Dramen
Menschenquälerei vorgeführt wurde!
MUTTER.
Aber um Gottes willen, mein Kind, bedenkst du denn in deiner Sirnlosigkeit nicht, daß du dir auf einmal die erdrückendsten Entbehrungen und Opfer aufgeladen haben kannst? – Denn das schwöre ich dir, an mich denk' nur ja nicht, wenn du ein Dach für deinen Bastard suchst!
(Höhnisch.)
Oder hast du dir auch das Wasser schon ausgewählt, in dem du dich ertränken willst?
FRANZISKA.
Ich bin in einer Geburtsversicherung.
MUTTER.
So, so. – In einer … Mädchen, willst du, daß ich am Schlag sterbe?! – Allmächtiger, die Albernheit! – Dann freilich hast du von dem Menschen nichts Anständiges zu erwarten, wenn du dich von ihm hast bezahlen lassen.
FRANZISKA.
Er hat nicht die leiseste Ahnung davon.
MUTTER.
Wieso hat er keine Ahnung davon? Wie soll ich mir das deuten? – Gestohlen wirst du das Geld doch nicht haben?
FRANZISKA.
Der alte Baron Hohenkemnath hat mich eingekauft. Wenn mir ein Mißgeschick begegnen sollte, was doch schließlich gar nicht einzutreffen braucht, dann erhalte ich bis zum fünfzehnten Jahre des Kindes jährlich fünfhundert Mark ausgezahlt.
MUTTER.
Wirklich fünfhundert Mark? – Ein rühmlicher Tausch! – Und auf diese wahnsinnige Entwürdigung bildest du dir natürlich noch weiß Gott was ein! – Statt einer geachteten Lebensstellung, einer sorgenfreien Zukunft, eines ruhigen Familienglückes und was du sonst noch alles für deine erste Liebesnacht hättest haben können, eine – Geburtsversicherung! – Wenn dir deine Verschrobenheit so weiter hilft, dann – Glück auf den Weg!
FRANZISKA.
Hast du vielleicht alles das dafür gehabt?
MUTTER.
Eben weil ich es nicht gehabt habe! Soll denn all das Elend umsonst von mir erlitten worden sein? Tausendmal sagte ich mir: Vor dem, was du erträgst, sind deine Kinder einmal bewahrt. Die beugen sich keiner Unvernunft mehr, weil sie die Unvernunft schon in ihrer Kindheit durchschaut haben …
FRANZISKA.
Du siehst ja, daß du damit vollkommen recht behalten hast!
MUTTER.
Gott sei Dank, was deine Brüder betrifft. Im Traum kann ich mir nicht vorstellen, wie die je mit ihren Frauen in Streit geraten sollten.
FRANZISKA.
Und meinetwegen brauchst du dir doch auch keine Sorgen zu machen. Ich werde sicherlich nie mit einem Mann streiten.
MUTTER.
Du hast mich schon in mehr schlaflosen Nächten beschäftigt, als deine drei Brüder zusammengenommen.
FRANZISKA.
Ich biete auch mehr Unterhaltungsstoff als sie.
MUTTER.
Das ist wieder echt! – Was hat denn der alte Herr für deine Versicherung bezahlt?
FRANZISKA.
Dreitausend Mark, glaube ich. Ich weiß es nicht genau auswendig.
MUTTER.
Wenn er es dazu hat, ich kann ihn nicht hindern. – Da sieht man wieder einmal, wie das Geld doch schließlich alles beherrscht.
FRANZISKA.
Wollen wir nicht Licht machen, Mutter?
(Sie dreht die elektrische Beleuchtung auf.)
MUTTER.
Eines wollte ich dir allerdings ohnehin sagen. Da er jeden Moment läuten kann, sag' ich es möglich kurz.
FRANZISKA.
Nun, Mutter?
MUTTER.
Wenn du dir noch das Geringste von dem Mann erwartest – ich glaube seine Art zu kennen – dann mußt du dich vollkommen anders benehmen.
FRANZISKA.
Wieso denn, Mutter?
MUTTER.
Ich kann mir nun einmal nicht helfen, aber ich finde, daß du ihn so unrichtig wie nur irgend möglich behandelst.
FRANZISKA.
Er ist mir zu oberflächlich.
MUTTER.
Aber du bist doch seine Geliebte.
FRANZISKA.
Gewiß. Aber er ist mir zu langweilig.
MUTTER.
Und trotzdem?
FRANZISKA.
Kannte ich ihn denn?
MUTTER.
Ich halte ihn weder für oberflächlich, noch für langweilig, aber er hat alleridngs nicht die geringste Spur von Empfinden für dich. Deinetwegen läßt er sich kein Vergnügen entgehen, das ist sicher. Und daran ist einzig und allein deine Hochnäsigkeit schuld …
(Man hört eine alte Torglocke läuten.)
In Gottes Namen! Ich werde mich dann so bald als möglich zurückziehen.
Zweite Szene
Dr. Hofmiller. Die Vorigen.
DR. HOFMILLER.
Guten Abend, Frau Eberhardt. Ich habe den ganzen Nachmittag auf dem Schlosse verbracht. Es war herrlich.
MUTTER.
Ich bin seit zehn Jahren nicht mehr oben gewesen. Hat sich der neue Schloßherr sehen lassen?.
DR. HOFMILLER.
Er ließ mich den Rittersaal sehen. Ein liebenswürdiger Herr. Ihr Herr Gemahl kam ja wohl auch aus Amerika hierher?
MUTTER.
Allerdings.
FRANZISKA.
Gute Nacht, Mutter.
MUTTER.
Lassen Sie sich bald wieder sehen, Herr – Ihr Name ist mir entfallen.
(Ab.)
DR.
Weitere Kostenlose Bücher