Drecksspiel: Thriller (German Edition)
Anfall nicht mehr ganz so schlimm. Fast war sie dankbar für das kühle Nass, das ihren Durst löschte und die Schmerzen linderte.
Sie blinzelte das Wasser aus ihren Augen. War sie bewusstlos gewesen? Wie lange?
Draußen über dem Wald strahlte der Himmel in einem satten Blau. Ein neuer Sommertag. Ein Tag voller Grausamkeiten.
Der Fremde ragte über ihr auf, einen Plastikeimer zwischen den Händen. Mit einem Ruck hob er ein Bein.
Reflexartig drehte Hannah ihren Kopf zur Seite, spannte ihren Körper an, presste die Augenlider aufeinander. Diesmal, da war sie sich sicher, würde er ihren Schädel zermalmen.
Nenn mir nur einen Grund, warum ich dich nicht gleich …
Er stampfte seinen Stiefel in eine Lache neben ihrem Kopf. Wasser und Urin spritzten ihr ins Gesicht.
Er lachte.
Hannah wagte sich nicht zu bewegen, hielt die Augen geschlossen, das Kinn fest an die Brust gedrückt.
Das alles ist nur ein Traum. Ein fürchterlicher Alptraum. Irgendwann würde sie erwachen, Philip neben sich im Bett, zwischen ihnen Millies kleiner, warmer Körper. Millie, die sich räkelte und genüsslich vor sich hin schmatzte. Ja, so würde es sein .
Unerbittliche Hände rissen sie an den Haaren aus dieser kleinen, heilen Welt, schleiften sie über die Fliesen und zogen sie mitsamt dem Stuhl in die Höhe.
Hannahs Kopf wurde in zwei Teile zersprengt, zumindest fühlte es sich so an. Diesmal blieb sie bei Bewusstsein, aber die Welt drehte sich vor ihren Augen, immer schneller, bis sie sich mit einem bitteren Schwall erbrach. Halb verdaute Kartoffeln und Blumenkohl, ihr gestriges Abendessen, klatschten auf die Fliesen.
»Oh Scheiße«, schimpfte ihr Peiniger.
Hannah krümmte sich wimmernd auf dem Stuhl. Spucke und Erbrochenes hingen in Fäden von ihren verschmierten Lippen. Rotz troff aus ihrer Nase, während sie den nächsten zornigen Tritt erwartete. Nein, das war kein Traum.
Eine weitere Wasserfontäne schwappte über sie hinweg und spülte das Erbrochene fort. Doch das Ekelgefühl blieb haften, so wie das klatschnasse Nachthemd an ihrer glühend heißen Haut klebte. Schlimmer konnte es nicht mehr werden.
Sie irrte sich.
Der Fremde streckte die Finger nach ihrem Seidenhemdchen aus und straffte den klammen Stoff. In der anderen Hand hielt er sein Messer.
Dreizehn
Bei Tageslicht wirkte die Villa auf David noch hässlicher als in der Nacht. Mit Fenstern schmal wie Schießscharten glich sie einem Bollwerk, vor der Haustür stand wie ein Panzer der schwarze Chrysler. Maria wollte gerade einsteigen.
»Wir sollten uns unterhalten«, sagte David anstelle einer Begrüßung.
Das Mädchen gefror in der Bewegung, ein sonnengebräuntes Bein im Wagen, das andere auf den Pflastersteinen. »Ich muss zum Klavierunterricht.«
»Jetzt?«
»Ja«, sagte sie und zog ihr Bein aus dem Auto zurück. »Meine Eltern finden, es ist besser, wenn alles erst mal weitergeht wie bisher.«
»Mhm.«
Sie zupfte verlegen an ihren lockigen Strähnen.
»Trotzdem müssen wir beide miteinander reden.«
»Aber ich hab doch …«, ihr Blick irrlichterte zur offenen Haustür hinüber, »… schon alles gesagt.«
»Das denke ich nicht.«
Ihr Kinn sank auf die Brust. Das brünette Haar bedeckte ihr Gesicht.
»Maria!«, sagte David schroff.
Sie zuckte zusammen, schaute zu ihm auf.
»Wann begreifst du endlich, dass deine Freundin möglicherweise in sehr ernsten Schwierigkeiten steckt? Und dass durch deine Lügen immer weniger Zeit bleibt, sie …«, er suchte nach dem richtigen Wort, das sie nicht noch mehr erschreckte, ihr zugleich aber den Ernst der Lage bewusst machte, »… sie wohlbehalten aufzufinden.«
Sie nagte an ihrer Unterlippe.
»Warum hast du mir nicht von dem Mann erzählt, der dich und Shirin am Dienstagabend nach dem Konzert nach Hause gefahren hat?«
»Ich … ich … also, Shirin … Sie wollte nicht, dass ich jemandem davon erzähle. Niemandem. Wegen ihrer Eltern.«
»Maria, deine Loyalität in allen Ehren, aber dafür ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, verstehst du? Dein Schweigen hilft Shirin nicht, es schadet ihr! Also, wer war dieser Mann?«
»Es war kein Mann.« Wieder guckte sie zur Haustür. »Ich meine … Er war noch nicht so alt.«
»Trotzdem hatte er einen Namen, oder?«
»Ruben.«
»Ruben? Und weiter?«
»Weiß ich nicht.«
»Ihr habt euch nicht vorgestellt?«
»Doch, natürlich, ganz normal mit Vornamen. Shirin fand ihn voll süß und …«, die nachfolgenden Worte kamen nur geflüstert über ihre
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