Drake Schwestern 01-02 - Daemmerung des Herzens-06.07.12-OK
Klatsch zu benutzen?«
Matt blieb abrupt stehen, und da er Kate an der Hand hielt, wurde auch sie
mitten in der Bewegung jäh zurückgerissen. Er sah angestrengt aus dem Fenster hinaus
und stieß einen Schwall von Flüchen aus. »Der verfluchte Nebel wälzt sich
heran, Kate. Er zieht geradewegs hierher.«
Kate sah erst ihn an und ließ dann ihren Blick über
die Kinder schweifen. »Ich will nicht, dass die Leute in Panik geraten und zu
ihren Autos rennen, um schleunigst von hier zu verschwinden. In dem dichten
Nebel könnte ohnehin niemand fahren. Ich werde mir etwas einfallen lassen, um
die Kinder abzulenken.« Sie eilte auf den Weihnachtsmann zu und flüsterte leise
mit den Kindern, die sich daraufhin teilten wie das Rote Meer, um sie zu dem
fröhlichen alten Mann vorzulassen, der dasaß und ein Kind auf dem Schoß hielt.
Sie beugte sich zu ihm vor und redete leise mit ihm.
Matt sah aus einiger Entfernung, dass der
Weihnachtsmann zusammenzuckte, noch ein Weilchen zuhörte und nickte. Kate
richtete sich auf und brachte die Kinder dazu, einen großen Kreis zu bilden.
Der Weihnachtsmann verteilte Zuckerstangen, tätschelte die Köpfe der Kinder und
lachte dabei. Etliche Mütter begannen Plätzchen und Punsch zu verteilen,
während Kate ansetzte, eine fesselnde Weihnachtsgeschichte zu erzählen. Matt
hatte nie erlebt, dass jemand einen ganzen Saal mühelos in Atem hielt, aber bis
auf die leise Weihnachtsmusik im Hintergrund war außer Kates faszinierender Stimme
kein Laut zu hören. Er stellte fest, dass die reine Schönheit ihres magischen
Tonfalls auch ihn in seinen Bann zog, selbst dann noch, als der Nebel durch die
Ritzen neben den Türen und Fenstern in den Raum zu sickern begann.
Es war vollkommen ausgeschlossen, den Nebel aus dem
Raum fernzuhalten. Nur der Zauber von Kates Stimme, das fröhliche »Ho, ho, ho«,
das der anonyme Weihnachtsmann immer wieder geschickt in ihre Erzählung
einfließen ließ, und der Ruf der Granites in der Gemeinde konnten verhindern, dass
sich Panik ausbreitete, als der grauweiße Dunst den Raum erfüllte und den
Geruch und die Atmosphäre des Meeres mit sich brachte. Kate bezog den Nebel
gekonnt in die Geschichte ein und brachte die Kinder dazu, einander an den
Händen zu halten und dem Weihnachtsmann auf sein »Ho, ho, ho« im Chor zu
antworten. Die Kinder taten es mit Begeisterung und lachten wie verrückt über
die Possen, die die Personen in Kates Geschichte im Nebel veranstalteten. Matt
begriff, dass sie die Illusion hervorrief, der Nebel sei Absicht, ein
Bestandteil der Geschichte, die sie erzählte, und dazu eingesetzt, die Wirkung
zu verstärken. Er konnte sehen, wie die meisten Eltern sich entspannten, weil
sie glaubten, Kate hätte eine Möglichkeit gefunden, den Kindern die Angst vor
dem aufziehenden Nebel zu nehmen, der für jeden Küstenbewohner zum täglichen
Leben gehörte.
Matt kam es vor, als würde der Nebel stundenlang
brodeln, in dunkleren Grautönen umherwirbeln und sich im Kreis drehen, obwohl
keine Brise da war, die diese Wirkung hervorrufen konnte. Doch in Wirklichkeit
waren nur wenige Minuten vergangen, als der Nebel einen hastigen Rückzug
antrat... fast so, als sei ihm der Klang von Kates Stimme unerträglich. Das war
eine blödsinnige Vorstellung. Nebel hatte keine Ohren, um zu hören, aber er
hätte auch nicht in der Lage sein sollen, Fußabdrücke auf dem Sand zu
hinterlassen oder Gegenstände zu beschädigen. Er rückte näher an Kate heran, da
er wusste, dass sie einen gepfefferten Preis dafür bezahlen würde, ihre
Energien eingesetzt zu haben, um eine so große Menschenmenge in den Bann ihrer
Stimme zu ziehen. Während er auf sie zuging, fühlte er etwas im Nebel, etwas
Greifbares, das seinen Arm streifte.
Matt wirbelte sofort herum und nahm die
Verteidigungsstellung eines Kämpfers ein, aber da war nichts. Er war lediglich
von Dunstranken umgeben. Er hörte ein Geräusch, eine grollende Stimme, die ihm
eine Warnung zumurmelte. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Er spürte die
Berührung des Todes, knochige Finger, die nach ihm griffen. Oder nach jemandem,
der zu ihm gehörte. Der Laut, zur Hälfte ein Stöhnen, zur Hälfte ein Knurren,
bewirkte, dass sich auf seinem ganzen Körper die Haare aufstellten. Matt wusste
genau, dass es sich um eine Warnung handelte, aber die Worte ergaben keinen
Sinn.
Wut war machtlos gegen den Nebel. Er konnte nicht
gegen ihn kämpfen, nicht mit ihm ringen; er konnte noch nicht einmal auf ihn
schießen. Wie
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