suchen Sie nach etwas Besonderem?«
Werfel erklärte ihm knapp, welche Vermutungen er hatte. Dann fügte er hinzu: »Diese Symbiose zwischen Afghanen und Schildkröte muss schon seit Jahrtausenden bestehen, so etwas entsteht nicht von heute auf morgen. Deswegen muss auf diesen Inseln irgendein Ort oder eine Möglichkeit existieren, die Katastrophen zu
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