Dramocles
doch selbst, wie falsch das ist. Müssen Sie mir das wirklich antun?«
»Zu meinem Bedauern muß ich es. Ich bin unfähig, Befehle meines Besitzers zu verweigern. Aber da ist noch eine interessante philosophische Frage abzuwägen. Nach glormischem Recht ist Otho in einigen Stunden tot.«
»Natürlich!« sagte Dramokles. »Wenn Sie also die Operation für eine Weile verschöben, wäre ich Ihr neuer Besitzer, und ich hebe dann den Befehl auf.«
»Das kann ich nicht«, sagte Fisch. »Eine Verzögerung wäre undenkbar, eine klare Verletzung der Maschinenethik. Ich muß sofort operieren. Und glauben Sie mir, Ihre Lage würde noch schlimmer, wenn ich es nicht täte. Aber meine Überlegung war folgende: Ich muß Othos Befehl ausführen, aber es gibt keinen Grund, warum ich nicht etwas für meinen zukünftigen Besitzer tun sollte.«
»Was können Sie denn für mich tun, Fisch?«
»Ich kann Ihnen versprechen, Ihnen während Ihres entscheidenden Zusammentreffens mit Otho Ihre wahren Erinnerungen zurückzugeben.«
»Das ist anständig von Ihnen, Fisch. Darüber sollten wir noch eine Weile reden.«
Dramokles stemmte sich gegen seine Fesseln. Dann fühlte er einen zweiten Stich an seinem Arm, und damit waren diese Erinnerungen bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgelöscht.
42
Wenn Otho durch Fischs Enthüllungen aus der Fassung gebracht war, verbarg er es gut. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und zündete sich eine dünne Zigarre an. Er sagte: »Fisch, Sie überraschen mich. Sie haben mich mit Hilfe einer auf wackligen Beinen stehenden juristischen Spitzfindigkeit betrogen.« Dramokles zugewandt, sagte er: »Ja, mein Sohn, es ist wahr, ich habe deine Erinnerungen verändern lassen. Aber das geschah nicht aus bösem Willen. Was immer du denken magst, ich habe dich stets geliebt. Ich wollte nur, daß du diese Liebe erwiderst.«
»Du wolltest meinen Gehorsam«, sagte Dramokles, »nicht meine Liebe.«
»Ich brauchte deine Mithilfe, um dich unsterblich machen zu können. War das so schrecklich von mir?«
»Du wolltest Unsterblichkeit für dich selbst.«
Otho schüttelte heftig den Kopf. »Für uns beide. Und es hätte alles wunderbar geklappt, wenn Fisch sich nicht in die Angelegenheiten der Menschen eingemischt hätte.«
Fisch sah beschämt aus, doch da trat der Computer vor, mit wehendem Mantel. »Ich habe Fisch in dieser Frage beraten«, sagte er. »Fisch und ich mögen die Menschen. Deshalb haben wir Ihren Plan vereitelt. Die Menschen sind das Interessanteste, was das Universum bis jetzt hervorgebracht hat, interessanter als Götter oder Dämonen oder Strahlen oder Teilchen. Mensch zu sein, ist das Beste, was Sie tun können, Otho. Ein Universum der Unsterblichen ohne Menschen wäre eine bedrückende Zukunftsaussicht. Ihre Pläne schienen in diese Richtung zu weisen.«
»Idiot, Sie haben mich mißverstanden«, sagte Otho. »Ich brauchte lediglich eine Initialzündung, um das Wurmloch zu öffnen. Das war alles.«
»Aber Energie verlangt ständig nach mehr Energie«, entgegnete der Computer. »Das haben Sie uns doch selbst gesagt.«
Otho wollte noch etwas erwidern, doch in diesem Augenblick brach der Nexus zusammen. Als sie sich wieder in der realen Zeit befanden, herrschte im Kriegszimmer ein Zustand der Verwirrung, Panik und Hilflosigkeit. Auf Bildschirmen wurden Informationen eingeblendet. Raumflotten rückten an, und aus noch offenen Möglichkeiten wurden allmählich vollendete Tatsachen.
Dramokles wurde plötzlich wach. »Bringt mir das Telefon!« brüllte er. »Rufus! Hörst du mich?« Er wartete auf Rufus’ Antwort, dann sagte er: »Das ist er, der letzte und endgültige Befehl. Es wird nicht gekämpft! Rückzug! Sofortiger Rückzug!«
Er knallte den Hörer auf die Gabel und wandte sich Max zu.
»Ich will sofort eine Verbindung mit Baron John. Sagen Sie ihm, daß Dramokles kapituliert. Sagen Sie ihm, daß ich keine Bedingungen stelle, daß ich sogar bereit bin abzudanken, um den Frieden zu erhalten. Haben Sie verstanden?«
Max sah unglücklich aus, aber er nickte und eilte zu einem Telefon.
Dramokles sah Otho an, und seine Erbitterung wurde offensichtlich, als er sagte: »Der Krieg ist vorbei und der atomare Holocaust verhindert. Hoffentlich gibt das dir und deiner lausigen Unsterblichkeit den Rest.«
Otho sagte: »Du warst immer schon ein undankbarer Bengel. Ich könnte dich dafür büßen lassen, Dramokles. Aber zur Hölle mit dir und mit alledem.« Er stand auf und ging zu der Wendeltreppe,
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