Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
zu entkommen. Hier tauchte kein betrunkener Kapitän Hansen auf und protestierte gegen die drohende Zerstörung seines Schiffs. Der Ring von Bai-do stieß eine große Zahl von Schiffen ab, und die Arslan startete zwei Pinassen, um den Ring zu inspizieren und zu prüfen, ob alle Befehle befolgt worden waren.
Die kleine Runde von Abendessen und Partys ging weiter, auch wenn die höheren Offiziere strikte Anweisung hatten, sich beim Trinken zurückzuhalten, solange sie sich in feindlichem Gebiet befanden. Martinez spielte für eine Gruppe Leutnants und Kadetten an Bord der Daffodil den Gastgeber, und Fletcher lud wieder einmal Michi und ihren Stab zu einem formellen Abendessen.
»Ihre Einrichtungen werden inspiziert, um zu überprüfen, ob Sie diese Anweisungen befolgt haben …«
Die Mannschaft der Illustrious war recht guter Dinge, als sie sich alle wieder auf ihren Kampfstationen anschnallten, um den Flug der Pinassen nach Bai-do zu überwachen. Die Pinassen würden eine viertel Lichtsekunde Abstand halten, doch die starken Sensoren der kleinen Einheiten reichten aus, um aus dieser Entfernung die offenen Hangartore, die Werften und die Docks zu erkennen und die Ergebnisse an das Flaggschiff zu senden.
Nach dem Abendessen bei Fletcher wurde Martinez in seinem warmen Vakuumanzug müde. Er regelte die Innentemperatur herunter. Die beiden Funker murmelten leise miteinander, während die Pinassen mittels ihrer Kommunikationslaser die ersten Daten an die Illustrious schickten. Martinez legte die Einspielung der Pinassen auf sein Display. Erst dann bemerkte er die Blitze an den Rändern seiner taktischen Anzeige.
»Raketenabschüsse!«, rief Martinez erstaunt. »Raketenabschüsse von der Ringstation!«
Seine Müdigkeit verflog sofort, er war mit einem Schlag hellwach und kampfbereit. Martinez löschte die Daten der Pinassen von seinem Display und vergrößerte die taktische Karte. Der Beschleunigerring hatte zwei Raketen abgefeuert, offenbar je eine auf jede Pinasse.
»An alle Schiffe!«, sagte Martinez. »Defensivwaffen auf die Raketen richten!«
Das war ein Befehl, den er auch ohne Michis ausdrückliche Zustimmung geben durfte. Michi selbst erteilte bereits ihren Funkern Anweisungen.
»Nachricht an das Ringkommando! Sie werden die Raketen sofort abschalten …«
Zu spät, dachte Martinez. Das Display zeigte ein Ereignis, das bereits vor dreiundzwanzig Minuten stattgefunden hatte. Bis Michis Botschaft die dreiundzwanzig Minuten zur Ringstation zurückgelegt hatte, hätten die Raketen bereits die wehrlosen Beiboote erreicht.
Theoretisch konnten die Defensivlaser des Geschwaders die Raketen abschießen, doch da sie nur raten konnten, wo sich die auf Ausweichmanöver programmierten Geschosse in dreiundzwanzig Minuten befinden würden, war dies eher eine Aufgabe für einen Hellseher als einen Waffenoffizier.
Martinez hörte die Stimmen der terranischen Pinassenpiloten im Kopf. Mit überraschender Ruhe berichteten sie von den anfliegenden Raketen. Sie würden versuchen, zu beschleunigen und auszuweichen und dabei weiter den Ring von Bai-do mit ihren Sensoren abzutasten.
Auszuweichen war im Grunde sinnlos. Um den Raketen zu entkommen, hätten die Pinassen so stark beschleunigen müssen, dass die Insassen zerquetscht worden wären. Die einzige Hoffnung der Piloten bestand darin, dass die Raketen sie nicht töten, sondern zwischen den Pinassen und der Ringstation eine Explosionswolke erzeugen sollten, um die Beobachtung zu stören.
Nachdem Michi ihre Botschaft an das Ringkommando geschickt hatte, herrschte im Leitstand betroffenes Schweigen.
» Wenn Sie sich nicht fügen, wird der Ring zerstört.«
Martinez konnte sich genau an die Drohung erinnern.
Sie hatten sie ausgesprochen, doch eine Drohung war bedeutungslos, wenn man nicht den Willen hatte, sie auszuführen.
»Kapitän Martinez, bitte bereiten Sie einen Angriff auf den Ring von Bai-do vor«, sagte Michi tonlos und kalt.
»Jawohl, meine Lady.«
Martinez hatte den Plan schon vor einer Weile entworfen, als sie noch die Sonne von Seizho umkreist hatten. Jetzt musste er lediglich die taktischen Einzelheiten ergänzen, bevor er der Geschwaderkommandantin den Plan vorlegen konnte. Michi blickte nur kurz auf ihr taktisches Display. So verhärtet hatte er ihr Gesicht noch nie gesehen.
»Übertragen Sie den Plan an das Geschwader«, sagte sie. »Halten Sie sich bereit, um ihn auf meinen Befehl auszuführen.«
»Sofort, meine Lady.«
Martinez leitete die Befehle
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