Drecksspiel: Thriller (German Edition)
Die Suche nach Shirin hatte ihn zu Janowski geführt. Ausgerechnet Janowski, mit dem er nicht einmal vierundzwanzig Stunden zuvor in der Moabiter Wohnung aneinandergeraten war, die er im Zusammenhang mit einem ganz anderen Fall observiert hatte.
Ein lustiger Zufall?
Wohl kaum.
*
Hannah traute ihren Ohren nicht. »Philip?«
»Hannah!« Er war es tatsächlich. Ihr Mann. »Geht es dir gut?«
»Philip?« Sie konnte noch immer nicht glauben, dass sie tatsächlich mit ihm sprach. Das alles war so … irreal . »Wo bist du? Was ist mit dir?«
»Mir geht es gut, Hannah, mach dir keine Sorgen, aber was ist mit dir? Mit Millie? Hat er euch was angetan?«
Hannah wollte etwas erwidern, aber Verzweiflung und Schmerz brachen mit einem Schluchzen aus ihr hervor.
»Hannah, es tut mir leid, das ist … es ist … ich …«, stotterte Philip. »Es tut mir leid, ich habe das alles nicht gewollt.«
Hannah stutzte. »Wovon redest du?«
»Das ist egal …«
»Philip, was ist los?«
»Ich hol euch da raus, ich verspreche …«
Der Fremde entriss ihr das Handy.
»Philip!«, schrie Hannah. Millie erschrak und begann zu weinen.
»Es geht ihnen gut, hast du gehört?« Der Mann brüllte gegen das Babyheulen an. »Und jetzt erledige du deinen Teil.« Sein Blick glitt gierig über Hannahs nackten, blutigen Leib. »Sonst passiert etwas Schlimmes.«
Philips Stimme tönte aufgeregt aus dem Telefon, doch Hannahs Peiniger schaltete es aus und steckte es ein.
Heulend wiegte sie ihre schreiende Tochter, doch die Kleine ließ sich nicht besänftigen. Sie spürte das Entsetzen ihrer Mutter.
Ich habe das alles nicht gewollt!
»Was hat er damit gemeint?«, fragte Hannah. »Was hat er gemacht?«
Ihr Peiniger schwieg. In seinen Händen lagen das Messer und das Klebeband. Er kam auf sie zu.
Schützend krümmte Hannah sich über den kleinen Körper ihrer Tochter. Sie küsste Millies Näschen.
In das Babygeschrei mischte sich ein Klopfen an der Haustür.
Neunzehn
»Hannah!«, rief Philip. »Hannah!«
Sekunden vergingen, elendig lange Sekunden, bis er begriff, dass dieser Mistkerl einfach aufgelegt hatte.
»Scheiße, verdammt!« Am liebsten hätte er das Telefon durch das Treppenhaus gefeuert.
Er zwang sich zur Beherrschung, als er ein paar Stufen über ihm die beiden Geschäftsmänner in teuren Anzügen bemerkte. Sie beäugten ihn skeptisch, wie er mit knallrotem Kopf dastand, das Handy zum Wurf hoch erhoben.
Schnell stapfte er an den Männern vorbei. Reiß dich am Riemen.
Es gelang ihm nicht, nicht mit Hannahs Schluchzen im Ohr, der heulenden Millie und der Drohung. Sonst passiert etwas Schlimmes.
Er hatte Angst, verdammt große Angst – und eine Mordswut.
Zitternd tippte er die Wahlwiederholung seines Handys. Ich bin nicht erreichbar ,teilte ihm die Mailbox mit. Nachricht nach dem Piep.
»Arthur, verdammt noch mal!«, brüllte er. »Wo steckst du? Warum kommst du nicht? Was denkst du dir dabei?«
Er rannte die restlichen Stufen hoch zu den Geschäftsräumen der Pixelschubser.
Stundenlang hatte er dort auf seinen Partner gewartet, nachdem sie am Morgen miteinander telefoniert hatten. Stunden voller Ungeduld, wachsender Furcht und Verzweiflung. Arthur war nicht aufgetaucht.
Immer wieder hatte Philip ihn angerufen, aber nur dessen Mailbox erreicht.
Irgendwann hatte er die Nerven verloren, sich ins Auto gesetzt und durch den Verkehr und die unerträgliche Hitze bis zu Arthurs Apartment in Charlottenburg gequält. Niemand hatte ihm geöffnet. Er war zu Arthurs Freundin gefahren. Auch sie war nicht da gewesen. Er hatte die einschlägigen Kneipen in Mitte und in Friedrichshain abgeklappert, in denen Arthur üblicherweise abhing. Keiner hatte ihn gesehen.
Arthur war verschwunden – und mit ihm das Geld.
Wir verstecken es. Wir rühren es nicht an. Und kein Wort zu irgendjemandem. Hast du verstanden?
Philip stand vor der Tür der Pixelschubser . Zu seiner Überraschung vernahm er eine Stimme. Er stürmte ins Büro. »Arthur?«
*
Toni hörte seinen Kollegen angestrengt schnaufen. Schritte. Das Quietschen der Hochbahn. LKW-Hupen. Der tägliche Irrsinn am Tempelhofer Ufer.
Eine Tür fiel ins Schloss. Stille setzte ein.
Blundermann sagte: »Ich hab dir doch von dem Wirtschafter des Club Amour erzählt.«
»Kann mich erinnern.«
»Er ist nach wie vor verschwunden. Selbst der Puffbetreiber hat keine Ahnung, wo er steckt. Behauptet er zumindest.«
»Der Betreiber?« Tonis Magen meldete sich mit einem flauen Gefühl. Sein
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