Drecksspiel: Thriller (German Edition)
Hosentasche heimlich an seinem zweiten Handy herum. Ein kleines, billiges, unregistriertes Prepaidtelefon aus einem Türkenshop am Kottbusser Tor, um an Abenden wie diesen erreichbar zu sein.
Er schaltete es ab und aß weiter seinen Döner. Jetzt, nach den ersten Bissen, stellte sich sogar sein Hunger wieder ein.
Theis bog auf die Frankfurter Allee ab. Als er am Alexanderplatz vor einer roten Ampel halten musste, fragte er: »Geht es dir gut, Toni?«
»Klar.«
»Du hast Blut an deiner Wange.«
»Hab mich beim Rasieren geschnitten.« Toni klappte die Sonnenblende runter, hielt die Wange vor den kleinen Spiegel und betrachtete die Spuren von Leylas extralangen pinkfarbenen Fingernägeln. Daneben klebte Kräutersoße. Er spuckte auf die Papierserviette und wischte sich sauber.
Theis hielt den Blick auf ihn gerichtet.
»Was?«, schmatzte Toni mit vollem Mund.
»Du siehst aus, als hättest du dich schon seit einer Woche nicht mehr rasiert.«
»Hab’s wieder aufgekratzt.« Toni nickte zur Frontscheibe raus. »Es ist grün.«
Sein Kollege gab Gas und nahm an der nächsten Kreuzung die Prenzlauer Allee. Die Frage nach ihrem Ziel lag Toni auf der Zunge, aber dann überlegte er es sich anders. Er würde es noch früh genug erfahren. Er verschlang den letzten Dönerhappen, zerknüllte das Papier und ließ es in den Fußraum fallen.
»Weißt du«, sagte Theis, »man hört so einiges über dich.«
*
Nur ein Rauschen drang aus Davids Handy. »Richard?«
»Warte!« Schritte waren zu hören, gefolgt von einem Türknallen. »So, jetzt. Kannst du reden?«
»Sonst wäre mein Handy nicht eingeschaltet.«
»Entschuldige, natürlich«, Richard hustete, »ich hatte einen langen Tag.«
»Mhm«, brummte David. Nicht nur du.
»Wie weit bist du mit Milan?«
»Ich hatte vor einigen Tagen einen Tipp gekriegt, eine Wohnung in Moabit. Aber Milan war bereits ausgeflogen.«
»Also fängst du wieder bei null an.«
Richard sprach das aus, was David dachte, seit er den blutenden Janowski in der Wohnung zurückgelassen hatte. Seine Suche nach Milan würde von neuem beginnen, und mit ihr das Warten und das Schweigen. Tagelang, wochenlang.
Erschöpft lehnte er sich im Fahrersitz zurück.
»Ich habe einen neuen Job für dich«, sagte Richard in das kühle Rauschen der Klimaanlage hinein.
Richard Grabner war Anwalt. Seine Kanzlei vertrat vornehmlich gutsituierte Kreise, Unternehmer, Politiker, Künstler und Sportler. Wenn diese sich mit Problemen konfrontiert sahen, die Richard mit Paragraphen alleine nicht zu lösen vermochte und von denen die Öffentlichkeit nichts erfahren sollte, kam David ins Spiel.
Möglichst nichts Ungesetzliches war eine weitere von Davids Maximen. Nur Recherchen, Observierungen, Verhandlungen, ab und zu ein paar klare Ansagen. Diskret und nach Möglichkeit schnell brachte er die Dinge in Ordnung.
»Du weißt, dass ich keine zwei Aufträge gleichzeitig annehme.« Er atmete durch. »Außerdem bin ich müde.«
»Dieser Job ist wichtig.«
Wichtig waren die Jobs immer, zumindest nach Meinung der Auftraggeber.
»Und sie zahlen gut, hörst du?«
David blinzelte hinaus in die Schatten, die ihn einzulullen drohten. Er schüttelte den Kopf, um die Müdigkeit zu vertreiben. Sie zahlen gut ,echoten Richards Worte in ihm.Geld war einer der Gründe, weshalb er diese Jobs erledigte.
Aus dem Hauseingang schräg gegenüber taumelte Janowski. Nach einigen Metern stützte er sich mit einer Hand an einem Laternenpfahl ab. Die andere Hand presste er an die Schläfe, als wollte er so verhindern, dass sein Schädel vom Hals kippte und über das Straßenpflaster davonrollte.
»David?«, fragte Richard.
»Was ist mit der Suche nach Milan?«
»Der wird auch in zwei oder drei Tagen noch verschwunden sein.«
Janowski stieß sich von der Laterne ab und verschwand wankend um die nächste Häuserecke.
David befühlte seine Brust. Das Pochen war nicht mehr ganz so schlimm. Er legte sein Handy in die Freisprechschale und manövrierte den Clio aus der Parklücke. »In einer Stunde im Rizz .«
Das Rizz war eine Kreuzberger Eckkneipe, in der er sich für gewöhnlich mit Richard traf, um alle relevanten Informationen zu einem neuen Auftrag entgegenzunehmen.
»Nein, diesmal nicht«, widersprach Richard. »Wie ich schon sagte, es ist wichtig. Eine Entführung. Sagt dir der Name Rosenfeldt etwas?«
»Mhm.«
»Es geht um ihre Tochter.«
»Was ist mit der Polizei?«
»Die Sache ist kompliziert.«
David beschleunigte den Wagen.
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