Drecksspiel: Thriller (German Edition)
Aufgeweicht vom Regen, umsurrt von Fliegen, verschimmelten sie zwischen Tonfiguren auf dem ungemähten Rasen.
Auf dem Weg zur Haustür bemühte David sich, nicht auf den matschigen Äpfeln auszurutschen.
Die Abendluft war warm, aber weit von der Hitze der letzten Tage entfernt. Ab und zu zuckte ein Wetterleuchten am Horizont. Über Berlin hingen nur noch vereinzelt Wolken.
Die Frau, die auf sein Klingeln öffnete, trug ein zerknittertes schwarzes Trauerkleid. Sie war Mitte sechzig, ihr graues Haar dünn und ungepflegt, ihre Lippen verkniffen. Ihre Hände zitterten, als plagte sie trotz der lauen Sommernacht Schüttelfrost.
»Frau Reinhold«, sagte David, »Sie kennen mich nicht, aber Ihr Mann und ich, wir waren Kollegen.«
Horsts Witwe betrachtete ihn irritiert.
Nicht dass er sich viel von diesem Besuch erhoffte. Trotzdem war es einen Versuch wert – und ebenso wichtig wie die Suche nach Shirin. Außerdem war er es seinem ehemaligen Kollegen schuldig. »Ich bin gekommen, weil ich Ihnen mein Beileid aussprechen möchte.«
»Das ist nett«, antwortete die alte Frau mit schleppender Stimme. »Vielen Dank, Herr …«
»Steinmann«, sagte David ohne Zögern. »Matthias Steinmann.«
Wieder dauerte es, bis sie reagierte. »Er hat nie Ihren Namen erwähnt.«
»Es ist fünf Jahre her, dass wir zusammengearbeitet haben.«
»Oh, so lange.«
»Leider haben wir uns danach aus den Augen verloren. Aber als ich die Nachricht von seinem Tod … Also, ich kann es immer noch nicht fassen.«
Sie nickte traurig. Im Mondlicht glitzerte eine Träne auf ihrer Wange.
»Es tut mir leid«, fügte er schnell hinzu, »ich wollte Sie nicht …«
»Nein, es ist schon gut. Ich bin nur … nur …« Verlegen hakte sie ihre Finger ineinander, als habe sie vergessen, was sie sagen wollte. »Es ist nur …«
»Mama?« Eine junge Frau erschien im Türrahmen. »Ich habe doch gesagt, du sollst nicht alleine … Oh!« Erst jetzt bemerkte sie David. Sie war Mitte zwanzig und mit ihrer hohen Stirn, der spitzen Nase und dem vorgeschobenen Kinn ihrem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. »Ich habe es gar nicht klingeln hören.«
»Susanne, stell dir vor«, sagte ihre Mutter, »ein Kollege von Papa.«
David stellte sich vor.
»Aha.« Susanne sah ihn skeptisch an. »Und was wollen Sie?«
Bevor er etwas erwidern konnte, schlug Horsts Witwe vor: »Herr Steinmann, kommen Sie doch herein.«
»Aber Mama«, protestierte ihre Tochter. »Es ist schon spät.«
»Ja, ich möchte nicht weiter stören«, sagte David.
»Ach was«, ein plötzlicher Ruck ging durch den gramgebeugten Körper der alten Frau, »Sie stören doch nicht. Sie waren ein Freund meines Mannes und ich …« Ihre Worte verloren sich in einem neuerlichen Nuscheln. »Kommen Sie!«
*
Toni schaltete den plärrenden Fernseher ab. Keiner seiner Jungs erhob Protest. Fasziniert betrachteten sie die Polizeiuniformen.
Theis fragte: »Was ist passiert?«
»Ein Unfall«, sagte Toni.
Sein Kollege nickte, als habe er keine andere Antwort erwartet. Unangenehmes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus.
Im Hausflur wechselten die Streifenbeamten tuschelnd ein paar Worte. Vor dem Fenster rumpelte eine U-Bahn vorbei. Unter dem Dröhnen erbebten die Dielenbretter in Tonis kleiner, muffiger Wohnung.
Theis sagte: »Du hättest es mir erzählen müssen.«
»Was?«
»Toni, erspar uns das bitte.«
»Wenn ich dir davon erzählt hätte, wie hätte das ausgesehen?«
»Besser als es jetzt ausschaut!«
Toni schleppte sich zur Couch, blieb aber stehen. Wenn er sich jetzt hinsetzte, würde er nie wieder hochkommen. Er schöpfte angestrengt nach Luft. »Du solltest dich um Philip Nedel kümmern, Leylas Bruder.«
»Leyla?« Theis und Blundermann wechselten einen vielsagenden Blick.
Toni seufzte. »Marlene Nedel. Das Opfer.«
»Was ist mit ihrem Bruder?«
»Er steckt in der Klemme. Er und sein Partner. Ich habe mit ihm gesprochen und …«
»Das war ein Fehler«, unterbrach Theis. »Du hättest überhaupt nicht mehr an den Ermittlungen beteiligt sein dürfen.«
»Frank, hör mir zu, das …« Tonis Stimme versagte, als eine kalte Welle über seinen Körper hinwegbrach. Er musste husten. »Das Verhalten der beiden, von Nedel und seinem Partner, das ist verdächtig und …«
» Dein Verhalten macht dich auch verdächtig.« Die Worte seines Kollegen gewannen an Schärfe.
Luke zuckte zusammen.
Jeremy sah verstört zu seinem Vater.
Theis dämpfte seine Stimme. »Und die Spuren am
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