Dramatische Werke
heimliche Flucht der Gedanken – Gleich verdächtigen Brüdern, die auf eine schwarze That ausgehen, auf den Zehen schleichen und ihr flammroth Gesicht furchtsam zu Boden schlagen, stehlen sich die üppigen Phantome an meiner Seele vorbei – Haltet! haltet! Laßt mich euch ins Angesicht leuchten – ein guter Gedanke stählet des Mannes Herz und zeigt sich heldenmäßig dem Tage. – Ha! ich kenne euch! – das ist die Liverei des ewigen Lügners – verschwindet! (Wieder Pause, darauf lebhafter.) Republikaner Fiesco? Herzog Fiesco? – Gemach – Hier ist der gähe Hinuntersturz, wo die Mark der Tugend sich schließt, sich scheiden Himmel und Hölle – Eben hier haben Helden gestrauchelt, und Helden sind gesunken, und die Welt belagert ihren Namen mit Flüchen – Eben hier haben Helden gezweifelt, und Helden sind still gestanden und Halbgötter geworden – (Rascher.) Daß sie mein sind, die Herzen von Genua? Daß von meinen Händen dahin, dorthin sich gängeln läßt das furchtbare Genua? – O über die schlaue Sünde, die einen Engel vor jeden Teufel stellt – Unglückselige Schwungsucht! uralte Buhlerei! Engel küßten an deinem Halse den Himmel hinweg, und der Tod sprang aus deinem kreißenden Bauche – (Sich schaudernd schüttelnd.) Engel fingst du mit Sirenentrillern von Unendlichkeit – Menschen angelst du mit Gold, Weibern und Kronen! (Nach einer nachdenkenden Pause, fest.) Ein Diadem erkämpfen ist groß . Es wegwerfen ist göttlich . (Entschlossen.) Geh unter, Tyrann! Sei frei, Genua, und ich (sanft geschmolzen) dein glücklichster Bürger!
Dritter Aufzug.
Furchtbare Wildniß.
Erster Auftritt.
Verrina . Bourgognino kommen durch die Nacht.
Bourgognino (steht still.)
A wohin führst du mich, Vater? Der dumpfe Schmerz, womit du mich abriefst, keucht noch immer aus deinem arbeitenden Odem. Unterbrich dieses grauenvolle Schweigen. Rede. Ich folge nicht weiter.
Verrina.
Das ist der Ort.
Bourgognino.
Der schrecklichste, den du auffinden konntest. Vater, wenn Das, was du hier vornehmen wirst, dem Orte gleich sieht, Vater, so werden meine Haarspitzen aufwärts springen.
Verrina.
Doch blühet das, gegen die Nacht meiner Seele. Folge mir dahin, wo die Verwesung Leichname morsch frißt, und der Tod seine schaudernde Tafel hält – dahin, wo das Gewinsel verlorner Seelen Teufel belustigt, und des Jammers undankbare Thränen im durchlöcherten Sieb der Ewigkeit ausrinnen – dahin, mein Sohn, wo die Welt ihre Losung ändert, und die Gottheit ihr allgütiges Wappen bricht – dort will ich zu dir durch Verzerrungen sprechen, und mit Zähneklappern wirst du hören.
Bourgognino.
Hören? Was? ich beschwöre dich.
Verrina.
Jüngling! ich fürchte – Jüngling, dein Blut ist rosenroth – dein Fleisch ist milde geschmeidig; dergleichen Naturelle fühlen menschlich weich; an dieser empfindenden Flamme schmilzt meine grausame Weisheit. Hätte der Frost des Alters oder der bleierne Gram den fröhlichen Sprung deiner Geister gestellt – hätte schwarzes, klumpigtes Blut der leidenden Natur den Weg zum Herzen gesperrt, dann wärst du geschickt, die Sprache meines Grams zu verstehen und meinen Entschluß anzustaunen.
Bourgognino.
Ich werde ihn hören und mein machen.
Verrina.
Nicht darum, mein Sohn – Verrina wird damit dein Herz verschonen. O Scipio, schwere Lasten liegen auf dieser Brust – ein Gedanke, grauenvoll, wie die lichtscheue Nacht – ungeheuer genug, eine Mannsbrust zu sprengen – Siehst du? Allein will ich ihn vollführen – allein tragen kann ich ihn nicht. Wenn ich stolz wäre, Scipio, ich könnte sagen, es ist eine Qual, der einzige große Mann zu sein – Größe ist dem Schöpfer zur Last gefallen, und er hat Geister zu Vertrauten gemacht – Höre, Scipio –
Bourgognino.
Meine Seele verschlingt die deinige.
Verrina.
Höre, aber erwiedre nichts. Nichts, junger Mensch! Hörst du? Kein Wort sollst du drauf sagen – Fiesco muß sterben!
Bourgognino (mit Bestürzung).
Sterben? Fiesco?
Verrina.
Sterben! – Ich danke dir, Gott! es ist heraus – Fiesco sterben, Sohn, sterben durch mich! – Nun geh – es gibt Thaten, die sich keinem Menschen-Urtheil mehr unterwerfen – nur den Himmel zum Schiedsmann erkennen – Das ist eine davon. Geh. Ich will weder deinen Tadel, noch deinen Beifall. Ich weiß, was sie mich kostet, und damit gut. Doch höre – du könntest dich wohl gar wahnsinnig daran denken – Höre – sahest du ihn gestern in unsrer Bestürzung sich
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