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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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– Mir bricht das Herz: Das Leben wirft Wogen zur Sonne empor, bis an die Sterne. Ich weiß es. Ich fühl es Tag und Nacht – und sitze da, achtzehn Jahre alt, klaftertief unter dem Erdboden, jeder Puls ein Pistolenschuß! – – Das Leben tut Abgründe auf, in die man besinnungslos niederstürzt, hilflos, mit geschlossenen Augen; und dann hoch oben im Licht auf dem schäumenden Wellenkamm – auf und nieder! – ich werde grau und weiß nichts davon. – Ich habe Zaïre zuschanden geritten, ich werde nicht ruhiger. Ich habe Beethovensche Sonaten geklimpert, ich werde nicht ruhiger. Ich habe Wölfe gebändigt, ich werde nicht ruhiger. – Das Leben hegt noch geheime Schätze, was es auch sei, von denen man sich hier nichts träumen läßt.
    CÖLESTIN
mit einer Fahrpeitsche von links hinten.
    Wenn Gräfliche Gnaden belieben …
    KATHARINA
die Peitsche nehmend.
    Eingespannt?
    CÖLESTIN.
    Die Troika wartet.
    KATHARINA
rechts vorn.
    Kama sitzt seit heute früh auf der Gartenmauer und rührt sich nicht. Den Kopf eingezogen starrt er in Gedanken versunken nach dem Horizont. Man wird ihm wieder nichts zu fressen gegeben haben!?
    CÖLESTIN
links hinten.
    Kama haben zum Dejeuner drei Kübel Küchenabfälle bekommen und später auf eigene Verantwortung hin noch zwei junge Leghühner auf dem Hofe verschlungen. Kamas geistvolle Attitüde möchte sich vielleicht richtiger auf eine Indigestion zurückführen lassen.
    KATHARINA.
    Ein Glück, daß sich Kama zu helfen weiß, wenn man ihn vernachlässigt! –
(Für sich.)
Er sah mich so schwermütig an mit seinen regungslosen Augen …
    CÖLESTIN.
    Bei Kamas unheimlicher Lebensfähigkeit glaube ich, daß Gräfliche Gnaden vollkommen außer Sorge sein können.
    Enjuscha, Alioscha in Stiefeln und Pelzmütze kommen von links zurück.
    KATHARINA
zu Schwigerling, der sich während der ganzen Szene rechts hinten gehalten.
    Übrigens danke ich Ihnen, mein Herr, daß Sie meiner Rosinante heute morgen im Dorfe wieder auf die Beine geholfen.
    SCHWIGERLING.
    Schade um Ihre Pferde, mein Fräulein!
    KATHARINA.
    Kommt, Kinder!
    (Mit Enjuscha und Alioscha links hinten ab.)
Dreizehnter Auftritt
    Schwigerling. Cölestin. Später die Fürstin.
    SCHWIGERLING
nach vorn kommend.
    Wer ist das, himmlischer Lebœuf – Ich sitze vor dem Wirtshaus bei meinem Tee, da jagt in Karriere dieses Mädchen vorbei …
    CÖLESTIN.
    Seit früh fünf Uhr in Karriere!
    SCHWIGERLING.
    Gleich darauf Geschrei und Gejohl; ich sehe sie noch im Sattel, dunkelrot, dem zusammengesunkenen Tier die Gerte um den Kopf wetternd. Ich hebe sie sachte herunter, wobei sie mich angrollt, als wollte ich ihr ans Leben, und bringe den keuchenden Rapphengst mit Aufbietung meiner ganzen Tierarzneikunde wieder hoch. Ich biete ihr die Hand zum Aufsitzen. Wortlos, den Kopf im Nacken, die Unterlippe zwischen die Zähne geklemmt, jagt man, ohne zurückzublicken, zum Dorfe hinaus.
    CÖLESTIN.
    Man nennt sich Katharina Alexandrowna und will die Tochter des Grafen Totzky sein. Die Mutter, die bei ihrer Geburt das Zeitliche zu segnen vorzog, wäre demnach eine Schwester des Fürsten Rogoschin gewesen. Bis zu ihrem sechzehnten Jahre hauste sie beim Grafen Totzky auf einem halbverfallenen Edelhof im Gouvernement Saratow und bildete mit dem Alten zusammen den Schrecken der Umgegend. Wochenlang soll sie sich in Mannskleidern mit ihm im Lande herumgetrieben haben, Tag und Nacht zu Pferde, die Urwälder nach Raubtieren absuchend, die sie dann auf ihren Edelhof schleppten und zähmten, bis ihnen die Bestien aus der Hand fraßen. Als der Alte dann ohne eine Kopeke zu hinterlassen zur Hölle fuhr, war Fürst Rogoschin wahnsinnig genug, ihr und ihrer Menagerie sein Haus zu öffnen. Die Tiere sind, Gott sei Dank, bis auf eines krepiert. Aber dafür hetzt sie jetzt die Menschen hier ebenso durcheinander, wie sie es vorher mit ihren Bestien getan hat. Nur über eine hat sie keine Gewalt …
    Fürstin von links, geht quer über die Bühne. Cölestin und Schwigerling verneigen sich. Sie grüßt huldvollst. Ab nach rechts.
    CÖLESTIN
weit ausholend.
    »Der Sonne gleich, wie majestätisch sie
Im Osten sich empor zur Wölbung rollt,
Mild niederstrahlend, bis sie ferne scheidet
In düstrer blutgefärbter Purpurglut!«
    »Phädra« – du erinnerst dich!
    SCHWIGERLING
die Tür fixierend, durch die die Fürstin verschwunden.
    An wen erinnert mich denn die Frau!
    CÖLESTIN.
    Das ist es, lieber Freund! Sie hat das Eigentümliche, daß sie jedermann an irgend jemanden

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