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Drecksspiel: Thriller (German Edition)

Drecksspiel: Thriller (German Edition)

Titel: Drecksspiel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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ziehen. Seine Finger bekommen nur das Innenfutter zu fassen. Hat er etwa den Schlüssel vergessen?
    »Schnell«, schreit jemand. »Die Treppe hoch.«
    *
    Toni dreht sich zum Nachttisch. Es ist früher Morgen, und er hat immer noch kein Auge zubekommen. Mit jeder weiteren Minute, die er wach verbringt, wird er unruhiger. Die Schmerzen in seiner Nase, mit denen er ins Bett gegangen ist, martern ihn immer noch. Er wird endlich zu einem Arzt gehen müssen.
    Er presst die Augenlider aufeinander, und für einen Moment blitzt ein Bild von Leyla auf, wie sie vor ihm steht, ihre Hoffnung wie die Schminke unter Tränen zerlaufen.
    Rasch dreht er sich auf die Seite. Die Sonne vertreibt die letzten Schatten der Nacht, aber nicht sein schlechtes Gewissen.
    Hätte er Leyla vorgestern Abend ausreden lassen, wäre er nicht aus dem Club getürmt und vor ihr abgehauen – möglicherweise hätte er ihr Leben retten können.
    Er hätte einmal im Leben etwas Anständiges getan.
    So wie die Männer in den Filmen, die er als kleiner Junge so gerne sah, Red Scorpion oder The Punisher ,die Helden seiner Kindheit. Starke Männer, die er mit leuchtenden Augen bewunderte und denen er nacheiferte.
    Was ist aus dem kleinen Jungen geworden?
    Irgendwann fliegt dir die Scheiße um die Ohren.
    Okay, der Mordverdacht ist aus der Welt, aber sonst … hat sich nichts geändert.
    Diese Erkenntnis ist sogar schlimmer als das schlechte Gewissen und die Schmerzen.
    Er wälzt sich auf den Rücken, vergräbt die Hände hinterm Kopf und starrt an die Zimmerdecke, als stände dort die Antwort auf all seine Fragen geschrieben. Doch da ist nur eine Spinnwebe, die unter der Erschütterung der quietschenden U-Bahn sachte hin- und herschwingt.
    Auf dem Mehringdamm röhrt ein Motorrad vorbei. Autofahrer hupen entnervt. Jeden Morgen die gleiche Leier.
    Toni hält den Krach nicht mehr aus. Er legt sich auf den Bauch und vergräbt das Gesicht im Kissen. Sofort beginnt seine Nase wieder zu schmerzen, also dreht er sich auf die Seite und zieht die Decke über den Kopf.
    Die Sache mit Leyla sollte ihm eine Lehre sein. Er kann so nicht weitermachen. Er muss sein Leben ändern.
    Weil ihm der Schweiß ausbricht, wirft er die Decke zu Boden.
    »Hallo, Toni«, sagt eine Stimme von der Schlafzimmertür.
    *
    Davids Finger bekommen Metall zu fassen. Der Schlüsselbund. In derselben Sekunde erreicht er den letzten Treppenabsatz. Zwei Stockwerke unter ihm ertönen schwere Schritte.
    Es dauert eine Ewigkeit, bis er den richtigen Schlüssel findet. Sein Bemühen, die Tür zu entriegeln, wird hektischer, verbissener, verzweifelter.
    Verdammt!
    Mit einem leisen Klick springt die Tür endlich auf. Die Sonne empfängt ihn mit greller Wucht.
    Gerade als er sich umdreht und die Eisentür ins Schloss zurückwirft, sieht er einen der Typen die Treppe heraufstürmen. Mit einem Dröhnen fällt die Tür zu. David verriegelt sie. Gerettet!
    Eine schier endlose Wüste aus schmutzigen Schindeln bildet einen Ring um ihn, nur überragt vom Fernsehturm, dessen Spitze sich in den strahlend blauen Morgenhimmel bohrt.
    Als David vor fünf Jahren einen seiner ersten Jobs für Richard erledigte, war dies die Suche nach einem verschwundenen Jungen, der in einem der benachbarten Häuser wohnte. Während seiner Nachforschungen hat David den Vorteil der Kreuzberger Altbauten entdeckt: Sie schmiegen sich dicht an dicht und ihre Dächer schließen nahtlos aneinander. Deshalb hatte er sich nach dem Auszug bei Caro für dieses Viertel entschieden.
    Sicher ist sicher.
    Was einst zur Entlastung der Schornsteinfeger gedacht war, erweist sich jetzt als ein idealer Fluchtweg.
    David klettert eine der Stiegen zum Dachfirst empor und folgt geduckt den Eisenbohlen, die mit Handlauf zu beiden Seiten von einem Haus zum nächsten führen und so ein spinnenartiges Netz über den ganzen Block bilden.
    Er schlägt einen Metallpfad in Richtung Westen ein, weg von seiner Wohnung. Er blickt zurück und hinunter.
    Der Landwehrkanal beschreibt einen leichten Bogen und mit ihm der Häuserblock. Wenn noch einer der Kerle am Straßenrand steht, wovon auszugehen ist, dann ist David vor seinen Blicken geschützt. Trotzdem behält er die gebeugte Haltung bei.
    Abrupt endet der Weg. Beinahe stürzt David in die Tiefe. Nur in letzter Sekunde gewinnt er das Gleichgewicht zurück.
    »Bleib stehen!«, brüllt jemand mit starkem Akzent. Einer der Typen hat die Eisentür aufgestemmt. Er zieht eine Waffe.
    David wirft einen Blick nach unten.

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