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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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kann, wie viele Unschuldige hat das nun schon ins Verderben gestürzt! O warum hat man mich elenden Schwächling nicht vor meinem ersten Atemholen erwürgt! –
(Sie trocknet ihre Tränen)
Aber ich – ich kann euch mit meinem Geheule nicht die letzte Minute zur Hölle machen. – Lebt wohl! –
(Sie geht auf Klara zu und reicht ihr die Hand)
Leb wohl, Klara!
    Klara
mit einem bittenden Blick ihre Hand nehmend
    Else!
    Else
weinend
    Ich bitte dich nicht um Vergebung. Ich gehe. Das ist einfacher. –
(Ab)
Dritte Szene
    Klara, Josef
    Josef
aufatmend
    Gott sei Dank, daß sie draußen ist.
    Klara
    Wieviel Uhr hast du?
    Josef
nach der Uhr sehend
    Dreiviertel auf acht.
    Klara
    Dann hol mir einen Wagen.
    Josef
    Ich habe eine Droschke unten.
    Klara
    Weißt du noch, was ich dir sagte, als du mir nahelegtest, zu der Frau Fischer zu gehen?
    Josef
    Lassen wir das jetzt. Nicht wahr? – Du kannst deinem Aufenthalt in Antwerpen mit der größten Gemütsruhe entgegensehen. Ich schicke dir monatlich hundertundfünfzig Mark. Damit kannst du leben. Derweil wird hier der Prozeß der Frau Fischer zu Ende verhandelt, und in zwei oder drei Monaten ist die ganze peinliche Geschichte vergessen, und um keinen Preis der Welt kommt weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft auf ihre Nebenumstände zurück. Dafür bürgen uns die Kreise, die dadurch in empfindlichster Weise in Mitleidenschaft gezogen würden. Dann kommst du ruhig von Antwerpen zurück, studierst hier noch ein halbes Jahr weiter, natürlich bei mir, und wenn du heute in einem Jahr nicht ein glänzendes Engagement als Wagnersängerin an einem der ersten deutschen Theater hast, dann nenne mich einen Schuft! Ich kann dir in diesem Augenblick leider nichts anderes sagen. Wenn du in einem Jahr nicht das glänzendste Engagement als Wagnersängerin hast, dann – dann nenne mich einen Schuft!
    Klara
auffahrend
    Wenn ich daran zurückdenke, mit welchen Hoffnungen ich vor einem Jahr auf das hiesige Konservatorium kam! Allmächtiger Gott! Zu Hause der Abschied von meiner in Tränen aufgelösten Mutter! Aber keine Macht der Welt hätte mich von meinen künstlerischen Zielen abgelenkt! Die Liebe zu meiner Kunst war mir meine Religion! Ein höheres Gebot gab es in dieser Welt nicht für mich, als die seltenen Gaben, die mir unter Tausenden durch die Gnade des Himmels zuteil geworden, zur allerhöchsten Vervollkommnung auszubilden! Und mich brachte ich meiner Kunst so frei, so rein, so unangetastet als Einsatz dar. Ich brachte ihr alles, was sich in der kindlichen Knechtschaft an Seelenstärke, an innerlichen Erlebnissen in mir aufgespeichert hatte! Und dann die ersten Wochen am Konservatorium! Welch ein herrliches, feuriges Ringen! Wie wuchs da mit jedem Tage die Zuversicht! Je unüberwindlicher sich die Arbeit vor einem auftürmte, um so mächtiger wurde der Stolz, um so fröhlicher, um so freudiger war das rastlose Streben! Wenn ich daran zurückdenke! Allmächtiger Gott! Allmächtiger Gott! Wenn ich an diese Zeiten zurückdenke!
    Josef
    Ich möchte nur sehen, wie du dich dieser vertrockneten Schulfuchserei an der Musikschule heute gegenüberstellen würdest. Diese staatlich konzessionierten Klavierhengste hätten dir im besten Falle eine auf beiden Beinen hinkende Klaviertechnik beigebracht, und du wärst als die größte Klavierlehrerin, die die Schweiz je gesehen, zu deiner in Tränen aufgelösten Mutter zurückgekehrt!
    Klara
flammend
    Was bin ich jetzt?!
    Josef
    Jetzt bist du eine Künstlerin, um die sich in einem Jahre die ersten Theater die Hälse brechen werden. – Und wem verdankst du das?!
    Klara
    Da kamst du! Kamst mit deinem unwiderstehlich schönen Fliegendenholländerbart! Spottetest über das Konservatorium, an dem du Lehrer bist! Sagtest, ich käme, wenn ich bei dir Privatunterricht nähme, in einem Vierteljahr weiter, als wenn ich mein ganzes Leben lang auf der Musikschule studiere! Benutztest jede Stunde, die ich mit meinen Mitschülerinnen bei dir war nur dazu um mir den Unterricht am Konservatorium als den sicheren Tod meiner Stimme hinzustellen! – Und wie sollte ich dir das alles nicht glauben, wo es sich doch um ein Institut handelte, das dich selber als Lehrer bezahlte! So kam ich denn schließlich um meine Entlassung ein und wurde deine – Privatschülerin! – Gelernt habe ich vieles bei dir, das weiß Gott im Himmel! Dein Privatunterricht hat Abgründe vor mir aufgetan, von deren Vorhandensein ich mir vorher nichts hatte träumen lassen! Ob ich im Lauf

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