Dramen
dann durch die fünf Weltteile, wo er mit seinem Glanz alle übrigen Sterne überstrahlt. Nennen Sie Ihre Forderungen!
FRANZISKA.
Kann ich fordern?
VEIT KUNZ.
Was Sie wollen. Ich muß es nur vorher wissen, damit wir durch keine Mißverständnisse entzweit werden.
FRANZISKA.
Dann fordere ich – Freiheit – Lebensgenuß –
VEIT KUNZ.
Beides verschaffe ich Ihnen, soweit ein Weib jemals daran Gefallen fand.
FRANZISKA.
Das haben Millionen Weiber. Ich werde vor Langweile dabei verrückt.
VEIT KUNZ.
Sie fordern mehr, als was ein Weib an Freuden erleben kann.
FRANZISKA.
Ich bin von unbekannten Gewalten dazu gezwungen.
VEIT KUNZ.
Sind Sie denn etwa so unvernünftig, ein Mann sein zu wollen?
FRANZISKA.
Wenn es mir dabei möglich wäre, nichts zu verlieren, sondern nur zu gewinnen … Genußfähigkeit, Bewegungsfreiheit …
VEIT KUNZ.
Sie verlieren Ihre Gewalt über Männer.
FRANZISKA.
Dafür gewinne ich den Wettkampf mit Männern.
VEIT KUNZ.
Dann erlauben Sie, daß ich Ihnen die Hand auf den Bauch lege.
(Er tut es.)
FRANZISKA
ohne sich zu wehren.
Wozu das?
VEIT KUNZ.
Um Ihre Atmung zu prüfen. Gerade für Ihre Ziele finden Sie keinen glatteren Weg als eine künstlerische Laufbahn. Die Kunst, wissen Sie, überspringt jeden Abgrund. Dazu ist sie Kunst. Sonst wäre sie Blödsinn. Was die Beine betrifft, so können Sie es ohnehin mit dem schlanksten Jüngling aufnehmen. Deshalb bin ich Ihnen nämlich nachgereist.
FRANZISKA.
Meiner Beine wegen?
VEIT KUNZ.
Im vorigen Jahrhundert schätzte man am Weib einen schönen Hals, schöne Schultern, schöne Arme. Ich habe die untrüglichsten Anzeichen, daß der Geschmack ins Gegenteil umschlägt. Unsereiner muß den Wechsel der Mode immer vorauswittern.
FRANZISKA.
Antworten Sie mir, ob Sie meine Bedingungen annehmen.
VEIT KUNZ.
Vier Bedingungen sind es, die der Kunstgesang erfordert.
FRANZISKA.
Sie treiben Schindluder mit mir.
VEIT KUNZ.
Erstens gähnende Rachenstellung.
FRANZISKA.
Ich schlafe mit Begeisterung und langweile mich nach Noten.
VEIT KUNZ.
Zweitens bewegliche Ohren.
FRANZISKA.
Meine Zunge falte ich zu einem dreiblättrigen Kleeblatt zusammen.
VEIT KUNZ.
Dann sind auch die Ohren beweglich. Drittens im Kopf ein gleichschenkliges Dreieck, bestehend aus Mundöffnung, Nasenwurzel und weichem Gaumen.
FRANZISKA.
Das verstehe ich nicht.
VEIT KUNZ.
Danken Sie ihrem Schöpfer. Viertens aber dürfen Sie beileibe nicht glauben, Sie hätten die Nase mitten im Gesicht. Sie müssen felsenfest davon überzeugt sein, daß sich Ihr Mund oberhalb der Nase befindet. Singen Sie!
FRANZISKA
stößt einen krächzenden Ton aus.
VEIT KUNZ.
In drei Monaten machen Sie eine Tournée durch Amerika.
FRANZISKA.
Nehmen Sie nicht endlich die Hand weg?
VEIT KUNZ.
Ausgeschlossen! Solange ich Ihre Stimme ausbilde, liegt meine Hand hier. Sie spüren das gar nicht mehr, wenn Sie meine Geliebte sind.
FRANZISKA.
Ihre Geliebte? – Ich denke, Sie machen einen Mann aus mir?
VEIT KUNZ.
Sobald Sie singen können. Der Gesangsunterricht notzüchtigt Lehrer und Schülerin. Wir sind Märtyrer. Sie fühlen sich mißhandelt und lechzen nach Ihrem Peiniger. Mich peitscht die Nervenanspannung auf, die ich in Ihnen hervorrufen muß. Jede Übungsstunde endet mit einem Liebesfest.
FRANZISKA.
Ließe sich das nicht umgehen? – Wenn Sie mich unmusikalisches Ding zur Sängerin ausbilden wollen, dann können Sie mich sicherlich ebenso rasch gleich zum Sänger ausbilden.
VEIT KUNZ.
Ihr Wunsch ist mir Befehl. Aber es kommt Sie heillos teuer zu stehen.
FRANZISKA.
Mehr als ich jetzt bin, kann mich die Verwandlung unmöglich kosten.
VEIT KUNZ.
Überlegen Sie sich's, mein Kind. Ich lasse Sie zwei Jahre hindurch das Leben eines Mannes führen, mit aller Genußfähigkeit, aller Bewegungsfreiheit des Mannes …
FRANZISKA.
Gott sei Dank!
VEIT KUNZ.
Dafür sind Sie nach Ablauf der zwei Jahre bis an Ihr seliges Ende mein Weib, meine Leibeigene, meine Sklavin.
FRANZISKA.
Wenn ich will!
VEIT KUNZ.
So befiehlt das Naturgesetz. Ich kann's nicht ändern. Sie brauchen das Abenteuer nicht zu wagen.
FRANZISKA.
Ich kann Sie töten, bevor meine Männlichkeit endet.
VEIT KUNZ.
Mich. Aber nicht das Gesetz.
FRANZISKA.
Gesetze sind Männerwerk.
VEIT KUNZ.
Nicht alle. Der Herzog von Rotenburg traf ein ähnliches Abkommen mit mir. Ich habe ihm unseren Vertrag nicht aufgenötigt.
FRANZISKA.
Dann werde ich also ein wirklicher Mann? Genau so, als hätte mich Gott als Mann
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