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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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nach rechts hinten, betrachtet Lulu von allen Seiten, setzt sich wieder an die Staffelei)
Die Wahl würde einem schwer. – – Wenn ich Frau Obermedizinalrat ersuchen darf, die rechte Hand etwas höher.
    Lulu
nimmt den Schäferstab so hoch sie reichen kann, für sich
    Wer hätte das für möglich gehalten!
    Schwarz
    Ich bin wohl recht lächerlich?
    Lulu
    Er kommt gleich zurück.
    Schwarz
    Ich kann nicht mehr tun als malen.
    Lulu
    Da ist er.
    Schwarz
sich erhebend
    Nun?
    Lulu
    Hören Sie nicht?
    Schwarz
    Es kommt jemand…
    Lulu
    Ich wußte es ja.
    Schwarz
    Es ist der Hausmeister. Er fegt die Treppe.
    Lulu
    Gott sei Dank.
    Schwarz
    Sie begleiten Herrn Obermedizinalrat wohl auf seine Praxis?
    Lulu
    Das fehlte mir noch!
    Schwarz
    Weil Sie es nicht gewohnt sind, allein zu sein.
    Lulu
    Wir haben zu Hause eine Haushälterin.
    Schwarz
    Die Ihnen Gesellschaft leistet?
    Lulu
    Sie hat viel Geschmack.
    Schwarz
    Wofür?
    Lulu
    Sie zieht mich an.
    Schwarz
    Sie gehen wohl viel auf Bälle?
    Lulu
    Nie.
    Schwarz
    Wozu brauchen Sie dann die Toiletten?
    Lulu
    Zum Tanzen.
    Schwarz
    Sie tanzen wirklich?
    Lulu
    Csardas – Samaqueca – Skirtdance…
    Schwarz
    Widert Sie denn das nicht an?
    Lulu
    Sie finden mich häßlich?
    Schwarz
    Sie verstehen mich nicht. – Wer gibt Ihnen denn den Unterricht?
    Lulu
    Er.
    Schwarz
    Wer?
    Lulu
    Er.
    Schwarz
    Er?
    Lulu
    Er spielt Violine. – – –
    Schwarz
    Man lernt jeden Tag ein neues Stück Welt kennen.
    Lulu
    Ich habe in Paris gelernt. Ich nahm Stunden bei Eugenie Fougère. Sie hat mich auch ihre Kostüme kopieren lassen.
    Schwarz
    Wie sind denn die?
    Lulu
    Grünes Spitzenröckchen bis zum Knie, ganz in Volants dekolletiert natürlich, sehr dekolletiert und fürchterlich geschnürt. Hellgrüner Unterrock, dann immer heller. Schneeweiße Dessous mit handbreiten Spitzen…
    Schwarz
    Ich kann nicht mehr…
    Lulu
    Malen Sie doch!
    Schwarz
mit dem Spachtel schabend
    Ist Ihnen denn nicht kalt?
    Lulu
    Gott bewahre! Nein. Wie kommen Sie auf die Frage? Ist Ihnen denn so kalt?
    Schwarz
    Heute nicht. Nein.
    Lulu
    Gottlob kann man atmen!
    Schwarz
    Wieso…
    Lulu atmet tief ein.
    Schwarz
    Lassen Sie das, bitte! –
(Springt auf, wirft Pinsel und Palette weg, geht auf und nieder)
Der Stiefelputzer hat es wenigstens nur mit ihren Füßen zu tun. Seine Farbe frißt ihm auch nicht ins Geld. Wenn mir morgen das Abendbrot fehlt, fragt mich kein Weltdämchen danach, ob ich mich aufs Austernschlecken verstehe.
    Lulu
    Ist das ein Unhold!
    Schwarz
nimmt die Arbeit wieder auf
    Was jagt den Kerl auch in diese Probe!
    Lulu
    Mir wäre es auch lieber, er wäre dageblieben.
    Schwarz
    Wir sind wirklich die Märtyrer unseres Berufes!
    Lulu
    Ich wollte Ihnen nicht weh tun.
    Schwarz
zögernd, zu Lulu
    Wenn Sie links – das Beinkleid ein wenig höher…
    Lulu
    Hier?
    Schwarz
tritt zum Podium
    Erlauben Sie…
    Lulu
    Was wollen Sie?
    Schwarz
    Ich zeige es Ihnen.
    Lulu
    Es geht nicht.
    Schwarz
    Sie sind nervös…
(Will ihre Hand fassen.)
    Lulu
wirft ihm den Schäferstab ins Gesicht
    Lassen Sie mich in Ruhe!
(Eilt zur Entreetür)
Sie bekommen mich noch lange nicht.
    Schwarz
    Sie verstehen keinen Scherz.
    Lulu
    Doch, ich verstehe alles. Lassen Sie mich nur frei. Mit Gewalt erreichen Sie gar nichts bei mir. Gehen Sie an Ihre Arbeit. Sie haben kein Recht, mich zu belästigen.
(Flüchtet hinter die Ottomane.)
Setzen Sie sich hinter Ihre Staffelei.
    Schwarz
will um die Ottomane
    Sobald ich Sie für Ihre Launenhaftigkeit bestraft habe.
    Lulu
ausweichend
    Dazu müssen Sie mich aber erst haben. Gehen Sie, Sie erwischen mich doch nicht. – In langen Kleidern wäre ich Ihnen längst in die Hände gefallen. – Aber in dem Pierrot!
    Schwarz
sich der Länge nach über die Ottomane werfend
    Habe ich dich!
    Lulu
schlägt ihm das Tigerfell über den Kopf
    Gute Nacht!
(Springt über das Podium, klettert auf die Trittleiter.)
Ich sehe über alle Städte der Erde weg…
    Schwarz
sich aus der Decke wickelnd
    Dieser Balg!
    Lulu
    Ich greife in den Himmel und stecke mir die Sterne ins Haar.
    Schwarz
ihr nachkletternd
    Ich schüttle, bis Sie herunterfallen.
    Lulu
höher steigend
    Wenn Sie nicht aufhören, werfe ich die Leiter um. Werden Sie meine Beine loslassen! – Gott schütze Polen!
(Bringt die Leiter zu Fall, springt auf das Podium und wirft Schwarz, wie er sich vom Boden aufrafft, die spanische Wand an den Kopf. Nach vorn eilend, an den Staffeleien)
Ich habe Ihnen ja gesagt, daß Sie mich nicht bekommen.
    Schwarz
nach vorn

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