Dramatische Werke
Sie sind ein wilder Gast.
(Gianettino will hinaus und stößt auf Fiesco.)
Zehnter Auftritt.
Fiesco kommt.
Gianettino (zurückfahrend).
Ha!
Fiesco (zuvorkommend, verbindlich).
Prinz, Sie überheben mich eines Besuchs, den ich mir eben vorbehalten hatte –
Gianettino.
Auch mir, Graf, konnte nichts Erwünschters als Ihre Gesellschaft begegnen.
Fiesco (tritt zu Julien, küßt ihr respectvoll die Hand).
Man ist es bei Ihnen gewohnt, Signora, immer seine Erwartungen übertroffen zu sehen.
Julia.
Pfui doch, das würde bei einer Andern zweideutig lauten – Aber ich erschrecke an meinem Negligé. Verzeihen Sie, Graf. (Will in ihr Kabinet fliegen.)
Fiesco.
O bleiben Sie, schöne gnädige Frau! Das Frauenzimmer ist nie so schön, als im Schlafgewand, (lächelnd) es ist die Tracht seines Gewerbes – Diese hinaufgezwungenen Haare – Erlauben Sie, daß ich sie ganz durcheinander werfe.
Julia.
Daß ihr Männer so gerne verwirret!
Fiesco (unschuldig gegen Gianettino).
Haare und Republiken! Nicht wahr, das gilt uns gleichviel? – Und auch dieses Band ist falsch angeheftet – Setzen Sie sich, schöne Gräfin – Augen zu betrügen versteht Ihre Laura, aber nicht Herzen – Lassen Sie mich Ihre Kammerfrau sein. (Sie setzt sich, er macht ihr den Anzug zurecht.)
Gianettino (zupft den Lomellin).
Der arme, sorglose Wicht!
Fiesco (an Juliens Busen beschäftigt).
Sehen Sie – dieses verstecke ich weislich. Die Sinne müssen immer nur blinde Briefträger sein und nicht wissen, was Phantasie und Natur mit einander abzukarten haben.
Julia.
Das ist leichtfertig.
Fiesco.
Ganz und gar nicht, denn, sehen Sie, die beste Neuigkeit verliert, sobald sie Stadtmärchen wird – Unsre Sinne sind nur die Grundsuppe unsrer innern Republik. Der Adel lebt von ihnen, aber erhebt sich über ihren platten Geschmack. (Er hat sie fertig gemacht und führt sie vor den Spiegel.) Nun, bei meiner Ehre! dieser Anzug muß morgen Mode in Genua sein. (Fein.) Darf ich Sie so durch die Stadt führen, Gräfin?
Julia.
Ueber den verschlagenen Kopf! Wie künstlich er's anlegte, mich in seinen Willen hineinzulügen! Aber ich habe Kopfweh und werde zu Hause bleiben.
Fiesco.
Verzeihen Sie, Gräfin – das können Sie, wie Sie wollen, aber Sie wollen es nicht – Diesen Mittag ist eine Gesellschaft florentinischer Schauspieler hier angekommen und hat sich erboten, in meinem Palaste zu spielen – Nun hab' ich nicht verhindern können, daß die meisten Edeldamen der Stadt Zuschauerinnen sein werden, welches mich äußerst verlegen macht, weil ich die vornehmste Loge besetzen soll, ohne meinen empfindlichen Gästen eine Sottise zu machen. Noch ist nur ein Ausweg möglich. (Mit einer tiefen Verbeugung.) Wollen Sie so gnädig sein, Signora?
Julia (wird roth und geht schleunig ins Kabinet).
Laura!
Gianettino (tritt zu Fiesco).
Graf, Sie erinnern sich einer unangenehmen Geschichte, die neulich zwischen uns Beiden vorfiel –
Fiesco.
Ich wünschte, Prinz, wir vergäßen sie Beide – Wir Menschen handeln gegen uns, wie wir uns kennen, und wessen Schuld ist's, als die meinige, daß mich mein Freund Doria nicht ganz gekannt hat?
Gianettino.
Wenigstens werd' ich nie daran danken, ohne Ihnen von Herzen Abbitte zu thun –
Fiesco.
Und ich nie, ohne Ihnen von Herzen zu vergeben – (Julia kommt etwas umgekleidet zurück.)
Gianettino.
Eben fällt es mir bei, Graf, Sie lassen ja gegen die Türken kreuzen?
Fiesco.
Diesen Abend werden die Anker gelichtet – Ich bin eben darum in einiger Besorgniß, woraus mich die Gefälligkeit meines Freundes Doria reißen könnte.
Gianettino (äußerst höflich).
Mit allem Vergnügen! – Befehlen Sie über meinen ganzen Einfluß!
Fiesco.
Der Vorgang dürfte gegen Abend einigen Auflauf gegen den Hafen und meinen Palast verursachen, welchen der Herzog, Ihr Oheim, mißdeuten könnten —
Gianettino (treuherzig).
Lassen Sie mich dafür sorgen. Machen Sie immer fort, und ich wünsche Ihnen viel Glück zur Unternehmung.
Fiesco (schmollt).
Ich bin Ihnen sehr verbunden.
Eilfter Auftritt.
Vorige . Ein Deutscher der Leibwache .
Gianettino.
Was soll's?
Deutscher.
Als ich das Thomasthor vorbeiging, sah ich gewaffnete Soldaten in großer Anzahl der Darsena zueilen und die Galeeren des Grafen von Lavagna segelfertig machen –
Gianettino.
Nichts Wichtigers? Es wird nicht weiter gemeldet.
Deutscher.
Sehr wohl. Auch aus den Klöstern der Kapuziner wimmelt verdächtiges Gesindel und schleicht über den Markt;
Weitere Kostenlose Bücher