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Dramatische Werke

Dramatische Werke

Titel: Dramatische Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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spiegeln? – Der Mann, dessen Lächeln Italien irre führte, wird er seines Gleichen in Genua dulden? – Geh. Den Tyrannen wird Fiesco stürzen, das ist gewiß! Fiesco wird Genuas gefährlichster Tyrann werden, das ist gewisser!
    (Er geht schnell ab. Bourgognino blickt ihm staunend und sprachlos nach, dann folgt er ihm langsam.)
Zweiter Auftritt.
    Saal bei Fiesco.
    In der Mitte des Hintergrunds eine große Glasthüre, die den Prospect über das Meer und Genua öffnet. Morgendämmerung. – Fiesco vom Fenster.
    Was ist das? – der Mond ist unter – Der Morgen kommt feurig aus der See – Wilde Phantasieen haben meinen Schlaf aufgeschwelgt – mein ganzes Wesen krampfig um eine Empfindung gewälzt – Ich muß mich im Offenen dehnen. (Er macht die Glasthüre auf. Stadt und Meer von Morgenroth überflammt. Fiesco mit starken Schritten im Zimmer.) Daß ich der größte Mann bin im ganzen Genua? und die kleineren Seelen sollten sich nicht unter die große versammeln? – Aber ich verletze die Tugend? (steht still.) Tugend? – Der erhabene Kopf hat andre Versuchungen, als der gemeine – Sollt' er Tugend mit ihm zu theilen haben? – Der Harnisch, der des Pygmäen schmächtigen Körper zwingt, sollte der einem Riesenleib anpassen müssen?
    Die Sonne geht auf über Genua.
    Diese majestätische Stadt! (Mit offenen Armen dagegen eilend.) Mein! – und drüber emporzuflammen, gleich dem königlichen Tag – drüber zu brüten mit Monarchenkraft – all die kochenden Begierden – all die nimmersatten Wünsche in diesem grundlosen Ocean unterzutauchen? — Gewiß! Wenn auch des Betrügers Witz den Betrug nicht adelt, so adelt doch der Preis den Betrüger. Es ist schimpflich, eine Börse zu leeren – es ist frech, eine Million zu veruntreuen, aber es ist namenlos groß, eine Krone zu stehlen. Die Schande nimmt ab mit der wachsenden Sünde. (Pause, dann mit Ausdruck.) Gehorchen! – Herrschen! – ungeheure schwindlichte Kluft – Legt Alles hinein, was der Mensch Kostbares hat – eure gewonnenen Schlachten, Eroberer – Künstler, eure unsterblichen Werke – eure Wollüste, Epikure – eure Meere und Inseln, ihr Weltumschiffer! Gehorchen und Herrschen! – Sein und Nichtsein! Wer über den schwindlichten Graben vom letzten Seraph zum Unendlichen setzt, wird auch diesen Sprung ausmessen. (Mit erhabenem Spiel.) Zu stehen in jener schrecklich erhabenen Höhe – niederzuschmollen in der Menschlichkeit reißenden Strudel, wo das Rad der blinden Betrügerin Schicksale schelmisch wälzt – den ersten Mund am Becher der Freude – tief unten den geharnischten Riesen Gesetz am Gängelbande zu lenken – schlagen zu sehen unvergoltene Wunden, wenn sein kurzarmiger Grimm an das Geländer der Majestät ohnmächtig poltert – die unbändigen Leidenschaften des Volks, gleich so viel strampfenden Rossen, mit dem weichen Spiele des Zügels zu zwingen – den emporstrebenden Stolz der Vasallen mit einem – einem Athemzug in den Staub zu legen, wenn der schöpferische Fürstenstab auch die Träume des fürstlichen Fiebers ins Leben schwingt. – Ha! welche Vorstellung, die den staunenden Geist über seine Linien wirbelt! – Ein Augenblick Fürst hat das Mark des ganzen Daseins verschlungen. Nicht der Tummelplatz des Lebens – sein Gehalt bestimmt seinen Werth. Zerstücke den Donner in seine einfachen Silben, und du wirst Kinder damit in den Schlummer singen; schmelze sie zusammen in einen plötzlichen Schall, und der monarchische Laut wird den ewigen Himmel bewegen – Ich bin entschlossen! (Heroisch auf und nieder.)
Dritter Auftritt.
    Voriger . Leonore tritt herein mit merklicher Angst.
    Leonore.
Vergeben Sie, Graf. Ich fürchte, Ihre Morgenruhe zu stören.
    Fiesco (tritt höchst betreten zurück.)
Gewiß, gnädige Frau, Sie überraschen mich seltsam.
    Leonore.
Das begegnet nur den Liebenden nie.
    Fiesco.
Schöne Gräfin, Sie verrathen Ihre Schönheit an den feindlichen Morgenhauch.
    Leonore.
Auch wüßt' ich nicht, warum ich den wenigen Rest für den Gram schonen sollte.
    Fiesco. Gram , meine Liebe? Stand ich bisher im Wahn, Staaten nicht umwühlen wollen , hieße Gemüthsruhe?
    Leonore.
Möglich – Doch fühl' ich, daß meine Weiberbrust unter dieser Gemüthsruhe bricht. Ich komme, mein Herr, Sie mit einer nichtsbedeutenden Bitte zu belästigen, wenn Sie Zeit für mich wegwerfen möchten. Seit sieben Monaten hatt' ich den seltsamen Traum, Gräfin von Lavagna zu sein. Er ist verflogen. Der Kopf schmerzt mir davon. Ich

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