Drake Schwestern 07 - Sturm der Gefuehle-01.07.12
lebendig bist, dann hilf uns, sie zu finden. Hilf mir, sie zu finden.
Unter seiner Handfläche wellte sich die Wand, und einen Moment lang glaubte er den Klang weiblicher Stimmen zu hören, die sich in der Ferne erhoben.
Er drehte sich zu den Drake-Schwestern um, doch die sahen einander mit weit aufgerissenen Augen und leicht schockierten Gesichtern an. Er ließ seine Hand sinken und begab sich wieder in die Mitte des Zimmers. »Der Sturm ist beinah über uns. Lasst es uns hinter uns bringen.«
»Das Haus hat mit dir gesprochen«, sagte Sarah. »Jackson, weißt du, was das heißt?«
Seine dunklen Augen glitten über ihr Gesicht und nahmen ihr Erstaunen wahr. »Hast du wirklich geglaubt, Elle gehörte nicht zu mir?« Seine Stimme war ruhig. Leise. Sogar sanft. Die Drohung, die darin mitschwang, hallte so deutlich durch den Raum, dass Damon sich von seinem Platz an der Wand wegbewegte und zu Sarah humpelte; sein Stock trug sein Gewicht, als er einen Arm um sie legte.
»Jackson, wir alle wissen, dass du für Elle bestimmt bist«, sagte Sarah leise. »Du bist derjenige, der Vorbehalte hat, nicht wir.« Er spürte den Pfeil in der Magengrube. Verdammt noch mal, sie hatte Recht. Die anderen behaupteten, Sarah könnte manchmal in die Zukunft blicken, und im Moment hatte sie die Aura einer Seherin. Sie sah zu viel, und das, was in ihm war, eignete sich nicht dafür, von einer Frau gesehen zu werden, und am allerwenigsten von einer Drake und zugleich der Schwester der Frau, die er heiraten würde.
Er konnte den Duft der Kräuter riechen, die jede Schwester zur Läuterung vor dem Zeremoniell benutzt hatte. Das Pentagramm war mit Mosaikfliesen in der Mitte des Kreises ausgelegt. Kerzen erhellten den Weg in vier Richtungen. Er holte tief Atem und zwang sich vorzutreten, als Hannah ihm bedeutete, seinen Platz in der Mitte einzunehmen. Jede Schwester saß in der Nähe einer Spitze des sternförmigen Pentagramms, und Jonas und Ilja sanken neben ihre Frauen, so dicht, dass ihre Schenkel einander berührten. Aleksandr, Abigails Mann, riss die Türflügel auf,, um den Sturm ins Haus zu lassen. Das war nicht seine Art, die Dinge zu handhaben, aber so hielten es die Drakes und so hatten sie es über Hunderte von Jahren gehalten. Es war auch Elles Welt, und er brauchte die Kraft ihrer Familie, um sie herbeizuzitieren, die Brücke zu errichten und an die Informationen zu kommen, die sie unbedingt brauchten.
Draußen tobte der Wind und ächzte, erhob sich und legte sich wieder wie die tosende Brandung. Jackson holte tief Atem und sog den salzigen Dunst in sich auf. Regen begann zu fallen, ein leichter Nieselregen, der einen wesentlich heftigeren Schauer ankündigte. Donner dröhnte, als sich gerade eine Welle an den Felsen brach und weißes Wasser einen Geysir bildete, der in die Luft geschleudert wurde. Jackson konnte die weiße Gischt sehen, die hoch über die Klippe sprühte und dann wieder aus dem Blickfeld verschwand.
Unbewusst rieb er seine Handfläche am Fußboden und strich damit über die Mosaikfliesen, die Elles Ahninnen vor hundert Jahren dort angeordnet hatten. Er fühlte das Leben in ihnen, Wärme auf seiner Haut, als atmete das Mosaik. Wieder hörte er aus weiter Ferne die zarten weiblichen Stimmen. Einige redeten in einer uralten Sprache, andere in einer moderneren, doch alle flüsterten ihm zu, er solle stark sein, sie seien bei ihm. Er hatte nie nach einer eigenen Familie gesucht oder sie sich gewünscht, ebenso wenig kannte er Eintracht oder Zugehörigkeit. Das war nichts für ihn. Und doch war er jetzt hier, all dem zugehörig, was er von sich gestoßen hatte – das Haus, die Familie, die Frau.
Elle. Bleib für mich am Leben. Glaube an mich.
Er verlangte das von ihr, was er selbst nicht getan hatte. Er hätte an das glauben sollen, was Elle ihm anbot. Liebe. Vorbehaltlose Liebe. Elle hatte ihn still beobachtet und darauf gewartet, dass er erkennen würde, was er vor Augen hatte. Er wollte keine uneingeschränkte Liebe, sondern bedingungslose Kapitulation.
Ihr Wille sollte sich seinem beugen. Er wollte sich nicht aus einem relativ neutralen angstfreien Bereich hinausbegeben, sondern innerhalb der Grenzen bleiben, in denen er sich halbwegs wohlfühlte; und er wollte, dass Elle zu ihm kam und sich nach seinen Vorstellungen richtete. Er hatte die Gewalttätigkeit in seinem Innern nicht preisgeben wollen. Er hatte akzeptiert werden wollen, ohne sich selbst wirklich einbringen zu müssen.
Und er hatte sie
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