Drake Schwestern 01-02 - Daemmerung des Herzens-06.07.12-OK
bevor sie gemeinsam mit ihren Schwestern
anrückte und Irenes Hoffnungen weckte. »Wir wollen ihn nur für ein paar Minuten
besuchen«, fügte sie hastig hinzu. »Wir werden ihn nicht ermüden.«
Irenes Miene hellte sich gewaltig auf. »Danke,
Sarah. Natürlich können Sie mitbringen, wen Sie wollen. Ich habe Drew schon
erzählt, dass Sie vielleicht mal nach ihm sehen. Er war richtig aufgeregt. Es
wird ihn freuen, Gesellschaft zu haben. Selbst seine Freunde sieht er kaum
noch.«
»Ich kann es kaum erwarten, ihn zu sehen. Aber
machen Sie sich bloß keine Mühe, Irene. Als ich das letzte Mal zu Besuch
gekommen bin, haben Sie ein ganzes Buffet aufgefahren.« Sarah rieb Damons Arm.
»Irene ist eine wunderbare Köchin.«
»Das kann man wohl sagen«, stimmte Inez
bereitwillig zu. »Ihre Backwaren sind bei jeder Wohltätigkeitsveranstaltung als
Erstes ausverkauft.«
Irene wirkte erfreut. Sie lächelte strahlend.
Damon war es warm ums Herz geworden. Jetzt strömte
diese Wärme in seinen Bauch und erhitzte sein Blut. Sarah verbreitete Sonnenschein
um sich herum. Darin musste ihr Geheimnis bestehen. Ihr schlugen, wohin sie
auch ging, allseits wohlwollende Reaktionen von anderen entgegen, weil sie sich
wirklich etwas aus ihren Mitmenschen machte. Sie war weitaus mehr als nur
tolerant, denn sie mochte ihre Nachbarn mit all ihren kleinen Eigenheiten
tatsächlich. Er konnte nichts dafür, dass sich Stolz in ihm regte. Womit hatte
er dieses Glück verdient?
Damon setzte sich die Sonnenbrille auf die Nase,
als sie über die Straße schlenderten. Er sah, dass sie auf den farbenfrohen
Geschenkartikelladen zugingen. »Willst du tatsächlich jemandem den Müll
sortieren, Sarah?«
»Nein, natürlich nicht, ich schaue nur kurz rein,
um hallo zu sagen. Vielleicht kaufen deine Verfolger ja ein Souvenir, das sie
an den Aufenthalt hier erinnert. Oder möglicherweise sogar ein Geschenk für
jemanden, das kann man nie wissen. Daher sichern wir uns am besten nach allen
Seiten ab«, erwiderte Sarah unbekümmert.
Damon lachte. »Sarah, meine Süße, ich glaube kaum,
dass Entführer sich die Zeit nehmen, ein Souvenir zu erwerben. Ich könnte mich
irren, aber mir kommt das eher unwahrscheinlich vor.«
Sarah strahlte ihn an und ihr Lächeln verschlug ihm
den Atem. Er wünschte, er hätte sie schon immer gekannt, sie schon viel eher in
seinem Leben und an seiner Seite gehabt. In all den Jahren, in denen er nur
gearbeitet und nie an etwas anderes gedacht hatte, war Sarah irgendwo gewesen.
Wenn er ihr eher begegnet wäre, hätte er sich möglicherweise früher zur Ruhe
gesetzt und ...
»Machst du dir überhaupt eine Vorstellung davon,
wie unglaublich verführerisch dein Mund ist, Damon?«, riss ihn Sarah aus seinen
Gedanken heraus. Ihre Stimme klang sachlich und nüchtern und doch ungemein
interessiert.
»Sarah! Sarah Drake! Juhu!« Eine große Frau mit
ungewöhnlich schöner Haut und den Proportionen einer Amazone winkte wie
verrückt, um sie abzufangen. Ein älterer Mann, offenbar ihr Vater, und ein
Teenager folgten ihr mit weitaus gemäßigteren Schritten.
Die Wolken, die noch vor wenigen Minuten so weit
weg gewesen waren, ballten sich unheilverkündend über dem Meer zusammen und
zogen mit großer Geschwindigkeit an Land. Der Wind heulte. Er wehte kräftig vom
Meer her und trug etwas Finsteres und Gefährliches mit sich. Eisige Finger
berührten Sarahs Gesicht. Die Berührung erschien ihr beinah wie eine
begeisterte Liebkosung ... oder wie eine Provokation. Sie beobachtete Damons
Gesicht und seinen Körper, als er die Last willig auf sich nahm. Seine
Schultern neigten sich und um seinen Mund herum bildeten sich kleine Falten. Er
schien es gar nicht bewusst wahrzunehmen, da ihm sein grimmiger Begleiter schon
viel zu vertraut war.
Sie rückte näher zu Damon, um ihn instinktiv zu
beschützen, als der Mann und der Junge der Frau folgten und näher kamen. Das
Lächeln zur Begrüßung verblasste auf Sarahs Gesicht. Ein Schatten fiel auf den
Bürgersteig und schlängelte sich heran, ein großes, dunkles Netz, das zum Fang
ausgeworfen worden war. »Patsy, wir haben uns schon so lange nicht mehr
gesehen.« Aber ihr Blick war auf den älteren Mann gerichtet. »Mr. Granger. Wie
schön, Sie wieder zu sehen. Und auch dich, Pete. Es freut mich sehr, dass wir
einander begegnet sind. Ich schaue demnächst mal bei Drew rein. Dann kann ich
ihm sagen, dass ich dich gesehen habe. Ich wette, er freut sich, wenn er etwas
von dir hört.«
Pete Granger
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