Dreck
abhanden gekommener Geldtransporter mit fast einer halben Million Ladung – das summierte sich. Nämlich zu Massen von Cops auf dem Kriegspfad, schießwütigen Farmern und höchst unberechenbaren Städtern landauf landab. Sie würden eine groß angelegte Suchkampagne anleihern und er würde keine Chance haben, wenn sie ihn erst gefasst hatten.
Er brauchte ein Radio. Auf ABC und den Privatstationen wurde vermutlich laufend über die Story berichtet. So konnte er vielleicht etwas über das Vorgehen der Polizei herausfinden, etwas, was ihm half, seine weiteren Schritte zu planen. Vielleicht war es bereits zu Verhaftungen gekommen. Tobin oder Leah schon hinter Gittern, möglicherweise auch ein paar Kollegen vom Gegencoup. Informationen waren im Augenblick das A und O.
Es war ihm völlig unklar, was er als Nächstes tun sollte. Zu Fuß an der Stadtgrenze angekommen, entschied er, die Stadt weiträumig zu umgehen und gelangte so an einen Steinbruch, der wie ein fieser gargantuesker Biss in den Berg aussah, etwa einen halben Kilometer außerhalb. Von dort oben konnte er mit dem Feldstecher die Hauptstraße und ihre gitterförmig angelegten Nebenstraßen gut überblicken. Die Stadt war größer als Belcowie. Sie hatte alles in doppelter Ausführung. Irgendwann würde hier schon jemandem aus Unachtsamkeit ein Fehler unterlaufen, dachte er, das war seine Chance.
Sie materialisierte sich in Form eines Schulbusses. Kurz nachdem er sich auf seinem Aussichtspunkt niedergelassen hatte, hörte er drei Signaltöne. Klar und deutlich drangen sie zu ihm herüber, und prompt hatte er das Schulgebäude als deren Ursprungsort identifiziert. Wenige Minuten später stürmten Heerscharen von wildgewordenen Pennälern heraus. Viele davon enterten lärmend drei gelbe Busse, die neben den Autos des Lehrpersonals beim Verwaltungsgebäude parkten. Die anderen verstreuten sich zu Fuß oder mit Fahrrädern in alle Himmelsrichtungen. Wyatt beobachtete, wie drei Männer mit Aktentaschen aus dem Verwaltungsgebäude kamen, jeweils einen Bus bestiegen und losfuhren. Lehrer, die sich als Schulbusfahrer etwas dazuverdienen, überlegte Wyatt.
Unschwer, sich auszurechnen, dass deren Tour über die angrenzenden Dörfer und Farmen ging. Nach neunzig Minuten traf der erste Bus wieder ein, parkte aber diesmal vor einem Pub. Wyatt sah, wie der Fahrer ausstieg und direkt hineinging. Der zweite Bus hielt nach seiner Rückkehr vor einem Wohnhaus einige Straßen weiter. Nur der dritte Bus wurde ordnungsgemäß vor dem Schulgebäude abgestellt, und der Lehrer ging von dort aus zu Fuß.
Wyatt wartete nicht länger. Eine Viertelstunde später hatte er den Bus im Schulhof kurzgeschlossen und verließ direkt die Stadt.
Er geriet in keine Straßenkontrolle – er war einfach schon zu weit südlich, um noch im für ihn gefährlichen Bereich zu sein –, dennoch machte er sich Gedanken um sein Äußeres. Mittlerweile war vermutlich längst ein Fahndungsbild von ihm angefertigt worden. An allen strategisch wichtigen Orten würde es von Bullen nur so wimmeln. Er brauchte einen Unterschlupf, musste sich ausruhen und dann etwas an seinem Aussehen verändern. Und er musste unbedingt ein Radio besorgen.
Die trostlosen Kaffs, die er passierte, waren als Schlupfloch indiskutabel. Die Leute wurden beim Anblick fremder Gesichter schnell nervös. Es musste eine größere Stadt sein.
Aberfieldie erreichte er bei Einbruch der Dämmerung, gerade als die Straßenbeleuchtung anging. Der erste Eindruck war positiv, aber zur Sicherheit durchfuhr er einmal den ganzen Ort. Er erinnerte ihn an Goyder. Im Verhältnis ebenso viel Motels, Geschäfte und Neonreklame entlang der Hauptstraße; ebenso zerfasert an seinen Rändern in hässliche Wohngebiete mit schäbigen Reihenhäusern und verkommenen Mietswohnungen. Es gab auch ein schönes großes Einkaufszentrum. Wie in Goyder. Und das Rathaus konnte sich mühelos mit den Bezirksämtern der Stadt Melbourne messen.
Doch zuerst musste er den Schulbus loswerden. Keinesfalls durfte er ihn am Straßenrand stehen lassen, das wäre ein gefundenes Fressen für die Bullen. Er ließ gestohlene Fahrzeuge meistens an Orten zurück, wo sie erst lange nachdem die Hetzjagd vorüber war, gefunden wurden. Trotz der ungewöhnlichen Größe war der Bus leicht zu verstecken. Ganz öffentlich, gewissermaßen. Er fuhr durch die Straßen, bis er das Schulgelände gefunden hatte. Dann stellte er den Bus vor der Werkstatt einer Tankstelle auf der anderen
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