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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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Krämpfen
    Ich werde wahnsinnig! Ich bin dem Selbstmord nahe! Ich habe gestöhnt und gestöhnt die ganze Nacht hindurch! Mein Herz hält das nicht mehr aus! Ich muß ein Schlafmittel haben! Ein Schlafmittel! Sagen Sie das dem Gefängnisarzt! Er muß mir etwas beruhigendes geben!
    Die Aufseherin
    Ein heißes Fußbad! Ja, das können Sie haben! – Das hilft gegen Ihre Herzbeklemmungen. Ich bringe das heiße Fußbad herein, wenn Sie das Essen gefaßt haben. Bis ich Ihr Bett losschließe, stecken Sie Ihre Füße hinein, auch wenn's etwas weh tut. Soviel hält man aus, wenn man schlafen will! Den Gefängnisarzt, den haben Sie hier zum Schlafen nicht nötig!
Zweite Szene
    In der offen gebliebenen Türe erscheint Josef Reißner, hinter ihm ein Wachtmeister in Uniform
    Klara
schreit überwältigt
    Josef…!
    Josef
sie mit einem Blick zur Besinnung bringend
    Gnädiges Fräulein.
    Der Wachtmeister
    Sind Sie da, Aufseherin?
    Die Aufseherin
    Ich bin hier, Herr Oberaufseher! Was ist es mit dem Herrn?
    Der Wachtmeister
in der Tür stehen bleibend
    Der Herr Direktor haben dem Herrn Professor gestattet, die Zelle der Gefangenen zu betreten, natürlich vorausgesetzt, daß die Aufseherin anwesend ist. – Sie, Aufseherin, sind also da?
    Die Aufseherin
    Ich bin hier!
    Der Wachtmeister
    Und Sie bleiben auch hier?
    Die Aufseherin
    Schon gut. Ich bleibe in der Zelle, solange der Herr hier ist.
    Der Wachtmeister
    Na also.
(Er sieht sich flüchtig in der Zelle um und bleibt am Bett stehen)
Wie das hier aussieht.
    Klara zuckt nervös zusammen.
    Die Aufseherin
    Ich sage es ja! Man kann mit den Weibsbildern reden und reden, soviel man will, es nutzt alles nichts!
    Der Wachtmeister
    Eine gerade Linie muß die Matratze mit dem oberen Rand des Bettes bilden! Eine gerade Linie! Wenn das der Herr Direktor gewahrt, dann kriege ich einen Verweis!
    Klara
    (eilt an das Bett)
. Ich bringe es gleich in Ordnung.
    Der Wachtmeister
    Na also.
(Er verläßt die Zelle. Die Türe bleibt geöffnet)
.
Dritte Szene
    Klara. Die Aufseherin. Josef
    Josef
    Gnädiges Fräulein! Ich möchte um alles in der Welt nicht, daß mein Erscheinen Erwartungen in Ihnen wachruft, die im nächsten Moment zur schmerzlichsten Enttäuschung werden können. Glauben Sie bitte nicht, in mir Ihren Befreier vor sich zu sehen. Mit voller Bestimmtheit läßt sich in diesem Augenblick noch wenig sagen. Aber die Tatsache, daß mich der Herr Gefängnisdirektor Ihre Zelle betreten läßt, ist mir ein untrügliches Zeichen dafür, daß Ihrem Geschick jedenfalls eine günstige Wendung nahe bevorsteht.
    Klara
    Herr – Herr Professor! – Ich – ich – die Sprache – ich kann nämlich nicht sprechen! – in der Kehle – hier – seit vier Monaten – ich habe seit vier Monaten – keinen bekannten Menschen habe ich mehr gesehen! – Herr Professor –
(plötzlich angstvoll auffahrend)
Herr – Herr – Nein! – Gehen Sie fort, Herr! Lassen Sie mich allein! Sie bringen nichts Schönes, Herr! Mit Ihnen, Herr – kommt nichts Gutes über diese Schwelle! Nein! Niemals! Ich habe geschworen. Herr! Ich will mich auf das, was Sie mir sagen – ob Sie es mit Bestimmtheit sagen oder nicht mit Bestimmtheit sagen! – nie, nie mehr einlassen!
    Josef
räuspert sich laut, dann mit starker Stimme
    Gnädiges Fräulein! In einer Viertelstunde von jetzt ab gerechnet – Es kann höchstens zwanzig Minuten dauern! – wird meine Frau hier bei Ihnen sein. Sie werden sich meiner Frau noch erinnern! – Gnädiges Fräulein, meine Frau hat ohne Ihr Wissen ein Immediatgesuch an den Landesherrn gerichtet…
    Klara
vor sich hinmurmelnd
    Gnädiges Fräulein…?
    Josef
    Meine Frau, gnädiges Fräulein, hat ein Immediatgesuch, indem sie unter allerhand Begründungen um Ihre Begnadigung nachsucht, durch ich weiß nicht welche Vermittelungen an seine königliche Hoheit zu bringen verstanden. Und seine königliche Hoheit – soviel steht augenblicklich unumstößlich fest – haben das Gnadengesuch selber in Händen gehabt…
    Klara
betrachtet lächelnd ihre Kleidung von oben bis unten
    Das gnädige Fräulein, das soll wohl ich sein?
    Josef
    Ich konnte mit dem besten Willen nicht darauf gefaßt sein, gnädiges Fräulein, daß Ihnen der Anblick Ihres Lehrers, dem nur die Wahrscheinlichkeit einer baldigen günstigen Wendung in Ihrem Schicksal Zutritt zu Ihnen verschafft, daß Ihnen dieser Anblick so unerträglich sein werde! – Meine Frau hat sich an eine Dame gewandt, deren Verbindungen und Beziehungen gar keinen

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