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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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sie zu inhalieren.
(Pause.)
Können Durchlaucht durch die Nase rauchen?
    FÜRST
versucht es, prustet, geht zum Tisch und stürzt einen Wutki.
    Nein! – Ohne Umschweife, Feodor Petrowitsch Schwigerling, ich habe Sie nicht in meinen Dienst genommen …
    SCHWIGERLING.
    Um, wie Sie in Petersburg vorgaben, moderne Sprachen zu lehren …
    FÜRST.
    Sondern um …
    SCHWIGERLING.
    Die Knute zu führen!
    FÜRST
wieder Platz nehmend.
    Ja, das war der Vorwand, sehen Sie! – Sie befinden sich aus einem ganz anderen Grunde hier. Sie werden nicht wenig erstaunt sein.
    SCHWIGERLING.
    Ja. – Hm.
    FÜRST.
    Warten Sie nur. Ich muß Ihnen die Geschichte von Anfang an erzählen.
    SCHWIGERLING.
    Dann erzählen Sie bitte.
    FÜRST.
    Als zu Anfang letzten Sommers ein weitläufiger Verwandter und ehemaliger Kriegskamerad von mir – in der Krim haben wir in ein und demselben Bette geschlafen. Er hatte die Gewohnheit, nachts auf den Dachgiebel zu steigen. Er hatte das von seinem Vater, dessen Mutter sich an einem Schornsteinfeger versehen haben soll, als sie ihn unter dem Herzen trug …
    SCHWIGERLING.
    Als sie den Vater unter dem Herzen trug?
    FÜRST.
    Natürlich. Oder haben Sie schon einmal gehört, daß eine Großmutter ihren Enkel unter dem Herzen trägt?
    SCHWIGERLING.
    Gewiß nicht. Also was war mit der Großmutter?
    FÜRST.
    Ja. – Ich glaube nicht an den Schornsteinfeger. Aber lassen Sie uns zur Sache kommen.
    SCHWIGERLING.
    Kommen wir zur Sache!
    FÜRST.
    Als zu Anfang letzten Sommers – deshalb schliefen wir in der Krim nämlich in ein und demselben Bette. Er wickelte sich abends einen Bindfaden um die große Zehe …
    SCHWIGERLING.
    Das kenne ich alles.
    FÜRST.
    Um so besser. Dann brauche ich es Ihnen nicht erst zu erzählen. Als er zu Anfang letzten Sommers in seinen besten Jahren eines Nachts zu Hause nun richtig vom Dachgiebel stürzt, war es meine Pflicht als Mensch sowohl wie als ehemaliger Kriegskamerad, seiner einzigen Tochter in meinem Hause ein Asyl zu bieten.
    SCHWIGERLING.
    Weiter, Durchlaucht.
    FÜRST.
    Ich bin zu Ende.
    SCHWIGERLING.
    Schon?
    FÜRST.
    Leider Gottes.
    SCHWIGERLING.
    Um so besser. Ich glaube dieses Meisterwerk der Natur bereits gesehen zu haben. Gestatten mir Durchlaucht die Bemerkung …
    FÜRST.
    Ich weiß schon, was Sie sagen wollen.
    SCHWIGERLING.
    Um so besser, Durchlaucht.
    FÜRST.
    Was sagen Sie dazu?
    SCHWIGERLING.
    Was ich dazu sage?
    FÜRST.
    Ja.
    SCHWIGERLING.
    Das wissen Sie ja schon.
    FÜRST.
    Ja, ich sage Ihnen …
    SCHWIGERLING.
    Ja, nun sagen Sie mal.
    FÜRST.
    Das sage ich ja gerade!
    SCHWIGERLING.
    Du lieber Gott, es führen so viele Wege nach Rom.
    FÜRST.
    Ich habe jedenfalls nicht die Absicht, mir von Ihnen den Weg auskundschaften zu lassen.
    SCHWIGERLING.
    Das tut mir aufrichtig leid.
    FÜRST.
    Ich habe Moskau zu meinen Füßen gesehen!
    SCHWIGERLING.
    Das ist nun nur schon ein wenig lange her.
    FÜRST.
    Es läßt sich berechnen.
    SCHWIGERLING.
    Ein guter Tropfen, meinen Sie, gewinnt mit dem Alter?
    FÜRST.
    Ich habe eines nach dem andern meiner reichen Herrschaftsgüter aufs Spiel gesetzt!
    SCHWIGERLING.
    Zum Teufel!!
    FÜRST.
    Man nennt mich einen eingefleischten Esel!
    SCHWIGERLING.
    Das ist bedenklich.
    FÜRST.
    Das ist sehr bedenklich!
    SCHWIGERLING.
    Das gebe ich zu.
    FÜRST.
    Weil ich meine Gefühle dadurch ins Ungeheure gesteigert sehe!
    SCHWIGERLING.
    Reisen Durchlaucht auf einige Jahre ins Ausland.
    FÜRST.
    Und so habe ich mich denn entschlossen – damit komme ich nämlich auf den Grund, weswegen ich Sie hierher berufen, zurück –, nach reiflicher Überlegung fest entschlossen, die Angelegenheit zu einem für mich befriedigenden Abschluß zu bringen!
    SCHWIGERLING.
    Durchlaucht finden in Wien und Paris Gelegenheit vollauf, um sich von Ihrer Gemütsaffektion zu erholen.
    FÜRST.
    Und dazu, mein lieber Feodor Petrowitsch, werden Sie mir das Mittel liefern.
    SCHWIGERLING.
    Ich gebe Ihnen die glänzendsten Empfehlungsschreiben mit …
    FÜRST.
    Danke, die habe ich schon. Es handelt sich hier um ein ganz anderes Mittel. Sie kennen es. Die Zigeuner bewahren es als ihr teuerstes Geheimnis.
    SCHWIGERLING.
    Die Zigeuner?
    FÜRST.
    Sie sind doch Zigeuner?
    SCHWIGERLING.
    Gewiß, aber …
    FÜRST.
    Das kennt man schon. Genug, daß Sie mich verstehen.
    SCHWIGERLING.
    Bis jetzt keine Silbe.
    FÜRST.
    Wieviel fordern Sie für die Herstellung Ihres Trankes?
    SCHWIGERLING.
    Meines Trankes?
    FÜRST.
    Wenn man ihn unter gewissen Zeremonien zu sich nimmt, fühlt die Person, die man

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