Drake Schwestern 01-02 - Daemmerung des Herzens-06.07.12-OK
fragte Sarah.
Sie konnte ihren Blick nicht von ihm losreißen und sah ihm weiterhin gebannt in
die Augen. Sie wollte ihn. Sie verzehrte sich nach ihm. Sie wollte dringend mit
ihm allein sein, ganz gleich, wo, Hauptsache, sie waren allein miteinander.
»So darfst du mich nicht ansehen«, sagte Damon.
»Ich gehe in Flammen auf und ich bin viel zu alt, um mich zu benehmen wie ein
Teenager.«
»Nein, das bist du eben nicht«, widersprach ihm
Sarah. »Tu das ruhig, mich stört es überhaupt nicht.« Sie wandte den Blick zur
Straße um, ohne sich aus seinen Armen zu lösen. »Ich glaube, Inez fällt jeden
Moment aus dem Fenster. Die Arme, sie wird zwangsläufig ihr Augenlicht
verlieren, wenn sie so weitermacht. Ich hätte ihr vorschlagen sollen, dass sie
sich eine neue Brille kauft. Ich werde Abbey sagen, dass sie es ihr sagen soll.
Bei Inez muss man vorsichtig sein, sie ist so empfindlich.«
Sarah sagte das mit einer Aufrichtigkeit, die ihm
das Herz zerriss. »Ich konnte nie mit Menschen umgehen. Zu keiner Zeit meines
Lebens. Noch nicht mal im College. Sie sind mir immer alle auf die Nerven
gegangen. Bücher und mein Labor waren mir lieber als Gespräche mit meinen
Mitmenschen«, gestand er, weil er ihr begreiflich machen wollte, wie sehr sie
ihn schon jetzt verändert hatte. Er begann tatsächlich, sich etwas aus Inez zu
machen, und das war schlichtweg erschreckend. Er fand die Einwohner des
Städtchens interessant, nachdem er sie mit Sarahs Augen gesehen hatte.
»Lass uns zu mir nach Hause gehen«, schlug er vor.
»Hast du nicht gesagt, diese Alarmanlage, die du bei mir installiert hast,
könnte Macken haben?«
»Ich bin ganz sicher, dass ich sie noch einmal
überprüfen muss«, stimmte Sarah ihm zu, »aber vorher muss ich erst noch diesen
einen Besuch machen. Ich habe es Inez versprochen.«
9.
Der kleine Geschenkartikelladen war freundlich und
hell.
Keltische Musik spielte leise im Hintergrund. Eine
Seite des Verkaufsraums wurde vollständig von New-Age-Literatur und von
Halbedelsteinen in allen erdenklichen Farbtönen eingenommen, während die andere
Feen und Drachen und mythologischen Geschöpfen vorbehalten war. Damon war
darauf eingestellt gewesen, ein wüstes Durcheinander vorzufinden, nachdem er
die Bemerkungen über das mangelnde Recycling-Bewusstsein der Inhaberin gehört
hatte, doch die Verkaufsräume blinkten.
»Ich glaube, Donna kennt sich durchaus mit
Recycling aus«, flüsterte Damon Sarah ins Ohr. »Wahrscheinlich hat sie ihre
Kenntnisse aufgefrischt, nachdem sie gesehen hat, wie Inez sie mit geschürzten
Lippen durch die Schaufensterscheibe anschaut und dabei die Arme in die Hüften
stemmt.« Seine Zähne knabberten einen Moment lang an Sarahs Ohr und sandten
einen Schauer durch ihren ganzen Körper. »Lass uns von hier verschwinden,
solange wir noch Gelegenheit dazu haben.«
Sarah schüttelte den Kopf. »Ich habe eindeutig das
Gefühl, wir sollten unter allen Umständen noch heute mit Donna reden.« Ein
Ausdruck der Verwunderung trat auf ihr Gesicht und ihre Stirn zog sich in
Falten.
Damon spürte, wie sich in seinem Innern etwas regte
und sich dann um sein Herz schlang. Wissen keimte in ihm auf.
Und Glaube. Seine Weltsicht gründete sich auf Logik
und wissenschaftliche Abhandlungen, und doch wusste er, dass Sarah sich von anderen
Menschen unterschied. Er wusste, dass sie magische Kräfte besaß. Die mysteriöse
Sarah war nach Hause zurückgekehrt und gemeinsam mit ihr hatte eine nicht näher
bestimmbare Kraft, die man beim besten Willen nicht ignorieren konnte, ihren
Einzug gehalten. Er selbst konnte sie deutlich wahrnehmen, da er mittlerweile
einige Zeit mit ihr verbracht hatte. Diese Kraft war ganz real vorhanden. Er
konnte sie zwar nicht erklären, aber er wusste, dass sie da war, tief in Sarahs
Innerem.
Dieses Wissen erleichterte es ihm enorm, die
verblüffende Intensität ihrer gegenseitigen Anziehungskraft zu akzeptieren. Es
half ihm sogar dabei, an die gewaltigen Gefühle zu glauben, die er ihr schon
jetzt entgegenbrachte. Wie konnte man sich auf den ersten Blick verlieben? Diese
Vorstellung hatte ihn immer zu spöttischen Bemerkungen veranlasst, und doch
nahm Sarah bereits einen großen Platz in seinem Herzen ein, obwohl er sie erst
seit ein paar Tagen kannte.
»Wenn du das sichere Gefühl hast, wir sollten mit
Donna reden, dann lass uns sehen, dass wir sie so schnell wie möglich finden«,
stimmte er bereitwillig zu. Sarah hatte ihn für alle Zeiten verändert. Er
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