Drecksspiel: Thriller (German Edition)
Mädchen …«
»Danke. So viel habe ich auch schon verstanden«, fiel Toni ihm ins Wort.
Dossantos wischte sich das Haar. »Manchmal nimmt das Leben eben einen seltsamen Verlauf.«
»Ja, auch das hab ich begriffen. Und?«
Dossantos griff unter seinen Stuhl und brachte eine Ledertasche zum Vorschein. Er ließ sie auf den Tisch fallen, strich sein Haar zurecht und lächelte.
Toni hatte keine Ahnung, woher er die Gewissheit nahm, aber er wusste genau, was sich in der Tasche befand.
Glaubst du tatsächlich, dass du mir so wichtig bist, dass ich wegen dem Mist, den du baust, das Mädchen …
Toni richtete sich auf. Er brauchte zwei Anläufe, bis er endlich auf den Beinen stand. Er wankte zum Ausgang.
»Und über alles andere«, Dossantos’ Stimme folgte ihm wie eine Drohung, »reden wir später, hast du gehört, Toni?«
Toni war froh, als er draußen war.
Die Schwüle der letzten Tage war einer lauen Nacht gewichen. Trotzdem zitterte Toni am ganzen Körper. Als er den Eingang zur U-Bahn-Station am Alex erreichte, hielt ein Wagen neben ihm. Das Fahrerfenster glitt hinunter.
»Steig ein!«, sagte Theis.
*
Philip rannte die Stufen nach oben, stolperte ins Schlafzimmer. Er knipste das Licht an.
Das Fenster stand weit offen. Die Gardine flatterte im Wind, bauschte sich auf wie ein seidiges Tuch über dem Bett und – über Hannah und Millie.
Ihr Anblick traf Philip wie ein Schlag, brannte sich in sein Hirn, damit er ihn nie wieder vergaß.
Was hat dieser Scheißkerl mit ihnen gemacht?
Seine Frau und seine Tochter waren voller Blut. Hannahs Bauch mit Dutzenden Schnitten übersät. Aus ihrer Brust ragte der verschmierte Schaft eines Messers.
Millie gluckste. Hannah stöhnte. Ihre Augenlider flatterten.
»Sie leben noch«, sagte der Fremde und griff nach seinem Handy.
Philip hörte, wie er mit jemandem sprach. Schluchzend sank er neben seiner Frau und seiner Tochter auf die Knie. Tränen strömten über seine Wangen. Hannah lebte. Millie lebte. Das war das Wichtigste.
Glaub mir, Hannah, alles wird wieder gut.
Er war überwältigt von Erleichterung und Glück. Zugleich empfand er Schmerz, grenzenlosen Schmerz, und Scham, die kein Ende finden würden. Niemals. Denn das alles war seine Schuld.
Er wusste nicht, wie lange er dort am Boden lag, im Blut seiner wimmernden Frau, seine weinende Tochter im Arm.
Irgendwann drang Sirenengeheul an sein Ohr.
Er drehte sich zu dem Fremden um. Er war verschwunden.
*
Toni blieb stehen.
»Jetzt steig schon ein«, fluchte sein Kollege. »Wir wissen, dass du es nicht warst.«
Toni schwieg.
»Du wirst zwar mit einigen Konsequenzen rechnen müssen, aber …« Den Rest ließ Theis ungesagt.
Toni fragte: »Woher weißt du, dass ich hier bin?«
»Es gab einen anonymen Anruf.«
Toni zögerte. Manchmal nimmt das Leben einen seltsamen Verlauf. Er fragte sich, ob er wütend auf den Portugiesen sein sollte, aber selbst dazu fehlte ihm inzwischen die Kraft. Er sank auf den Beifahrersitz.
Schweigend fuhren sie durch das nächtliche Berlin. Die Lichter der Stadt brannten in Tonis Augen.
»Es hat einen weiteren Mord gegeben«, sagte Theis, »die gleiche brutale Vorgehensweise wie bei deiner …«, er hüstelte, »… wie im Club Amour. Ein junges Mädchen, keine siebzehn Jahre alt. Die Tochter der Rosenfeldts. Du weißt schon, die …«
»… Politikerin?«
»Ihre Tochter wurde entführt. Wir wissen noch nicht, wie das mit dem Mord in dem Puff zusammenhängt, zumal jetzt auch Frau Rosenfeldt verschwunden ist.«
Toni dachte an die Frau, die vorhin das Hermano verlassen hatte. Glaubst du tatsächlich, dass du mir so wichtig bist, dass ich wegen dem Mist, den du baust, das Mädchen …
Plötzlich wurde ihm die volle Tragweite von Dossantos’ Worten bewusst. Nein, der Portugiese hatte Leyla nicht wegen Toni umbringen lassen. Aber er hatte sie umbringen lassen.
In gewisser Weise war es ein Geständnis gewesen, keines natürlich, das Toni vor Gericht hätte verwerten können.
Er sank tiefer in den Sitz, während sein Kollege weitersprach. »Außerdem hat uns vorhin ein Notruf aus dem Haus von Philip Nedel erreicht.«
»Seine Frau?«
Falls Theis sich wunderte, weshalb Toni Bescheid wusste, ließ er es sich nicht anmerken. »Die Beamten, die schon vor Ort sind, sagen, man habe sie ebenfalls übel zugerichtet. Gefoltert.« Aus Theis’ Worten sprach Abscheu. Er trat hart auf die Bremse, als die Ampel an der Gneisenaustraße auf Rot sprang.
Toni wurde das Gefühl nicht
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