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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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Liebe fähig ist!
    Casti Piani
ihr das Haar streichelnd, ohne sie anzusehen
    Ihre übermenschlichen Opfer würden mir im besten Falle die Eingeweide umkehren. Zeit meines Lebens liebte ich Tigerinnen. Bei Hündinnen war ich immer ein Stück Holz. Mein Trost ist nur der, daß die Ehe, die Sie so begeistert preisen und für die die Hündinnen gezüchtet werden, eine Kultureinrichtung ist. Kultureinrichtungen entstehen, um überwunden zu werden. Die Menschheit wird die Ehe so gut überwinden, wie sie die Sklaverei überwunden hat. Der freie Liebesmarkt , auf dem die Tigerin ihre Triumphe feiert, gründet sich auf ein urewiges Naturgesetz der unabänderlichen Schöpfung . Und wie stolz steht das Weib in der Welt, sobald es das Recht erkämpft hat, sich, ohne gebrandmarkt zu werden, zum höchsten Preis, den der Mann ihm bietet, verkaufen zu können! Uneheliche Kinder sind bei der Mutter dann besser versorgt als die ehelichen beim Vater. Stolz und Ehrgeiz des Weibes sind dann nicht mehr der Mann , der ihm seine Stellung anweist, sondern die Welt , in der es sich den höchsten Platz erkämpft, den sein Wert ihm ermöglicht. Welch herrlichen, lebensfrischen Klang dann das Wort Freudenmädchen erhält! In der Geschichte des Paradieses steht, daß der Himmel dem Weib die Macht der Verführung verlieh. Das Weib verführt, wen es will. Das Weib verführt, wann es will. Es wartet nicht auf Liebe. Diese höllische Gefahr für unsere heilige Kultur bekämpft die bürgerliche Gesellschaft damit, daß sie das Weib in künstlicher Geistesumnachtung erzieht. Das heranwachsende Weib darf nicht wissen, was ein Weib zu sein bedeutet. Alle Staatsverfassungen könnten darüber den Hals brechen! Kein Henkerskniff ist der bürgerlichen Gesellschaft zu ihrer Verteidigung zu gemein! Mit jedem Kulturfortschritt dehnt sich der Liebesmarkt aus. Je klüger die Welt wird, um so größer der Liebesmarkt. Und diese Millionen von Freudenmädchen weist unsere gefeierte Kultur im Namen der Sittlichkeit auf den Hungertod hin oder raubt ihnen im Namen der Sittlichkeit Ehre und Lebensberechtigung, stößt sie im Namen der Sittlichkeit ins Tierreich hinab! Wie manches Jahrhundert lang soll noch himmelschreiende Unsittlichkeit die Welt mit dem Henkerbeile der Sittlichkeit verwüsten!
    Elfriede
tonlos wimmernd
    Heiraten Sie mich! Sie stehen außerhalb der Welt! Ich trage meine Hand heute zum erstenmal einem Manne an.
    Casti Piani
ihr das Haar streichelnd, ohne sie anzusehen
    . Brotkorbkultur! Brotkorbkultur! – Was wüßte die Welt von der ganzen Sittlichkeit, wenn der Mann die Liebe kommandieren könnte, wie er die Politik kommandiert!
    Elfriede
    Ich erhoffe von unserer Ehe gar kein höheres Glück, als zeit meines Lebens so vor Ihnen auf den Knien liegend, Ihren Worten lauschen zu dürfen!
    Casti Piani
ohne sie anzusehen
    Haben Sie sich denn je gefragt, was die Ehe ist?
    Elfriede
    Ich hatte bis zu dieser Stunde keine Ursache, danach zu fragen.
(Sich erhebend)
: Sagen Sie es mir! Ich werde alles tun, um Ihren Anforderungen gerecht zu werden.
    Casti Piani
zieht sie auf seine Knie
    Kommen Sie, mein Kind. Ich werde es Ihnen erklären.
(Da sich Elfriede einen Augenblick ziert)
: Halten Sie bitte still!
    Elfriede
    Ich habe nie auf dem Knie eines Mannes gesessen.
    Casti Piani
    Geben Sie mir einen Kuß!
    Elfriede küßt ihn.
    Casti Piani
    Danke.
(Sie zurückdrängend)
: Sie möchten wissen, was die Ehe ist? – Sagen Sie mir, wer stärker ist: ein Mensch, der einen Hund hat, oder ein Mensch, der keinen Hund hat?
    Elfriede
    Der Mensch, der einen Hund hat, ist stärker.
    Casti Piani
    Und nun sagen Sie mir noch, wer stärker ist: ein Mensch, der einen Hund hat, oder ein Mensch, der zwei Hunde hat?
    Elfriede
    Ich glaube, daß der Mensch, der einen Hund hat, stärker ist, denn zwei Hunde müssen eigentlich notwendig schon eifersüchtig aufeinander werden.
    Casti Piani
    Das wäre das wenigste. Aber zwei Hunden muß er zu fressen geben, sonst laufen sie davon, während der eine Hund für sich selber sorgt und seinen Herrn, wenn's not tut, auch noch bei Raubanfällen verteidigt.
    Elfriede
    Und mit diesem abscheulichen Gleichnis wollen Sie das selbstlose untrennbare Zusammenhalten von Mann und Weib erklären?! Du barmherziger Gott, was müssen Sie für Erfahrungen gemacht haben!
    Casti Piani
    Der Mann mit einer Frau ist wirtschaftlich stärker, als wenn er keine hat. Er ist aber auch wirtschaftlich stärker, als wenn er für zwei oder mehr Frauen sorgen muß. Das ist

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