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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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ungarischen Scherenschleifer.
    FRANZISKA
zu Mausi.
    Du hast ein paar Augen, draus strahlt der Entschluß,
    Dich vom Festmahl nicht früher zu trennen,
    Als bis sich die Sonn' einen Arzt halten muß,
    Bis vor Weltschmerz die Maikäfer flennen!
    MAUSI
zu Franziska.
    Du hast ein paar Hände, die zucken so wild:
    Mir rieselt's vom Hirn in die Nerven.
    Nicht Eine lebt hier, der die Wollust so schwillt,
    Den Genuß deiner Glut zu verschärfen!
    ROHRDOMMEL.
    Aber gestern früh hing der prachtvollste Tau
    An Bäumen und Blüten …
    KULLMANN.
    Halt's Maul, alte Sau!
    Er unterhält sich mit Kiesgräber weiter über Kunst.
    GESPENSTERSCHRECK
erzählend.
    Solche Anwandlungen überkommen ihn,
    So oft ihm unsre Mutter im Traum erschien.
    Plötzlich sieht er überall schlimme Vorzeichen,
    Bosheit, Rache, Verrat und dergleichen.
    Denn daß ihn irgendein Geschöpf könnte lieben,
    Das ist ihm bis heute unfaßbar geblieben.
    Und tut man auch etwas mit heiligstem Willen,
    Es kann ihn mit Zorn und Ingrimm erfüllen.
    Erschien ihm aber meine Mutter im Traum,
    Dann kennt er vor Wildheit sich selber kaum.
    Sie erscheint ihm nämlich in Lustgestalten,
    Die würdet ihr gar nicht für möglich halten.
    Und alles, was sie ihm offenbarte,
    Das setzt' er bei meinen Schwestern und mir
    In Wirklichkeit um und er ersparte
    Uns keine einzige Offenbarung von ihr.
    Sie erzählt leise weiter.
    MAUSI
zu Franziska.
    Sich vor deinem Zorn zu ducken,
    Denk' ich mir berauschend schön:
    Deine Lippen möcht ich zucken,
    Deine Augen blitzen sehn!
    FRANZISKA
zu Mausi.
    Heut kannst du's sehn, wenn du noch keinen Schatz hast.
    SPREIZFÜSSCHEN
zu Veit Kunz.
    Wo wohnt man jetzt?
    VEIT KUNZ.
    Bei dir, wenn du noch Platz hast!
    SPREIZFÜSSCHEN.
    Im Parterre, wer kann's verbieten,
    Ist ein Zimmer zu vermieten.
    Ein alleinstehender Herr
    Wohnt oft gerne im Parterre.
    VEIT KUNZ.
    Gerne möcht' ich bei dir wohnen,
    Will auch deine Möbel schonen.
    Leider aber, wie mich deucht,
    Ist dein Zimmer etwas feucht.
    Glaub mir, Kind, ich habe die Empfindung,
    Daß des Lebens Rosenzeit verrann.
    Heiratsschwindel und Revolvermündung
    Reißen wechselnd mich in ihren Bann.
    Wie du weißt, bin ich seit zwanzig Jahren
    Tätig in der großen Glücksfabrik,
    Hab' auch wahrlich manchen wunderbaren
    Apparat erfunden mit Musik.
    Aber schießlich scheppern die Gebeine,
    Ob mich noch so zäh der Herrgott schuf,
    Und dies kahle Haupt dank ich alleine
    Meinem täglich wechselnden Beruf.
    CHORUS
aus den nach rückwärts gelegenen Räumen leise anhebend, wird rasch von sämtlichen Anwesenden mitgesungen.
    Bein ist erschienen!
    Stolz in den Mienen,
    Trat er ein.
    Huldvollen Grußes,
    Hinkenden Fußes,
    Laurus Bein!
    Bein haut in wütiger
    Rache den Kritiker
    Kurz und klein.
    Blutrot von Haaren,
    Kühn im Gebaren,
    Laurus Bein!
    Bein stampft in Pfützen,
    Schlamm zu verspritzen,
    Wild hinein.
    Wenn ihm das Herz auch bricht,
    Pfennige nimmt er nicht,
    Laurus Bein!
    Laurus Bein ist während des Gesanges eingetreten und geht auf den linken Tisch zu, wobei ihm die promenierenden Gäste respektvoll ausweichen. Er drückt Mausi die Hand, setzt sich neben sie und wendet sich sofort an Franziska und Veit Kunz.
    LAURUS BEIN.
    Hörten Sie schon, warum die Polizei
    Die Hunde ohne Maulkorb laufen läßt?
    VEIT KUNZ.
    Mir ist das unaussprechlich einerlei!
    FRANZISKA.
    Ich leer' auf deine Keckheit meinen Rest!
    SPREIZFÜSSCHEN
sich erhebend.
    Der jagt mich in die Flucht.
    Zu Veit Kunz.
    Nimm's mir nicht übel.
    Er tritt in deine Spur mit breiterem Stiebel.
    Sie geht ins Nebenzimmer.
    LAURUS BEIN.
    Ich weiß es, denn ich bin mit Hunden tätig.
    Da hört man bei der Arbeit mancherlei,
    Was einen gar nicht schiert. Die Polizei
    Hat für die Schriftsteller den Maulkorb nötig!
    ROHRDOMMEL
zu Kiesgräber.
    Wenn ich heut noch auf Gottes Gnade vertrau',
    Verdank' ich's nur Ihnen …
    KIESGRÄBER.
    Halt's Maul, alte Sau!
    Er unterhält sich mit Kullmann weiter über Kunst.
    LAURUS BEIN
zu Mausi.
    Wie weit ist's mit der Hurenrepublik,
    Dem Hierodulenstaat? – Ich hörte sagen,
    Ein Generalstreik wurde vorgeschlagen.
    Glaub' mir, im Sozialismus wohnt kein Glück.
    Mit Altersrenten, Invalidenkassen
    Seid ihr noch mehr denn je von Gott verlassen.
    Weil ihr wie wir das gute Teil erwählt
    Ward euch das Recht auf Speis und Trank genommen.
    Und doch ist unsre Schöpfung erst vollkommen,
    Wenn Ihr mit zu den Kindern Gottes zählt.
    Der Sozialismus wird das nie erreichen,
    Die Frauenfrage siegt in diesem Zeichen.
    MAUSI
zu

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