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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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angehöre.
    FÜRSTIN
in beruhigendem Ton.
    Sie sind übernächtig. Lassen Sie sich etwas Stärkendes auf Ihr Zimmer bringen.
(Will an ihm vorbei.)
    SCHWIGERLING
vertritt ihr den Weg.
    Ich bin übernächtig, Durchlaucht …
    FÜRSTIN.
    Sie sehen Gespenster …
    SCHWIGERLING.
    Ich bin vielleicht wahnsinnig, ich weiß es nicht.
(Auf seinen Talar deutend.)
Dieser Narrentand …
(Da die Fürstin vorbei will.)
Nein, Durchlaucht …
    FÜRSTIN.
    Ich beschwöre Sie, legen Sie sich zu Bett!
    SCHWIGERLING.
    Um vollends verrückt zu werden! Lebœuf versichert mich, Ihnen gegenüber ergehe das jedem so. Aber mein Gefühl trügt mich nicht …
(Da die Fürstin vorbei will.)
Oh, werden Sie nicht ungeduldig. Überantworten Sie mich nicht von neuem der quälenden Ungewißheit. Unsereiner bleibt schließlich doch bettelhaft …
    FÜRSTIN.
    Mäßigen Sie sich!
    SCHWIGERLING.
    Bettelhaft! Armselig! – Man hätschelt uns, solange wir unsere Kunststücke machen. Und wagt man einmal warm zu empfinden, dann wird man auf die Landstraße hinausgewiesen, auf der man herkam.
    FÜRSTIN.
    Ersparen Sie mir diese Szene, mein Herr, wenn Sie Kavalier sind.
    SCHWIGERLING.
    Weil ich Kavalier bin! Wir tanzen nicht nur im Zirkus auf hohem Seil. Unser ganzes Leben lang hängen wir in gleisnerischen Schlingen. Wie amüsant sieht sich das luftige Trapez nicht an aus den behaglichen Logen der Galerie-noble!
    FÜRSTIN.
    Sprechen Sie mir nicht vom Trapez!
    SCHWIGERLING.
    Natürlich nicht! Was ahnen Durchlaucht denn von dem Todesbangen des lächelnden Künstlers da oben! – Und wenn dann, von bübischer Hand heimlich entzweigeschnitten, die Stricke reißen, wenn der Blick sich umflort und man darniedersaust – aus all seinen Himmeln – darniedersaust auf den harten, erbarmungslos harten Sand der Arena …
    FÜRSTIN.
    Entsetzlich!
    SCHWIGERLING.
    Sehen Sie, Fürstin, ich hatte ein Weib – das erste Weib, das meine Künstlerlaufbahn mir geschenkt, auf ewig mir angetraut durch den Segen der Kirche! Ich war noch ein Knabe, sie weltgewandt, überlegen, fünf Jahre älter als ich – – eine Trapezkünstlerin, wie die Welt keine …
    FÜRSTIN
tonlos.
    Cordelia!
    SCHWIGERLING
zurücktretend.
    Durchlaucht?!
    FÜRSTIN.
    Sie steht vor dir.
    SCHWIGERLING.
    Sie spotten meiner?
    FÜRSTIN.
    Deine Cordelia!
    Schwigerling bedeckt das Gesicht mit beiden Händen, kommt nach rechts vorn und schluchzt in sein Taschentuch.
    FÜRSTIN
sich ihm nähernd.
    Wüßtest du denn auch gar kein Erkennungszeichen?
    SCHWIGERLING
traumverloren.
    In einer jener Wonnestunden unbeschreiblicher Seligkeit – ließ sie sich von mir – im Rausch meiner jugendlich flammenden Sinne – eine Taube, das Bild der Unschuld, in ihren marmorweißen Arm tätowieren.
    Fürstin streift den linken Ärmel zurück.
    Schwigerling sinkt in die Knie und bedeckt den Arm mit Küssen.
    FÜRSTIN
die rechte Hand in seinen Locken.
    Wie gerne hätte ich dir das erspart!
Zehnter Auftritt
    Der Fürst, dann Katharina, dann Cölestin. Die Vorigen.
    FÜRST
mit dem Trank von links hinten nach links vorn.
    Es ist kaum mehr daran zu denken, daß ich das Mädchen jemals mein eigen nenne.
(Versucht zu trinken.)
Das Ungetüm verbarrikadiert mir den Eingang! – – Im Sturm, Iwan Michailowitsch!
(Setzt an, läßt den Becher sinken.)
Zurückgeschlagen!
    SCHWIGERLING
an der Chaiselongue kniend, schluchzend.
    Meine – erste – Frau!
    KATHARINA
von rechts, geht zum Fenster, ruft in den Hof.
    Cölestin! –
(Im Fond auf und nieder gehend.)
Er kann nicht entflohen sein! Er liebte mich, wie mich hier keine Menschenseele liebt!
    DER FÜRST
links vorn.
    Wie unermeßlich dumm ich doch sein muß! Nicht einmal um eines so entzückenden Mädchens willen an keinen Bären denken zu können!
    KATHARINA
ruft in den Hof.
    Cölestin!
    CÖLESTIN
sehr rasch von links hinten.
    Befehlen, Komtesse!
    KATHARINA.
    Wo ist Kam a?
    CÖLESTIN.
    Die Bombe platzt.
    KATHARINA.
    Kama, mein Lämmergeier!
    CÖLESTIN.
    Abgeschlachtet!
    KATHARINA.
    Was?!
    CÖLESTIN.
    Abgeschlachtet!!
    KATHARINA.
    Mein Lämmergeier!?
    CÖLESTIN.
    Auf Befehl Seiner Fürstlichen Durchlaucht!
    SCHWIGERLING
aufspringend.
    Rache! – Rache! –
(Geht wutschnaubend auf und nieder.)
    FÜRST
mit ängstlichem Blick auf Schwigerling, indem er zu trinken versucht.
    Der ist verrückt geworden!
    KATHARINA
links vom Fürsten, ihn am Arm packend.
    Ihr Kammerdiener hat den Verstand verloren. Sie hätten Kama abschlachten lassen?
    DER FÜRST
setzt den Becher hinter sich auf den Tisch.
    Aus

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