Dramatische Werke
Nichtswürdiger!
Leicester.
Nicht meine gütige Elisabeth,
Den Lord vernehm ich, meinen Feind, in diesen
Unholden Worten – Ich berufe mich auf meine
Elisabeth – Du liehest ihm dein Ohr,
Das gleiche fordr' ich.
Elisabeth.
Redet, Schändlicher!
Vergroßert Euren Frevel! Leugnet ihn!
Leicester.
Laßt diesen Überlästigen sich erst
Entfernen – Tretet ab, Mylord – Was ich
Mit meiner Königin zu verhandeln habe,
Braucht keinen Zeugen. Geht.
Elisabet (zu Burleigh)
Bleibt. Ich befehl es!
Leicester.
Was soll der Dritte zwischen dir und mir!
Mit meiner angebeteten Monarchin
Hab ich's zu tun – Die Rechte meines Platzes
Behaupt ich – Es sind heil'ge Rechte!
Und ich bestehe drauf, daß sich der Lord
Entferne!
Elisabeth.
Euch geziemt die stolze Sprache!
Leicester.
Wohl ziemt sie mir, denn ich bin der Beglückte,
Dem deine Gunst den hohen Vorzug gab,
Das hebt mich über ihn und über alle!
Dein Herz verlieh mir diesen stolzen Rang,
Und was die Liebe gab, werd ich, bei Gott!
Mit meinem Leben zu behaupten wissen.
Er geh' – und zweier Augenblicke nur
Bedarf's mich mit dir zu verständigen.
Elisabeth.
Ihr hofft umsonst, mich listig zu beschwatzen.
Leicester.
Beschwatzen konnte dich der Plauderer,
Ich aber will zu deinem Herzen reden!
Und was ich im Vertraun auf deine Gunst
Gewagt, will ich auch nur vor deinem Herzen
Rechtfertigen – Kein anderes Gericht
Erkenn ich über mir als deine Neigung!
Elisabeth.
Schamloser! Ebendiese ist's, die Euch zuerst
Verdammt – Zeigt ihm den Brief, Mylord!
Burleigh.
Hier ist er!
Leicester (durchläuft den Brief, ohne die Fassung zu verändern).
Das ist der Stuart Hand!
Elisabeth.
Lest und verstummt!
Leicester (nachdem er gelesen hat, ruhig).
Der Schein ist gegen mich, doch darf ich hoffen,
Daß ich nicht nach dem Schein gerichtet werde!
Elisabeth.
Könnt Ihr es leugnen, daß Ihr mit der Stuart
In heimlichem Verständnis wart, ihr Bildnis
Empfingt, ihr zu Befreiung Hoffnung machtet?
Leicester.
Leicht wäre mir's, wenn ich mich schuldig fühlte,
Das Zeugnis einer Feindin zu verwerfen!
Doch frei ist mein Gewissen: ich bekenne,
Daß sie die Wahrheit schreibt!
Elisabeth.
Nun denn,
Unglücklicher!
Burleigh.
Sein eigner Mund verdammt ihn.
Elisabeth.
Aus meinen Augen. In den Tower – Verräter!
Leicester.
Der bin ich nicht. Ich hab gefehlt, daß ich
Aus diesem Schritt dir ein Geheimnis machte;
Doch redlich war die Absicht, es geschah
Die Feindin zu erforschen, zu verderben.
Elisabeth.
Elende Ausflucht –
Burleigh.
Wie, Mylord? Ihr glaubt –
Leicester.
Ich habe ein gewagtes Spiel gespielt,
Ich weiß, und nur Graf Leicester durfte sich
An diesem Hofe solcher Tat erkühnen.
Wie ich die Stuart hasse, weiß die Welt.
Der Rang, den ich bekleide, das Vertrauen,
Wodurch die Königin mich ehrt, muß jeden Zweifel
In meine treue Meinung niederschlagen.
Wohl darf der Mann, den deine Gunst vor allen
Auszeichnet, einen eignen kühnen Weg
Einschlagen, seine Pflicht zu tun.
Burleigh.
Warum,
Wenn's eine gute Sache war, verschwiegt Ihr?
Leicester.
Mylord! Ihr pflegt zu schwatzen, eh' Ihr handelt,
Und seid die Glocke Eurer Taten. Das
Ist Eure Weise, Lord. Die meine ist,
Erst handeln und dann reden!
Burleigh.
Ihr redet jetzo, weil Ihr müßt.
Leicester (ihn stolz und höhnisch mit den Augen messend).
Und Ihr
Berühmt Euch, eine wundergroße Tat
Ins Werk gerichtet, Eure Königin
Gerettet, die Verräterei entlarvt
Zu haben – Alles wißt Ihr, Eurem Scharfblick
Kann nichts entgehen, meint Ihr – Armer Prahler!
Trotz Eurer Spürkunst war Maria Stuart
Noch heute frei, wenn ich es nicht verhindert .
Burleigh.
Ihr hättet –
Leicester.
Ich, Mylord. Die Königin
Vertraute sich dem Mortimer, sie schloß
Ihr Innerstes ihm auf, sie ging so weit,
Ihm einen blut'gen Auftrag gegen die Maria
Zu geben, da der Oheim sich mit Abscheu
Von einem gleichen Antrag abgewendet –
Sagt! Ist es nicht so?
(Königin und Burleigh sehen einander betroffen an.)
Burleigh.
Wie gelangtet Ihr
Dazu? –
Leicester.
Ist's nicht so? – Nun, Mylord! Wo hattet
Ihr Eure tausend Augen, nicht zu sehn,
Daß dieser Mortimer Euch hinterging?
Daß er ein wütender Papist, ein Werkzeug
Der Guisen, ein Geschöpf der Stuart war,
Ein keck entschloßner Schwärmer, der gekommen,
Die Stuart zu befrein, die Königin
Zu morden –
Elisabeth (mit dem äußersten Erstaunen).
Dieser Mortimer!
Leicester.
Er war's, durch den
Maria Unterhandlung mit mir pflog,
Den ich auf diesem Wege
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