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Dreck: Roman (German Edition)

Dreck: Roman (German Edition)

Titel: Dreck: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Vann
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keine Luft, sagte sie. Runter.
    Also zog er ihn raus und rollte sich zur Seite, Füße auf dem Boden. Das Ende. Er machte die Augen zu und versuchte, alles zu behalten, versuchte, keinen einzigen Augenblick zu vergessen oder zu verlieren. Er wollte dies erneut durchleben, selbst jetzt. Er wollte alles bewahren.
    Psst, sagte Jennifer und setzte sich abrupt auf. Ich glaube, ich höre was, flüsterte sie. Da könnte jemand zurück sein. Sie nahm die Klopapierrolle von seinem Nachttisch und wischte sein Sperma ab. Eklig, sagte sie.
    Sie zerrte ihr T-Shirt über ihren Körper, zog hastig Schlüpfer und Jogginghose an und fragte ihn, ob sie etwas im Gesicht habe.
    Nein, sagte er und legte sich wieder hin. Und sie ging.
    Samsara. Und doch wusste Galen, dass er jeden Tag seines Lebens, wenn er könnte, so verbringen würde. Er würde ihm den Vorzug vor der Transzendenz geben. Die Transzendenz war nur ein Trostpreis für jene, die kein befriedigendes Samsara fanden.
    Die Cars schmachteten immer noch, aber jetzt war es zu traurig. Unerträglich. Er machte den Rekorder aus, und jetzt hörte er Geschirrklappern in der Küche.
    Er lag auf dem Bett und dachte, vielleicht sei er dazu bestimmt, der Prophet zu sein, der alle Menschen von der Religion befreite und sie zurück ins Bett schickte, damit sie mehr Sex hatten. Der Prophet, der die Transzendenz als Schwindel enttarnte. Aber er wusste, da dachte nur sein Schwanz. Er war noch steif, kein Nachlassen in Sicht. Eine traurige Erinnerung an das, was Galen gerade gehabt hatte und nie wieder bekommen würde.
    Am meisten überraschte ihn, dass er sie tatsächlich liebte. Sie war der unsympathischste Mensch überhaupt, aber er liebte sie trotzdem. Wie war das passiert? Seine erste Liebe. Keine Jungfrau mehr. Aber wieso konnte er sich nicht in eine verlieben, die nicht seine Cousine war, oder eine, die nett zu ihm war? Und was hatte Sex an sich,dass es seine Liebe zu ihr verstärkte? Er fühlte sich jetzt so verwundbar, mit weit geöffneten Chakren, entblößt. Der Gedanke, dass er nie wieder so mit ihr zusammen sein würde, wog so schwer, dass er zu weinen anfing. Er grub sein Gesicht ins Kissen und schluchzte, so leise er konnte. Die Welt ist so ungerecht zu denen, die wahrhaft lieben.

 
 

 

 
    H ühnchen. Endlich. Der Schmortopf auf dem Ofen, ohne Deckel, und Galen mochte die fluffigen weißen Klößchen, die wie Wolken auf der Oberfläche trieben. Schier und weiß, an Rändern und Spitzen gebräunt. Vorsichtig hob er eines mit dem Löffel auf den Teller. Die Unterseite glitschig vor Soße. Der ganze Eintopf eine dicke Tunke mit Hühnchen und Kartoffeln, Karotten und Zwiebeln, und er füllte seinen Teller. Genau das würde er bekommen, statt Jennifer. Essen.
    Er konnte Jennifer nicht ansehen, konnte seine Mutter nicht ansehen. Alle zusammen an diesem kleinen gelben Tisch, und er hielt seinen Blick auf das Essen gerichtet.
    Du verwöhnst uns, Mom, sagte Galens Mutter. Aber ihre Stimme klang freudlos.
    Ich weiß nicht, sagte seine Großmutter. Etwas stimmt nicht recht. Aber ich kann mich nicht erinnern, wie es sein sollte. Ich kann mich an nichts erinnern. Manchmal wünschte ich, ich würde einfach sterben. Furchtbar, sich an nichts mehr zu erinnern.
    Mom, sagte Galens Mutter. Sag so was nicht.
    Ja, Grandma, sagte Galen. Das schmeckt toll. Genau wie immer. Und das stimmte. Er genoss die üppige Soße und das Hühnchen, die Zwiebeln und Kartoffeln, die nach taglangem Schmoren praktisch zu einem Brei verkocht waren.
    Ich habe so ein schreckliches Gefühl, aber ich weiß nicht mal, worum es geht.
    Ist alles gut, Mom.
    Als wenn ich mich nicht erinnern kann, wovor ich Angst haben muss. Wie eine Maus, die rumläuft und vergessen hat, dass da eine Katze ist, aber trotzdem Angst hat vor der Katze.
    Das dürfte Suzie-Q sein, sagte Helen. Suzie-Q ist die Katze.
    Nicht schon wieder, sagte Galens Mutter.
    Suzie-Q bringt dich hinterher wieder ins Altersheim. Du bist gesund, und du könntest zu Hause wohnen, aber Suzie-Q will dich zu Hause nicht haben. Sie will dich im Altersheim, damit sie an dein Geld rankommt.
    Galens Mutter sackte zusammen und blickte auf ihr Essen.
    Stimmt das?
    Nein, Mom, das stimmt nicht. Helen hasst mich, und sie hasst dich, also lügt sie.
    Helen hasst mich nicht. Sie ist meine Tochter. Warum sagst du so was Gemeines?
    Galens Mutter schlug beide Hände vors Gesicht, Ellbogen auf dem Tisch, schloss die Welt aus. Mom, ich schaff das nicht, sagte sie. Helen ist der

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