Drecksspiel: Thriller (German Edition)
Augenblick musste dieses Provisorium genügen.
»Und jetzt füttere sie«, sagte der Mann und setzte sich aufs Sofa.
Sechzehn
David ging hinter einem wild wuchernden Ahornstrauch in Deckung.
Ein Stück voraus stieß Ruben ein rostiges Tor beiseite und verschwand in der Fabrikhalle. Deren Leuchtreklame war von der Fassade abmontiert. Verrostete Nägel ragten aus der Wand. Die großen, raumhohen Fenster waren mit ausgeblichenen Tüchern verhangen.
Gedulde dich.
Regungslos hockte er im kargen Schatten des Gebüschs. Fliegen umkreisten ihn. Eine Wespe summte neben seinem Ohr. Mit einer raschen Handbewegung scheuchte er sie fort. Er kratzte sich die Tätowierung am Arm. Die Narbe juckte immer dann, wenn ein Wetterumschwung sich ankündigte. Tatsächlich tauchten am Himmel immer mehr Wolken auf. Vielleicht gab es heute doch noch Regen. Etwas Abkühlung. Entspannung.
Er pirschte sich näher an das Gebäude heran. Sand knirschte unter seinen Schuhsohlen. Staub wirbelte auf.
Das Tor verfügte über kein Schloss mehr, und selbst wenn, hätte es nicht viel genutzt. Es hing verbogen in rostigen Angeln. In der Halle waren keinerlei Geräusche zu hören.
David zwängte sich an dem Tor vorbei in einen kleinen Vorraum, offenbar ein ehemaliges Empfangszimmer. Die verhangenen Fenster dämpften die Sonnenstrahlen. In deren fahlem Licht boten umgestürzte Schreibtische und Schränke, von Feuer versengte Aktenordner und ein implodierter PC-Monitor einen surrealen Anblick.
Auf das Chaos am Boden achtend, schlich David zu einer weiteren Tür, durch die er tiefer in das Gebäude gelangte. Es war unterteilt in unterschiedlich große Hallen, die wiederum durch Backsteinwände voneinander getrennt waren. Etliche dieser Mauern waren eingerissen. Auf den Steinhaufen türmten sich Bierflaschen, Coladosen, Pappschachteln von Burger King, eine zerfledderte Luftmatratze. Eine fette Spinne krabbelte über eine Packung Kondome.
Ein Frauenschrei durchschnitt die Stille. Eine Männerstimme antwortete, ungeduldig und bedrohlich. David folgte den Geräuschen.
Eine weitere Öffnung befand sich hinter Obstkisten und einem Container. David spähte um die Ecke.
Eine Plastikplane verdeckte die Sicht. Nur schemenhaft waren die Gestalten zu erkennen, die sich in dem Raum dahinter bewegten, zu einem surrenden Geräusch, das schnell zu einem schrillen Pfeifen anschwoll.
»Ey, jetzt mach schon«, drängelte ein Mann, vermutlich Ruben.
»Aua.«
»Ach, verdammt!«
»Das tut weh!«, hörte David das Mädchen.
»Stell dich nicht so an, ey!«, schimpfte Ruben. »Oder soll ich …?«
David sprang auf.
*
Toni schimpfte, während er die Friedrichstraße hoch- und runterkurvte. In jedem Reiseführer wurde sie den Touristen als Prachtmeile angepriesen, dementsprechend unmöglich war es mittlerweile, hier einen Parkplatz zu finden.
Entnervt stellte er den Polo schließlich in zweiter Reihe vor dem Klamottenladen ab.
Maskino prangte in goldenen Buchstaben über einer hohen, geschwungenen Glastür. Kleiner darunter: Flagship-Store.
Der weitläufige Ausstellungsraum war wohltemperiert. Aus Lautsprechern rieselte unaufdringlich Fahrstuhlmusik.
Toni steuerte ein spindeldürres Wesen an. Die Verkäuferin rümpfte ihre zarte Nase, als sie ihn erblickte. Dann besann sie sich ihrer Dienstvorschriften und setzte ein professionelles Lächeln auf. Sie zupfte ihr Leibchen zurecht und stöckelte ihm entgegen. »Darf ich Ihnen behilflich sein?«
»Rufen Sie den Geschäftsführer.«
»Den Geschäftsführer?«
»Oder den Inhaber. Oder wer auch immer hier etwas zu sagen hat.« Toni kramte seinen Dienstausweis aus der Brusttasche.
Ihr Verkäuferinnenlächeln zerbröckelte.
Sie stakste zu den Kassen, verschwand hinter einem Vorhang und ließ Toni alleine mit den Kundinnen. Der Großteil von ihnen war mit schicken Kleidern, teuren Handtaschen und noch teureren Ketten behängt. Sie flanierten an einem halben Dutzend Regale vorbei, auf denen mehr Prospekte als Klamotten lagen.
Die Verkäuferin tauchte wieder auf, in Begleitung eines Mannes im schnittigen Zweireiher mit dezent blauer Krawatte, schlank, sonnengebräunt, die Haare tiefschwarz gefärbt. Es war nicht der Typ auf Leylas Foto.
Er musterte Toni von oben bis unten. Auf seiner glatten Stirn erschien eine skeptische Falte. »Sie sind Polizist?«
Toni zeigte seinen Ausweis. »Und Sie sind der Geschäftsführer?«
»Sozusagen.«
»Sozusagen?«
»Nun, eigentlich der Retail Area Manager.«
»Ach so«, brummte
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