Drake Schwestern 01-02 - Daemmerung des Herzens-06.07.12-OK
wirklich bemerkt,
aber letzte Nacht habe ich mir Gedanken darüber gemacht. Inzwischen kenne ich
dich etwas besser und ich glaube, dir ist es lieber, wenn deine Freunde dich
nicht mit mir zusammen sehen.«
Sarahs Atem stockte, denn sie hörte eine Spur von
Schmerz aus seiner Stimme heraus. Je mehr Zeit sie mit ihm verbrachte, desto
mehr wünschte sie sich, mit ihm zusammen zu sein. »Mich stört es überhaupt
nicht, dass wir zusammen gesehen werden, ganz gleich, von wem. Du bist
derjenige, der sich Sorgen macht, wir könnten ins Gerede kommen. Ich bin es
gewohnt und mir macht das nichts aus.«
»Dann lass uns zusammen in die Stadt gehen.« Das
war eine klare Herausforderung.
Sarah atmete tief aus. Der Frühnebel hatte sich
aufgelöst und der Himmel hatte einen ganz erstaunlichen Blauton angenommen. Sie
konnte sehen, dass sich weit draußen über dem Meer Wolken zusammenballten.
Sarah nahm Damon unauffällig unter die Lupe und musterte ihn von Kopf bis Fuß.
Er war von keinem dunklen Schatten umgeben und seine Schultern waren auch nicht
so gebeugt, als trüge er eine schwere Last. »Ich finde, das klingt prima, falls
du ganz sicher bist, dass du dir das zumuten möchtest.«
Er stand auf und hielt ihr eine Hand hin. »Komm
schon.«
»Jetzt gleich?« Sie hatte nicht damit gerechnet,
dass er tatsächlich mit ihr in die Stadt gehen wollte, doch nun nahm sie
gehorsam seine Hand und ließ sich von ihm auf die Füße ziehen.
»Ja. Bevor mich der Mut verlässt. Wenn wir beide
uns gemeinsam in der Stadt zeigen, haben die Leute etwas zu reden. Diese
Neuigkeit wird sich ausbreiten wie ein Lauffeuer.«
Sarah lachte leise, denn sie wusste, dass es
stimmte. Sowie sie den kurzen Fußmarsch zur Stadt zurückgelegt hatten, schlug
sie den Weg zum Lebensmittelladen ein, da sie entschlossen war, es hinter sich
zu bringen.
»Harrington tut mir schon ein bisschen Leid«, sagte
Damon, als er mit Sarah durch die Hauptstraße lief. »Manchmal schaut er bei mir
herein und ich finde ihn sehr nett.« Er streckte eine Hand aus und verflocht
seine Finger mit ihren.
»Bist du ganz sicher, dass du das willst?« Sarahs
Stimme klang skeptisch. »Wenn du in der Öffentlichkeit meine Hand hältst,
rückst du ins grelle Scheinwerferlicht. Gerüchte werden die Runde machen,
schneller als eine Möwe fliegt. Ich weiß, wie viel dir daran liegt, deine
Privatsphäre zu wahren.«
»Das gilt für die Zeit, bevor ich mich zur Ruhe
gesetzt habe. Damals habe ich von morgens bis abends, wenn nicht gar bis spät
in die Nacht hinein gearbeitet und hatte kein Privatleben.« Damon lachte leise.
Er war glücklich. Allein schon ihr Anblick machte ihn glücklich. Spaziergänge
mit ihr. Gespräche mit ihr. Es war kaum zu fassen, wie froh er in ihrer
Gesellschaft war. Es leuchtete ihm überhaupt nicht ein, aber er dachte im Traum
nicht daran, ein Geschenk des Himmels in Frage zu stellen. »Wir könnten ihnen
doch gleich einen richtigen Anlass für ihren Klatsch geben.«
Sarahs Gelächter wurde von einer leichten Brise
fortgetragen, ein melodischer Klang, der durch die Straßen zog. »Nicht
›Klatsch‹, Damon, sondern ›Neuigkeiten‹. Hier wird grundsätzlich nicht
geklatscht. Das musst du wissen.«
Damon lauschte dem Geräusch ihrer Schuhe auf den
hölzernen Planken des Gehsteigs. Mit Sarah war alles ganz anders. Er hatte das
Gefühl, endlich nach Hause gekommen zu sein. Sein Blick fiel auf die
pittoresken Häuser in ihrer Umgebung. Hier war alles so malerisch und ganz
einmalig. Nichts kam ihm mehr fremdartig oder feindselig vor; die Leute waren
verschroben, aber liebenswert. Wie hatte Sarah das geschafft? Die mysteriöse
Sarah. Sogar der Wind hatte sie bei ihrer Rückkehr willkommen geheißen. Damons
Finger spannten sich fester um ihre und er zog sie näher an sich. Er war nicht
ganz sicher, dass Sarah menschlich war, und er fürchtete, sie könnte ihm ohne
jede Vorwarnung davonfliegen und sich den Vögeln weit draußen über dem Meer
anschließen.
Sie winkte einer jungen Frau zu, die auf einer
Veranda stand. »An den Leuten hier ist nichts auszusetzen, Damon. Du wirst in
deinem ganzen Leben nirgendwo toleranteren Menschen begegnen als denen, die
hier leben.«
»Sogar Harrington?«, fragte er mit leisem Spott.
»Mir tut er auch manchmal leid«, antwortete Sarah
ernsthaft. »Die meiste Zeit ist Jonas fürsorglich und mitfühlend und kommt mit
allen sehr gut aus. Nur wenn es um Hannah geht, weigert er sich hartnäckig, die
Wahrheit zu erkennen. Er schaut
Weitere Kostenlose Bücher