Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
dürfen auch die anderen endlich bemerken, dass die Berichte in den Medien nicht ganz vollständig waren.«
Der amtierende Kapitän sprach sogar noch leiser. »Unterleutnant Lady Sula, ich glaube, dies ist kein passendes Thema für ein Tischgespräch.«
Sulas Lippen zuckten amüsiert. »Wie mein Lord wünscht«, sagte sie. Vielleicht würden auch Morgens Leute von der Krise profitieren.
Für Sula sah es ganz anders aus, weil sie keine einschlägigen Beziehungen hatte. Sie befand sich in einer für die Peers beispiellosen Situation, denn sie besaß weder Geld noch Einfluss. Theoretisch war sie als Lady Sula das Oberhaupt des Sula-Clans, doch es gab keinen Clan mehr, keinen Besitz und kein Geld, abgesehen von einem bescheidenen Treuhandfonds, den Freunde des verstorbenen Lord Sula eingerichtet hatten. Sie war vor allem in die Flotte eingetreten, weil ihr der Rang einer Peeress automatisch den Zugang zu einer Akademie verschaffte. Weder im Militär noch im zivilen Leben hatte sie einen Patron.
So bedauerlich das auch war, sie konnte immerhin dank ihrer Position einen einzigartigen Einblick gewinnen und erkennen, wie die Gemeinschaft der Peers tatsächlich funktionierte. Die fremden Shaa, die mit Blutvergießen die Terraner, Naxiden und all die anderen Spezies unterworfen hatten, welche nun das Reich bildeten, hatten die Elite der Peers als Bindeglied zwischen sich selbst und der breiten Masse ihrer Untertanen erschaffen. Nachdem der letzte Shaa gestorben war, herrschten nun die Peers – und sie hatten es geschafft, binnen weniger Monate nach dem Tod des letzten Großen Meisters einen Bürgerkrieg anzuzetteln.
Sula war überrascht, dass es überhaupt so lange gedauert hatte. Soweit sie es sagen konnte, verhielten sich die Peers so, wie man es eben von einer Kaste erwarten konnte, die einen Monopolanspruch auf die Macht hatte, in alle profitablen Geschäfte ihre Finger steckte und zusammen mit den Klienten fast alles besaß, was auch nur annähernd von Wert war. Ihrer Gier konnte im Grunde nur die Legion der Gerechten Einhalt gebieten, die jeden hinrichtete, dessen Habgier allzu groß wurde. So war es auch mit Lord und Lady Sula geschehen, den früheren Oberhäuptern des Clans.
Die Peers handelten aus reinem Eigeninteresse. Aus irgendeinem Grund galt es jedoch als unschicklich, dies offen auszusprechen.
Sula beendete ihre Mahlzeit, rief die Uhrzeit auf ihr Ärmeldisplay und überlegte, ob sie noch genug Zeit hatte, ihre Post durchzusehen, bevor sie sich umziehen und die Wachschicht übernehmen musste.
Sie entschied, dass die Zeit reichen würde.
So kehrte sie in die Kabine zurück, die ursprünglich einmal einem Maat gehört hatte. Der Mann war jedoch in Magaria gefallen und hatte den größten Teil seiner Habseligkeiten in der Kabine zurückgelassen. Als sie mit dem rechten Daumen auf das Videodisplay drückte, schoss ein stechender Schmerz durch ihre Hand. Sie fuhr zurück und betrachtete das Narbengewebe auf dem Daumenballen. Nach der Schlacht war sie bei dringenden Reparaturen mit einem heißen Kühlrohr in Berührung gekommen. Die Wunde war zwar verheilt, doch wenn sie eine falsche Bewegung machte, zuckte nach wie vor ein schrecklicher Schmerz durch ihren Arm.
Sie barg den Daumen in der Handfläche und blätterte mit dem Zeigefinger die Menüs durch, bis sie ihre Post gefunden hatte.
Außer einer Botschaft von Kapitänleutnant Lord Gareth Martinez, die trotz der mächtigen Kommunikationslaser drei volle Tage unterwegs gewesen war, hatte sie nichts bekommen. Sie öffnete die Mail.
»Tja, jetzt hat die Corona schon wieder bei einer Übung versagt«, berichtete Martinez müde. Der breitschultrige Mann saß zusammengesunken auf seinem Stuhl. Wie Sula hatte auch er viel zu viele Tage unter hohen Grav-Belastungen über sich ergehen lassen müssen, und es war ihm anzusehen.
Der oberste Knopf seiner grünen Uniform war geöffnet. Er hatte eingefallene Wangen, buschige Augenbrauen und eine olivfarbene Haut. Wie immer zuckte Sula zusammen, sobald sie seinen Provinzakzent vernahm.
Bei ihrer ersten Begegnung vor dem Krieg hatten sie sich einander angenähert und sich dann abrupt getrennt. Das war allein meine Schuld, dachte Sula. Sie war in Panik geraten und hatte die Fassung verloren. Die nächsten paar Monate hatte sie sich vor ihm versteckt. Mit einem aufgeblasenen privilegierten Kerl wie Foote wurde sie mühelos fertig. Martinez war jedoch ein ganz anderes Kaliber.
Wenn sie das Glück hatten, irgendwann
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