Drake Schwestern 01-02 - Daemmerung des Herzens-06.07.12-OK
die Augen und nahm ihn
mit ihrem Blick gefangen. Sie wartete auf den Namen.
An der Tür begrüßte Hannah Jonas Harrington. »Wie
üblich bist du etwas zu spät dran. Du bist schon in der Schule immer zu spät
gekommen. Anscheinend hast du diese schlechte Angewohnheit bis heute nicht
abgelegt. Dir hat es wohl großen Spaß gemacht, mindestens zehn Minuten nach dem
Läuten deinen großen Auftritt zu haben.« Sie hatte einen Arm in die Hüfte
gestemmt und warf ihre seidige Mähne wie schimmerndes Silber über ihre
Schultern. »Damals war es kindisch, aber heute ist es unprofessionell.«
Er baute sich absichtlich viel zu dicht vor ihr auf
und bedrängte sie mit seinem wesentlich größeren und breiteren Körper. »Dich
hätte schon längst mal jemand übers Knie legen sollen.« Er sagte die Worte so
leise, dass niemand außer ihr sie hören konnte, und im nächsten Moment schob er
sie zur Seite und stürmte ins Haus. Für einen Sekundenbruchteil bohrten sich
seine funkelnden Augen in sie wie glühende Kohlen.
Sämtliche Frauen im Zimmer reagierten darauf und
sahen Jonas mit finsteren Blicken an. Hannah hob eine Hand, um stumm zu
gestehen, dass sie ihn provoziert hatte. Sie ließ die übrigen Polizeibeamten
ein, bevor sie die Hunde ins Schlafzimmer brachte. Damon fiel auf, dass sie
nicht zurückkam.
Sämtliche Frauen waren erschöpft. Damon wünschte,
alle anderen wären schon wieder fort. Es schien ihm wichtiger, den
Drake-Schwestern frisch gefüllte Teetassen in die Hände zu drücken, sie
ordentlich zuzudecken und sie vor neugierigen Blicken zu beschützen. Er blieb
an Sarahs Seite, während sie wiederholt verhört wurde. Der ärztliche
Leichenbeschauer nahm die Leiche mit und die Leute von der Spurensicherung
sahen sich am Tatort um.
Jede der Schwestern legte ihre unabhängige
Zeugenaussage ab, und daher schien es eine Ewigkeit zu dauern, bis Damon wieder
der Herr im Haus war. »Danke, Abbey, ich weiß nicht, wie du es geschafft hast,
diesen Namen aus ihm herauszuholen, aber jetzt lässt sich hoffentlich
verhindern, dass weitere Personen Jagd auf mich machen.«
Abbey schloss die Augen und ließ ihren Kopf an die
Rückenlehne des Sessels sinken. »Es war mir ein Vergnügen. Würdest du bitte den
Anruf entgegennehmen? Sag Elle, wir sind zu müde, um mit ihr zu reden, aber sie
soll den anderen Bescheid sagen, dass uns nichts fehlt.«
»Das Telefon läutet doch gar nicht.« Aber er war
schon auf dem Weg in die Küche, um den Anruf entgegenzunehmen. Natürlich
läutete das Telefon nicht. Noch nicht. Aber es würde läuten. Und genau das tat
es auch. Damon beteuerte Elle, er würde ihre Schwestern nicht allein lassen und
es gäbe auch keinen Grund zur Sorge mehr.
Es schien Stunden zu dauern, bevor er endlich
wieder mit Sarah allein war. Mit seiner Sarah. Erst dann konnte er ihr Gesicht
in seine Hände nehmen und sie mit all der Zärtlichkeit küssen, die er für sie
empfand. »Ich habe etwas Eigentümliches gesehen, einen Schatten, finster und
grimmig. Ich hatte das Gefühl, er hätte auf mir gelastet und sei ständig bei
mir gewesen, aber jetzt ist er verschwunden. Es klingt lachhaft, Sarah, aber
ich fühle mich so erleichtert, als sei eine schwere Last von mir genommen
worden. Du weißt, wovon ich rede, nicht wahr?«
»Ja«, sagte sie schlicht und einfach.
Sein Blick glitt liebevoll über ihr Gesicht. »Du
siehst so müde aus. Ich würde dich ja gern ins Bett tragen, aber das würde ich
selbst dann nicht schaffen, wenn ich mich wirklich anstrengen würde.«
Sie rang sich ein schwaches Lächeln ab. »Es würde
nichts ausmachen, wenn du mich auf den Boden fallen ließest. Ich würde auf der
Stelle einschlafen.«
Er half ihr durch den Flur zur Treppe. »Hannah
bewohnt das Turmzimmer, von dem aus man zu den Zinnen gelangt, nicht wahr?«
Sarah freute sich darüber, dass er von selbst
darauf gekommen war. »Das Meer übt eine starke Anziehungskraft auf sie aus. Der
Wind und der Regen locken sie an. Es hilft ihr, sich dort aufzuhalten, hoch
oben, wo sie all das sehen kann. Ich bin froh, dass du es verstehst.«
Er stieg hinter ihr die Treppe hinauf, jederzeit
bereit, ihren Fall zu bremsen, falls es nötig werden sollte. Bereit, alles zu
tun, was erforderlich war, um sie zu beschützen. »Es überrascht mich, dass ich
die Kraft in diesem Haus deutlich wahrnehme, aber es ist nun mal so. Ich bin
Wissenschaftler. Nichts von alledem leuchtet mir ein. Mir ist unbegreiflich,
was ihr seid, du und deine Schwestern. Himmel
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