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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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Rettichen hausieren oder Novellen schreiben, wenn sie leben wollen.
    Anna
    Ich bin um die Schnürstiefel, in denen ich spazierengehe, besorgter als um deine Liebe zu mir. Weißt du auch, warum? Weil du der rücksichtsloseste Mensch bist und weil du nach nichts anderem in dieser Welt als nur nach deinem sinnlichen Vergnügen fragst! Deshalb würde ich auch, wenn du mich verläßt, wirklich nichts anderes als Mitleid mit dir empfinden können. Aber sieh dich vor, daß du nicht vorher selber verlassen wirst!
    v. Keith
Anna liebkosend
    Ich habe ein wechselvolles Leben hinter mir, aber jetzt denke ich doch ernstlich daran, mir ein Haus zu bauen; ein Haus mit möglichst hohen Gemächern, mit Park und Freitreppe. Die Bettler dürfen auch nicht fehlen, die die Auffahrt garnieren. Mit der Vergangenheit habe ich abgeschlossen und sehne mich nicht zurück. Dazu ging es zu oft um Leben und Tod. Ich möchte keinem Freunde raten, sich meine Laufbahn zum Muster zu nehmen.
    Anna
    Du bist allerdings nicht umzubringen.
    v. Keith
    Dieser Eigenschaft verdanke ich in der Tat auch so ziemlich alles, was ich bis jetzt erreicht habe. – Ich glaube, Anna, wenn wir beide in zwei verschiedenen Welten geboren wären, wir hätten uns dennoch finden müssen.
    Anna
    Ich bin allerdings auch nicht umzubringen.
    v. Keith
    Wenn uns die Vorsehung auch nicht durch unsere märchenhaften Geschmacksverwandtschaften füreinander bestimmt hätte, das eine haben wir doch jedenfalls miteinander gemein…
    Anna
    Eine unverwüstliche Gesundheit.
    v. Keith
setzt sich neben sie und liebkost sie
    Soweit es Frauen betrifft, sind mir nämlich Klugheit, Gesundheit, Sinnlichkeit und Schönheit unzertrennliche Begriffe, aus deren jedem sich die anderen drei von selbst ergeben. Wenn dieses Erbteil sich in unsern Kindern potenziert…
    Sascha ein dreizehnjähriger Laufbursche in galoniertem Jackett und Kniehosen, tritt vom Vorplatz ein und legt einen Armvoll Zeitungen auf den Mitteltisch.
    v. Keith
    Was sagt der Kommerzienrat Ostermeier?
    Sascha
    Der Herr Kommerzienrat gaben mir einen Brief mit. Er liegt bei den Zeitungen.
(Geht in das Wartezimmer ab.)
    v. Keith
hat den Brief geöffnet
    Das danke ich dem Zufall, daß du bei mir bist!
(Liest)
»… Ich habe mir von Ihrem Plane schon mehrfach erzählen lassen und bringe ihm ein lebhaftes Interesse entgegen. Sie treffen mich heute mittag gegen zwölf Uhr im Café Maximilian…« Das gibt mir die Welt in die Hände! Jetzt kann der alte Casimir meine Rückseite besehen, wenn er noch mitkommen will. Mit diesen Biedermännern im Bunde bleibt mir auch meine Alleinherrschaft unangetastet.
    Anna
hat sich erhoben
    Kannst du mir tausend Mark geben?
    v. Keith
    Bist du denn schon wieder auf dem trocknen?
    Anna
    Die Miete ist fällig.
    v. Keith
    Das hat bis morgen Zeit. Mache dir deswegen nicht die geringste Sorge darum.
    Anna
    Wie du meinst. Graf Werdenfels prophezeite mir auf seinem Sterbebette, ich werde das Leben noch einmal von der allerernstesten Seite kennenlernen.
    v. Keith
    Hätte er dich etwas richtiger eingeschätzt, dann wäre er vielleicht sogar selbst noch am Leben.
    Anna
    Bis jetzt hat sich seine Prophezeiung noch nicht bewahrheitet.
    v. Keith
    Ich schicke dir das Geld morgen mittag.
    Anna
während v. Keith sie hinausgeleitet
    Nein, bitte nicht; ich komme selber und hole es.
    Die Szene bleibt einen Augenblick leer. Dann kommt Molly Griesinger aus dem Wohnzimmer und räumt das Teegeschirr zusammen.
    v. Keith kommt vom Vorplatz zurück.
    v. Keith
ruft
    Sascha! –
(Nimmt eines der Bilder von der Wand)
Das muß mir über die nächsten vierzehn Tage hinweghelfen!
    Molly
    Du hoffst also immer noch, daß die Wirtschaft so fortgehen kann?
    Sascha
kommt aus dem Wartezimmer
    Herr Baron?
    v. Keith
gibt ihm das Bild
    Geh hinüber zu Tannhäuser. Er soll den Saranieff ins Fenster stellen. Ich gebe ihn für dreitausend Mark.
    Sascha
    Sehr wohl, Herr Baron.
    v. Keith
    In fünf Minuten komme ich selber. Warte!
(Er nimmt vom Schreibtisch eine Karte, auf der »3000 M.« steht, und befestigt sie unter dem Rahmen des Bildes)
Dreitausend Mark! –
(Geht zum Schreibtisch)
Ich muß nur vorher rasch noch einen Zeitungsartikel darüber schreiben.
(Sascha mit dem Bilde ab.)
    Molly
    Wenn sich bei der Großtuerei nur auch einmal eine Spur von reellem Erfolg sehen ließe!
    v. Keith
schreibend
    »Das Schönheitsideal der modernen Landschaft.«
    Molly
    Wenn dieser Saranieff malen könnte, dann brauchte man nicht erst Zeitungsartikel über

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