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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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erhebend.
    Sieh zu, lieber Junge, wie du wieder in dein freies fröhliches Element hinausgelangst.
    SCHWIGERLING
sie umarmend.
    Meine erste Frau!
    FÜRSTIN.
    Ich hatte dich gleich erkannt.
    SCHWIGERLING.
    Laß uns fliehen, Cordelia! Laß uns den Frühling in unsere Herzen zurückrufen!
    FÜRSTIN.
    Wo denkst du hin. Ich harre ruhig aus, wo Gott mich vor Anker gelegt hat.
    SCHWIGERLING.
    Mein armes Kind!
    FÜRSTIN.
    Spar dein Mitleid! Iwan Michailowitsch verrät mich so leicht nicht.
    SCHWIGERLING.
    Der Schurke!
    FÜRSTIN.
    Er ist ein besserer Mensch, als er zu sein glaubt.
    SCHWIGERLING.
    Du knospender Kelch meiner kindlichen Trunkenheit!
    FÜRSTIN.
    Du würdest es ja doch bereuen, mich zum zweitenmal gepflückt zu haben.
    SCHWIGERLING.
    Eher den Tod, Cordelia!
    FÜRSTIN.
    Gewiß, ich kenne dich.
(Sie küßt ihn.)
    SCHWIGERLING
unter Tränen.
    Meine erste Frau!
(Sie drücken sich innig die Hände.)
    Die Fürstin rechts, Schwigerling links vorn ab.
Zweiter Auftritt
    Der Fürst. Später Kolja.
    FÜRST
in Frack und weißer Krawatte, von links hinten, sich unter die Achseln fassend.
    Scheine doch etwas herausgewachsen. Macht nichts! Man muß der Feierlichkeit gerecht werden. – Ob ich sie herzitiere?
(Sich besinnend.)
Wird schon von selbst kommen. – Das rieselt und rasselt bis in die Fingerspitzen! – Ich bin ein Mann! Ich habe Heu in den Stiefeln! – Ich habe den Teufel im Leib! – Ob ich sie herschleppen lasse?
(Sich besinnend.)
    Einschließen laß ich sie! Jetzt kann sie auf allen vieren kriechen und mir die Stiefelschäfte vollheulen. Ich bin ein Mann; ich fühle den Portepee-Fähnrich wieder in mir. Die Zeiten! Die Herzogin von Finnland! Diese Ottomanen! Die Marmortreppen, die man hinauf- und hinunterflog! – – –
(Er rührt die Glocke.)
    Kolja von rechts hinten.
    FÜRST.
    Die Komtesse soll so rasch wie möglich herunterkommen!
    Kolja macht kehrt.
    FÜRST.
    Kolja!
    Kolja macht Front.
    FÜRST.
    So rasch wie möglich!
    Kolja ab.
    FÜRST.
    – Ich spiele den Joseph. Wie du mir, so ich dir! Bis sie explodiert. Ja, ja, sie soll explodieren! Sie soll ihre liebe Not mit mir haben. Sie hat es nicht besser um mich verdient.
(Geht stampfend auf und nieder.)
Ich bin ein Mann! Wer hätte das noch für möglich gehalten! – Schade, daß sie sich nicht verzehnfachen kann. Sie müßte zu allen Türen zugleich hereintreten!
(Als empfinge er sie von verschiedenen Seiten.)
Komtesse? – Mein süßes Kind? – Versteht sich, meine girrende Taube! – Wie? – Ich verstehe nicht recht. – Nun, Sie wünschen?
(Plötzlich mit Begeisterung ausbrechend, und zwar rechts vorn, nach der Tür links hinten gewandt.)
Kathinka – und wenn du ein ganzes Ballettkorps wärst!!
Dritter Auftritt
    Katharina. Der Fürst.
    Katharina, in stahlgrauem Reitkleid, tritt rechts vorn ein, bleibt in der Tür stehen.
    FÜRST
hat sich rasch umgewandt.
    Und wenn du ein ganzes Ballettkorps wärst!
    KATHARINA.
    Ich komme, Iwan Michailowitsch, um Abschied zu nehmen …
    FÜRST
tonlos.
    Und wenn du ein ganzes Ballettkorps wärst …
    KATHARINA.
    Ich gedachte ursprünglich ohne Ihre gütige Einwilligung zu reisen, aber ich habe schließlich achtzehn Monate lang Ihr Brot gegessen.
    FÜRST.
    Was haben Sie gegessen?
    KATHARINA.
    Ich reise zu meiner Freundin Anna Sergejewna nach Schottland. Anna Sergejewna hält zwanzig Rassepferde, englisches Vollblut. Sie hat zweimal den großen Preis in Paris gewonnen.
    FÜRST.
    Ich hoffe, Komtesse, daß Sie für die Bedürfnisse Ihres Herzens vollste Befriedigung in Paris finden.
    KATHARINA.
    Die Bedürfnisse meines Herzens sind allerdings anderer Art. Indessen immer noch lieber eine atemlose Steeplechase als die markverzehrende Langeweile in Ihrer Umgebung.
    FÜRST
für sich.
    Das ist deutlich; o diese Weiber! Ich bringe sie zur Verzweiflung! –
(Ihr die Hand reichend.)
Leben Sie wohl!
    KATHARINA.
    Wo wollen Sie denn hin?
    FÜRST
gleichgültig.
    Was kümmert Sie das? Ich gehe! Ich gehe, wohin ich gehen will.
    KATHARINA.
    Sie sind verrückt geworden?
    FÜRST
kokett.
    Kathinka!
    KATHARINA.
    Was wollen Sie denn?
    FÜRST.
    Geben Sie den Kampf auf!
(Er tänzelt auf sie zu.)
    KATHARINA.
    Ich begreife Sie nicht. Was wollen Sie damit sagen?
    FÜRST.
    Muten Sie Ihrer Natur nicht zuviel zu. Ich weiß ja, daß Sie ein starkes Mädchen sind.
    KATHARINA.
    Ich sage Ihnen, ich begreife Sie nicht. Sie sind zu dumm dazu. Sie sind zu dumm, als daß ein vernünftiger Mensch Sie begreifen könnte.
    FÜRST.
    Ich begreife Sie um so besser.

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